Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
Prolog
Die Ermittlungen hatten gleich von Anfang an etwas, das Lieutenant Renne Kempasa nervös machte. Die ersten kleinen Bedenken meldeten sich in ihrem Unterbewusstsein, als sie das Loft Appartement des Opfers sah. Sie hatte Loft Appartements wie dieses bereits Hunderte Male zuvor gesehen. Es war die Art von luxuriösem, metropolitanischem Kissen, in dem Gruppen schillernder Charaktere aus den TSI-Soaps üblicherweise wohnten – schöne, allein stehende Menschen mit gut bezahlten Jobs, die ihnen den größten Teil des Tages Freizeit garantierten, sodass sie einen Wohnraum von fünfhundert Quadratmetern mit extravaganter Einrichtung genießen konnten, ausgewählt von überbezahlten Innenarchitekten. Die Art von Wohnraum, die vollkommen anders war als das wirkliche Leben, aber voll von dramatischem oder komischem Potential für die Drehbuchschreiber.
Und doch war sie hier, einen Tag nach der Shotgun-Botschaft der Guardians, in der Präsidentin Elaine Doi als Agentin des Starflyers denunziert und die aus genau so einem Appartement im obersten Stock einer umgebauten Fabrik in Daroca, der Hauptstadt von Arevalo, ausgestrahlt worden war. Die riesige eingeschossige Lounge besaß einen breiten sonnigen Balkon mit Ausblick über den Caspe River, der durch das Herz der Stadt strömte. Wie alle Hauptstädte der erfolgreichen Welten der Phase Eins war Daroca eine Collage aus Parks, eleganten Gebäuden und breiten Straßen, die sich bis zum Horizont erstreckten. Unter dem bronzefarbenen Licht der Morgensonne glitzerte sie mit einer scharf umrissenen blauen Korona, welche die graziöse Anziehungskraft des Panoramas noch verstärkte.
Renne schüttelte angesichts der atemberaubenden Aussicht in sanftem Unglauben den Kopf. Selbst mit dem guten Gehalt, das die Navy ihr zahlte, würde sie es sich niemals leisten können, so etwas zu mieten. Und es waren drei Firstlifer-Mädchen, alle unter fünfundzwanzig, die das Appartement gemietet hatten.
Eine der drei Frauen, Catriona Saleeb, öffnete Renne und Tarlo die Tür. Sie war eine kleine Zweiundzwanzigjährige, mit langem, schwarzgelocktem Haar. Sie trug ein einfaches grünes Kleid mit dicken geometrischen lilafarbenen Streifen – nur dass Renne die Marke kannte und wusste, dass es mehr als tausend irdische Dollars gekostet haben musste. Und dieses Mädchen trug so ein Kleid zu Hause in seiner Freizeit. Rennes E-Butler projizierte die Datei des Mädchens in ihre virtuelle Sicht: Sie war ein jüngeres Mitglied der Großen Familie der Morishis und arbeitete in einer Bank im großen Finanzdistrikt von Daroca.
Ihre beiden Freundinnen waren Trisha Marina Halgarth, die einen Productplacement-Job bei Veccdale hatte, einem Unternehmen der Halgarth-Familie, das schicke Haussysteme herstellte, sowie Isabella Halgarth, die eine Stelle bei einer zeitgenössischen Kunstgalerie in der Stadt angenommen hatte. Sie passten genau ins Profil: drei Junggesellinnen, die in einer gemeinsamen Wohnung in der Stadt lebten und sich amüsierten, während sie darauf warteten, dass ihre eigentlichen Karrieren ihren Lauf nahmen oder Ehemänner von gleichem Reichtum und Status materialisierten und sie in ihre Herrenhäuser mitnahmen, wo sie mit ihnen die vertraglich festgelegte Quote von Kindern produzieren würden.
»Das ist eine großartige Wohnung, alles, was recht ist«, bemerkte Tarlo auf dem Weg in die Lounge.
Catriona wandte sich um und lächelte ihn auf eine Weise an, die weit mehr als einfache Höflichkeit war. »Danke. Sie gehört der Familie; deswegen zahlen wir nicht so viel Miete.«
»Viel Platz für schicke Partys, wie?«
Catrionas Lächeln wurde spöttisch. »Vielleicht.«
Renne bedachte Tarlo mit einem ärgerlichen Blick. Sie waren hier im Dienst, und sie konnten sich nicht erlauben, potentielle Zeuginnen zu beeinflussen. Tarlo erwiderte ihren Blick mit einem Grinsen, und in seinem attraktiven, gebräunten Gesicht blitzten perfekte weiße Zähne auf. Renne hatte mit eigenen Augen erlebt, wie erfolgreich dieses Lächeln in den Clubs und Bars um Paris herum sein konnte.
Catriona führte sie in die Küchensektion, die durch einen breiten Marmortresen von der Lounge getrennt war. Die Küche war ultramodern, ausgerüstet mit jedem nur vorstellbaren Helfer, alles in schwanenweiße abgerundete Module eingebaut. Irgendwie vermochte sich Renne nicht vorzustellen, dass die Küche viel zum Kochen benutzt wurde, nicht einmal von den komplizierten Küchenbots.
Die beiden anderen jungen Frauen
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