Der Idiot
als er ist... Er wird noch behaupten, daß ich in seiner Schuld stehe: er hat mich ja erziehen lassen und mich wie eine Gräfin unterhalten, was ist da für Geld draufgegangen, und dann hat Bei den letzten Worten hörte man Ferdyschtschenko und Lebedew kichern, und selbst der General räusperte sich sehr mißvergnügt. Ptizyn und Tozkij konnten sich nicht enthalten zu lächeln, beherrschten sich aber noch. Die übrigen rissen geradezu den Mund auf vor Verwunderung.
»...Aber vielleicht werden wir nicht arm sein, sondern sehr reich, Nastasja Filippowna«, fuhr der Fürst in demselben bescheidenen Ton fort. »Ich weiß es übrigens nicht bestimmt und bedaure, daß ich den ganzen Tag über bis jetzt darüber nichts habe erfahren können, aber ich habe in der Schweiz einen Brief aus Moskau von einem Herrn Salaskin erhalten, und er teilt mir mit, ich könne eine sehr große Erbschaft antreten. Hier ist der Brief...«
Der Fürst zog wirklich einen Brief aus der Tasche.
»Redet er denn irre?« murmelte der General. »Es ist ja hier das reine Narrenhaus!«
Für einen Augenblick trat Stillschweigen ein.
»Sie sagten ja wohl, Fürst, der Brief an Sie sei von Salaskin?« fragte Ptizyn. »Das ist ein in seinen Kreisen sehr bekannter Mann, ein bekannter Rechtsanwalt, und wenn er Ihnen das wirklich mitgeteilt hat, so können Sie sich vollständig darauf verlassen. Zum Glück kenne ich seine Handschrift, da ich erst kürzlich mit ihm geschäftlich zu tun hatte... Wenn Sie mir den Brief zur Einsicht geben wollten, so könnte ich Ihnen vielleicht etwas darüber sagen.«
Mit zitternder Hand reichte ihm der Fürst schweigend den Brief hin.
»Ja, was hat denn das zu bedeuten? Was hat das zu bedeuten?« rief der General erstaunt und blickte alle wie ein Halbirrer an. »Hat er wirklich eine Erbschaft gemacht?«
Alle richteten ihre Blicke auf Ptizyn, der den Brief las. Die allgemeine Neugier hatte einen neuen und außerordentlichen Anstoß erhalten. Ferdyschtschenko war außerstande, auf seinem Platze sitzen zu bleiben; Rogoshin machte ein verständnisloses, furchtbar beunruhigtes Gesicht und sah abwechselnd nach dem Fürsten und nach Ptizyn hin. Darja Alexejewna saß in gespannter Erwartung wie auf Nadeln. Selbst Lebedew vermochte sich nicht zu beherrschen, er kam aus seiner Ecke hervor und blickte, sich tief hinabbeugend, über Ptizyns Schulter in den Brief, mit der Miene eines Menschen, der darauf gefaßt ist, im nächsten Augenblick eine Ohrfeige zu erhalten.
XVI
»Die Sache hat ihre Richtigkeit«, erklärte Ptizyn endlich, indem er den Brief wieder zusammenfaltete und dem Fürsten zurückgab. »Sie werden ohne alle Umstände auf Grund des unanfechtbaren Testaments Ihrer Tante ein sehr beträchtliches Kapital erhalten.«
»Es ist unmöglich!« rief der General unwillkürlich.
Alle sperrten den Mund auf.
Sich vorzugsweise an Iwan Fjodorowitsch wendend, setzte Ptizyn die Sache folgendermaßen auseinander. Vor fünf Monaten sei eine Tante des Fürsten gestorben, die er nie persönlich gekannt habe, eine ältere Schwester seiner Mutter, die Tochter des Moskauer Kaufmanns dritter Gilde Papuschin, der Bankrott gemacht habe und in größter Armut gestorben sei. Aber der gleichfalls unlängst verstorbene ältere Bruder dieses Papuschin sei ein bekannter, reicher Kaufmann gewesen. Vor einem Jahre seien ihm fast in ein und demselben Monat seine beiden einzigen Söhne gestorben. Das habe der alte Mann sich so zu Herzen genommen, daß er bald darauf selbst erkrankt und gestorben sei. Er sei Witwer gewesen, und es seien absolut keine andern Erben dagewesen als die Tante des Fürsten, die Nichte Papuschins, eine sehr arme Frau, die bei fremden Leuten lebte. Zu der Zeit, als ihr diese Erbschaft zugefallen sei, habe diese Tante schon an Wassersucht todkrank gelegen, habe aber sofort Nachforschungen nach dem Fürsten anstellen lassen, womit Salaskin von ihr betraut worden sei, und vor ihrem Tode noch Zeit gehabt, ein Testament zu machen. Offenbar hätten weder der Fürst noch der Arzt, bei dem er in der Schweiz gewohnt habe, die amtliche Benachrichtigung abwarten oder Erkundigungen einziehen wollen, sondern der Fürst habe sich entschlossen, mit Salaskins Brief in der Tasche selbst nach Rußland zurückzukehren.
»Ich kann Ihnen nur sagen«, schloß Ptizyn, sich an den Fürsten wendend, »daß alles das jedenfalls richtig und unangreifbar ist und daß Sie alles, was Ihnen Salaskin über die Unanfechtbarkeit und Gesetzlichkeit Ihrer
Weitere Kostenlose Bücher