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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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zweitenmal. In den letzten Tagen vor der Hochzeit wurde sie sehr nachdenklich; sie überwand schließlich jedesmal ihre Traurigkeit und wurde wieder heiter; aber es war eine stillere Heiterkeit, nicht so laut und glückselig wie zuvor und noch vor kurzem. Der Fürst verdoppelte seine Aufmerksamkeit. Auffallend war ihm, daß sie mit ihm nie von Rogoshin sprach. Nur einmal, etwa fünf Tage vor der Hochzeit, schickte Darja Alexejewna plötzlich zu ihm, er möchte sofort kommen, Nastasja Filippowna befinde sich sehr schlecht. Er fand sie in einem Zustand, der mit völliger Geistesstörung Ähnlichkeit hatte: sie schrie und zitterte und rief, Rogoshin habe sich im Garten bei ihrem Haus versteckt, sie habe ihn soeben gesehen, er werde sie in der Nacht ermorden... ihr den Hals abschneiden! Den ganzen Tag konnte sie sich nicht wieder beruhigen. Aber als an demselben Abend der Fürst auf einen Augenblick zu Ippolit ging, erzählte ihm die Hauptmannsfrau, die soeben von Petersburg zurückgekehrt war, wo sie verschiedene Geschäfte zu erledigen gehabt hatte, es sei dort an diesem Tage Rogoshin zu ihr in die Wohnung gekommen und habe sie über Pawlowsk ausgefragt. Auf die Frage des Fürsten nach der genaueren Zeit, zu welcher Rogoshin bei ihr gewesen sei, gab die Hauptmannsfrau fast dieselbe Stunde an, zu welcher Nastasja Filippowna ihn am gleichen Tage in ihrem Garten gesehen zu haben glaubte. Die Sache erwies sich also als eine einfache Sinnestäuschung: Nastasja Filippowna ging selbst zu der Hauptmannsfrau, um sie genauer zu befragen, und fühlte sich außerordentlich beruhigt.
    Am Tage vor der Hochzeit befand sich Nastasja Filippowna, als der Fürst sie verließ, in sehr angeregter Stimmung: aus Petersburg war von der Modistin der Hochzeitsstaat für den nächsten Tag eingetroffen, das Hochzeitskleid, der Kopfschmuck und so weiter und so weiter. Der Fürst hatte gar nicht erwartet, daß der Putz auf sie eine so belebende Wirkung ausüben Würde; er selbst lobte alles, und sein Lob erhöhte noch ihre Glückseligkeit. Aber dabei sagte sie etwas mehr, als sie eigentlich gewollt hatte: sie habe bereits gehört, daß im Ort Entrüstung herrsche und wirklich von einigen Taugenichtsen eine Katzenmusik vorbereitet werde, mit eigens für diesen Zweck gedichteten Spottversen, und daß alles dies auch von der übrigen Gesellschaft gutgeheißen werde. Und nun habe sie gerade Lust, den Kopf vor all diesen Leuten noch höher zu tragen und alle durch den Geschmack und Reichtum ihrer Toilette in den Schatten zu stellen, – »mögen sie schreien, mögen sie pfeifen, wenn sie es wagen!« Bei dem bloßen Gedanken daran funkelten ihre Augen. Sie hatte noch eine geheime Hoffnung, sprach sie aber nicht laut aus: sie hoffte, Aglaja oder wenigstens ein Abgesandter von ihr werde ebenfalls inkognito unter dem Publikum in der Kirche sein und die Trauung mit ansehen, und sie bereitete sich darauf im stillen vor. Sie trennte sich gegen elf Uhr abends vom Fürsten, ganz mit diesen Gedanken beschäftigt; aber es hatte noch nicht zwölf geschlagen, als ein Bote von Darja Alexejewna zum Fürsten gelaufen kam: er möchte schnell hinkommen; es stehe sehr schlecht. Als der Fürst hinkam, hatte sich seine Braut im Schlafzimmer eingeschlossen und weinte verzweifelt und krampfhaft; sie wollte lange Zeit nicht auf das hören, was man ihr durch die verschlossene Tür sagte; endlich öffnete sie, ließ nur den Fürsten herein, schloß hinter ihm die Tür wieder zu und fiel vor ihm auf die Knie. (So stellte es wenigstens Darja Alexejewna nachher dar, die einiges hatte erspähen können).
    »Was tue ich! Was tue ich! Was tue ich dir an!« rief sie, indem sie krampfhaft seine Füße umklammerte.
    Der Fürst blieb eine ganze Stunde bei ihr; wir wissen nicht, wovon sie miteinander gesprochen haben. Darja Alexejewna erzählte, sie hätten sich nach einer Stunde in beruhigter, glücklicher Stimmung voneinander getrennt. Der Fürst schickte noch einmal in dieser Nacht hin, um sich zu erkundigen, aber Nastasja Filippowna war bereits eingeschlafen. Am Morgen, noch ehe sie aufgewacht war, erschienen noch zwei Boten vom Fürsten bei Darja Alexejewna, und erst der dritte Abgesandte erhielt den Auftrag, zu melden, Nastasja Filippowna sei jetzt von einem ganzen Schwarm von Modistinnen und Friseuren aus Petersburg umgeben, von der gestrigen Aufregung sei auch nicht die Spur mehr vorhanden, sie sei mit ihrer Toilette beschäftigt, wie nur eine so schöne Frau vor der Trauung

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