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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Lisaweta Prokofjewna beruhigte sich nach dieser Explosion. Selbstverständlich war sie am Abend dieses Tages besonders liebenswürdig, sanft, freundlich und respektvoll gegen Iwan Fjodorowitsch, gegen ihren »groben Grobian« Iwan Fjodorowitsch, gegen ihren guten, lieben, vergötterten Iwan Fjodorowitsch; denn in Wirklichkeit liebte sie ihren Iwan Fjodorowitsch ihr ganzes Leben lang, ja sie war in ihn sogar verliebt, was Iwan Fjodorowitsch selbst genau wußte, der auch seinerseits seine Lisaweta Prokofjewna außerordentlich hochschätzte.
    Aber die ärgste Qual bereitete ihr beständig Aglaja.
    ›Sie ist ganz, aber auch ganz wie ich, mein Ebenbild in jeder Beziehung‹, sagte Lisaweta Prokofjewna bei sich im stillen, ›ein eigenwilliger, abscheulicher Unhold! Eine Nihilistin, eine verdrehte Schraube, verrückt, boshaft, boshaft, boshaft! O Gott, wie unglücklich wird sie werden!‹
    Aber wie schon gesagt, die aufgehende Freudensonne besänftigte und erhellte alles für eine Weile. Infolgedessen gab es in Lisaweta Prokofjewnas Leben fast einen ganzen Monat, in dem sie sich von aller Unruhe wieder völlig erholte. Anläßlich der nahe bevorstehenden Hochzeit Adelaidas wurde in den vornehmen Kreisen auch über Aglaja viel gesprochen, und dabei benahm sich Aglaja überall ganz vortrefflich, ruhig, verständig, auch etwas siegesgewiß und stolz, aber das stand ihr ja gerade gut! Den ganzen Monat war sie so freundlich und liebenswürdig zu ihrer Mutter! (›Allerdings, diesen Jewgenij Pawlowitsch muß man sich noch sehr, sehr genau ansehen und gründlich kennenlernen, Aglaja scheint ja auch an ihm nicht sehr viel mehr Gefallen zu finden als an andern!‹) Sie war auf einmal ein so prächtiges Mädchen geworden, und wie schön sie war, o Gott, wie schön, von Tag zu Tag wurde sie schöner! Und da...
    Und da war nun soeben dieser gräßliche Fürst wieder erschienen, dieser jämmerliche Idiot, und alles war wieder in Unruhe geraten, alles im Hause ging wieder drunter und drüber!
    Was war denn eigentlich geschehen?
    Andere hätten wohl kaum gespürt, daß etwas Besonderes vorgegangen war. Aber Lisaweta Prokofjewna zeichnete sich eben dadurch aus, daß sie in dem bunten Durcheinander der gewöhnlichsten Dinge bei ihrer steten Unruhe immer etwas herausfand, was sie manchmal mit einer geradezu krankhaften Angst, mit einer unerklärlichen, argwöhnischen und infolgedessen höchst peinlichen Furcht erfüllte. Wie mußte ihr da zumute sein, als jetzt plötzlich aus der ganzen wüsten Menge lächerlicher, unbegründeter Befürchtungen wirklich etwas herausschaute, was tatsächlich wichtig zu sein schien, etwas, was tatsächlich zu Beunruhigung, Zweifel und Argwohn Anlaß gab!
    ›Wie hat nur jemand wagen können, wie hat nur jemand wagen können, mir diesen verdammten anonymen Brief über diese Kreatur zu schreiben, mir zu schreiben, daß sie mit Aglaja Beziehungen unterhalte?‹ dachte Lisaweta Prokofjewna auf dem ganzen Weg, während sie den Fürsten hinter sich herzog, und zu Hause, als sie ihn an dem runden Tisch Platz nehmen ließ, um den die ganze Familie versammelt war. ›Wie konnte sich jemand erdreisten, so etwas nur zu denken? Ich müßte mich ja totschämen, wenn ich auch nur die Spur davon glaubte oder diesen Brief Aglaja zeigte! Solcher Hohn und Spott über uns, die Familie Jepantschin! Und alles um Iwan Fjodorytschs willen, alles um Ihretwillen, Iwan Fjodorytsch! Ach, warum sind wir nicht nach Jelagin gegangen; ich sagte ja, wir sollten nach Jelagin ziehen! Den Brief hat vielleicht Warjka geschrieben, denke ich mir, oder vielleicht... Aber an allem, an allem ist Iwan Fjodorytsch schuld! Diesen Streich hat ihm diese Kreatur zur Erinnerung an ihre früheren Beziehungen gespielt, um ihn zu blamieren, gerade wie sie sich früher über den Dummkopf lustig machte und ihn an der Nase herumführte, als er ihr noch Perlen schenkte... Und nun werden schließlich auch noch wir mit hineingezogen, Ihre Töchter werden mit hineingezogen, Iwan Fjodorytsch, junge Damen, die zur besten Gesellschaft gehören und in heiratsfähigem Alter stehen, die sind da mit dabeigewesen, haben dabeigestanden, haben alles mit angehört, und auch bei der Geschichte mit den dummen Burschen sind sie zugegen gewesen – freuen Sie sich doch! –, auch da sind sie dabeigewesen und haben zugehört! Ich werde das diesem Menschen, dem Fürsten, nicht verzeihen, nein, niemals werde ich ihm das verzeihen! Und warum ist Aglaja drei Tage lang so nervös

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