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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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vielleicht außerdem noch ein zuverlässiger, nüchterner Mensch für die Nacht. Jedenfalls müssen wir den Fürsten fragen und... dann sofort für Ruhe sorgen. Morgen können wir ja unsere Teilnahme weiter bekunden.«
    »Es ist gleich zwölf Uhr; wir wollen fahren. Soll er nun mit uns fahren oder bei Ihnen bleiben?« wandte sich Doktorenko gereizt und ärgerlich an den Fürsten.
    »Wenn Sie wollen, können auch Sie bei ihm hierbleiben«, antwortete der Fürst. »Es wird Platz genug da sein.«
    »Exzellenz«, sagte unerwartet Herr Keller, der rasch und eifrig an den General herantrat, »wenn ein zuverlässiger Mensch für die Nacht erforderlich ist, so bin ich bereit, für meinen Freund dieses Opfer zu bringen... er ist eine ganz herrliche Seele! Ich halte ihn schon lange für einen bedeutenden Menschen, Exzellenz! Meine eigene Bildung ist ja natürlich nur mangelhaft; aber wenn er etwas kritisiert, ist jedes Wort von ihm eine Perle, er streut die Perlen nur so um sich, Exzellenz!...«
    Der General wandte sich mit einer Miene der Verzweiflung ab.
    »Ich würde mich sehr freuen, wenn er hierbleibt; das Fahren würde für ihn natürlich eine böse Sache sein«, erklärte der Fürst auf Lisaweta Prokofjewnas erregte Fragen.
    »Aber wirst du denn dann selbst zum Schlafen kommen? Wenn du ihn nicht hierbehalten magst, Väterchen, dann werde ich ihn zu uns transportieren lassen! O Gott, er kann sich ja kaum selbst auf den Beinen halten! Du bist krank, nicht wahr?«
    Als Lisaweta Prokofjewna den Fürsten nicht auf dem Sterbebette fand, hatte sie, nach dem äußeren Aussehen urteilend, seinen Gesundheitszustand für viel befriedigender gehalten, als er in Wirklichkeit war; aber die soeben überstandene Krankheit, die schweren mit ihr verbundenen Erinnerungen, die Ermüdung von dem unruhigen Abend, die Affäre mit dem »Sohn Pawlischtschews« und der jetzige Vorfall mit Ippolit, alles dies hatte zusammengewirkt, um die krankhafte Empfindsamkeit des Fürsten bis zu einem fieberhaften, Zustand zu steigern. Aber außerdem beunruhigte ihn jetzt noch eine andere Sorge, ja eine Befürchtung; er beobachtete ängstlich Ippolit, als ob er von ihm noch etwas erwartete.
    Plötzlich erhob sich Ippolit; er war schrecklich blaß, und sein verzerrtes Gesicht trug den Ausdruck furchtbarer, verzweifelter Scham. Das trat namentlich in seinem Blick zutage, der voll Haß und Furcht auf die Anwesenden gerichtet war, und in dem verlegenen, schiefen, umherirrenden Lächeln auf seinen zuckenden Lippen. Die Augen schlug er sofort wieder nieder und ging mit schwankenden Schritten, immer noch in gleicher Weise lächelnd, auf Burdowskij und Doktorenko zu, die am Ausgang der Veranda standen; er wollte mit ihnen wegfahren.
    »Das war es, was ich befürchtete!« rief der Fürst. »So mußte es kommen!«
    Mit rasendem Ingrimm wandte sich Ippolit schnell zu ihm um; jeder Muskel seines Gesichts zitterte und schien zu sprechen.
    »Ah, Sie haben das befürchtet! So mußte es nach Ihrer Meinung kommen! So mögen Sie denn wissen«, heulte er heiser und kreischend, und Speicheltröpfchen flogen ihm dabei aus dem Mund, »daß, wenn ich jemand hier hasse (und ich hasse Sie alle, alle!), ich Sie von allen und von allem, was es auf der Welt gibt, am meisten hasse, Sie Jesuit, Sie Sirupseele, Sie Idiot, Sie Millionär und Wohltäter! Ich habe Sie schon lange durchschaut und gehaßt, schon damals, als ich Sie nur erst vom Hörensagen kannte; ich habe Sie gehaßt mit dem ganzen Haß meiner Seele... Das haben Sie hier jetzt alles kunstvoll arrangiert! Sie haben bei mir einen Anfall herbeigeführt! Sie haben einen Sterbenden dahin gebracht, sich zu schämen; Sie, Sie, Sie sind an meinem unwürdigen Kleinmut schuld! Ich würde Sie ermorden, wenn ich am Leben bliebe! Ich brauche Ihre Wohltaten nicht; ich nehme von niemand Wohltaten an, hören Sie, von niemand und nichts! Ich habe vorhin im Delirium gesprochen; erdreisten Sie sich nicht zu triumphieren!... Ich verfluche Sie alle ein für allemal!«
    Hier ging ihm die Luft völlig aus.
    »Er schämt sich seiner Tränen!« flüsterte Lebedew der Generalin zu. »›So mußte es kommen!‹ Ja, ja, der Fürst! Der hat in seiner Seele gelesen...«
    Aber Lisaweta Prokofjewna würdigte ihn keines Blickes. Sie stand stolz aufgerichtet mit zurückgeworfenem Kopf da und betrachtete mit geringschätziger Neugier »diese Jammermenschen«. Als Ippolit schwieg, zuckte der General die Schultern, aber seine Frau sah ihn zornig vom Kopf bis zu

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