Der Jäger
den Monaten November bis März zu erkennen. Im Januar und Februar ist Orion fast von Anbruch der Dunkelheit an zu sehen.«
»Das heißt, unser Mann fühlt sich als Jäger«, sagte Hellmer. »Also doch, er wurde von einer Skorpionfrau gestochen, sinnbildlich natürlich nur. Gedemütigt, verletzt, was immer. Und vor einem Jahr hat er seinen Rachefeldzug begonnen. Und Sie sind sicher, dass es noch einen Mord geben wird?«, fragte er Ruth Gonzalez.
»Wenn er sein Bild vollenden will, ja.«
»Wir müssen ihn kriegen, bevor er diesen letzten Mord begeht. Sonst sieht es sehr schlecht für uns aus.«
»Und wie willst du ihn kriegen?«, fragte Durant. »Wir wissen doch nicht mal, wann er wieder zuschlägt. Er hat noch über zwanzig Tage Zeit, vergiss das nicht.«
»Der lässt keine zwanzig Tage mehr verstreichen. Er will es so schnell wie möglich hinter sich bringen. Wir müssen herausfinden, welche Frauen aus Oberrad sich von Lewell ein Horoskop erstellen ließen und Skorpion-Löwe sind.« Er rieb sich den Nacken. »Können wir das über den Rundfunk machen?«, fragte er Berger.
»Unmöglich. Die Leute erklären uns für verrückt! Lassen Sie sich was Besseres einfallen.«
»Warum unmöglich?«, wollte Hellmer wissen, stützte sich auf die Schreibtischplatte und sah Berger an. »Wir müssen ja nicht sagen, dass sich eine Skorpion-Löwe-Frau aus Oberrad in Lebensgefahr befindet.«
»Und wie wollen Sie es sonst formulieren?«, fragte Berger abfällig. »Wollen Sie sagen, liebe Skorpion-Löwe-Frauen, die ihr in Oberrad wohnt, bleibt in euren Häusern, verriegelt die Türen und verlasst das Haus nur in Begleitung von Bodyguards. Entwarnung wird erst am 21. November gegeben. Blödsinn!«
»Wir dürfen doch nicht tatenlos zusehen, wie noch jemand umgebracht wird! Richter, wir fragen wenigstens Richter, ob der in seiner Kartei eine Patientin aus Oberrad hat, die Skorpion ist. Das ist doch wohl gestattet, oder?«, sagte Hellmer mit unüberhörbarem Sarkasmus.
»Bitte«, entgegnete Berger ruhig und lehnte sich zurück. »Rufen Sie ihn schon an.«
Hellmer wählte Richters Nummer, nur sein Anrufbeantworter meldete sich. »Scheiße, er ist nicht da. Wir haben doch auch seine Handynummer. Los, wo ist sie?«
»Ich hol sie schon«, sagte Durant, ging in ihr Büro und kam wenige Sekunden später mit Richters Visitenkarte zurück.
»Mailbox! Verdammte Scheiße! Hat sich denn alles gegen uns verschworen?!«
»Frank, jetzt reg dich wieder ab. Nur eines der bisherigen sechs Opfer war eine Patientin von Richter. Das war rein zufällig. Er praktiziert doch kaum noch. Ich glaube nicht, dass unter den wenigen Patienten eine Frau aus Oberrad ist. Außerdem wohnen in Oberrad nicht gerade die reichsten Leute. Und um von Richter als Patient angenommen zu werden, muss man das nötige Kleingeld mitbringen. Das Einzige, das uns weiterhelfen könnte, wäre die Klientenkartei von Lewell. Aber die haben nicht wir, sondern der Mörder. Und somit sind wir ganz schön gearscht. Der Chef hat Recht, wir können gar nichts tun. Wer sagt uns denn, dass unser Opfer überhaupt in Oberrad wohnt? Sie kann von überall her kommen. Bis jetzt wurden nur zwei der sechs Frauen in ihrer eigenen Wohnung umgebracht und auch dort gefunden. Die Wahrscheinlichkeit ist also mehr als gering, dass das nächste und hoffentlich letzte Opfer ausgerechnet in Oberrad wohnt. Hier«, fuhr sie fort und zeigte mit dem Finger auf Oberrad, »das Einzige, was wir tun können, ist, dass wir ab sofort in den Abend- und Nachtstunden verstärkt Polizeistreifen einsetzen und auch Polizeikontrollen durchführen. Ich denke da vor allem an die Gegend um die beiden Kirchen, den kleinen Friedhof und den Waldfriedhof Oberrad. Die Weidmann hat er an einem Friedhof abgelegt und die Albertz an einer Kirche. Das ist die einzige Möglichkeit, die ich sehe. Aber alles muss ganz unauffällig vonstatten gehen. Er muss sich in Sicherheit wiegen. Noch Anmerkungen?«
Allgemeines Schweigen.
Ruth Gonzalez hatte aufmerksam zugehört und kam zu Julia Durant. »Das war eben sehr interessant. Habe ich jetzt den normalen Polizeialltag erlebt?«, fragte sie lächelnd.
»Das eben war eher die Ausnahme. In der Regel besteht diemeiste Arbeit aus Papierkrieg. Ich möchte mich aber im Namen aller recht herzlich für Ihre Unterstützung bedanken. Sie haben uns wirklich sehr geholfen. Das mit dem Sternbild hätten wir wohl nie rausgekriegt.«
»Ich bedanke mich für Ihr Vertrauen. Ich denke, ich sollte jetzt
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