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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Zeit. Wichtiger ist, daß wir jetzt die Einladungen für die Weihfeier versenden. Daran werdet Ihr
     genügend zu schreiben haben. Ich habe gehört, daß Ansgar, der Bischof von Hamburg, in Rom weilt. Ich wollte ihn schon immer
     einmal zu seinen erheblichen missionarischen Bemühungen im Norden befragen. Außerdem wünsche ich, daß eine Botschaft an Agobard
     nach Lyon gesendet wird, an die umliegenden Geistlichen selbstredend auch.«
    »Ja, Herr.«
     
    Wenig später saß Biterolf in seiner Schreibstube, ein mittelgroßes Stück Pergament vor sich auf dem Pult. In den schräg durch
     das Fenster fallenden Sonnenstrahlen tanzte feiner Staub und setzte sich dann und wann auf die unzähligen Rollen in den Regalen
     nieder. Zwei tönerne Tintenfäßchen standen in eigens dafür angebrachten Vertiefungen des Pultes. Immer wieder tauchte Biterolf
     die Feder in die braune Flüssigkeit, um sie dann mit ruhiger Hand über die Ziegenhaut zu führen. Bei der Krümmung des S spitzte
     sich regelmäßig sein Mund, weil er sich auf das äußerste konzentrierte, um den Bogen in feiner und sauberer Art zu zeichnen.
    Endlich war der Brief an Ansgar fertiggestellt, und Biterolf konnte die Datumszeile daruntersetzen: »Gegeben in Turin |47| am Montag nach dem Sonntag Quasimodo, im 4. Jahr der Herrschaft Ludwigs, in der 11. Indiktion, 818 Jahre nach der Geburt unseres
     Herrn Jesus Christus.«
    Er blies gerade über die Tinte, damit beim Weglegen nichts verwischen konnte, da öffnete sich die Tür, und der Bischof trat
     ein. Er sah sich im Raum um. »Ich wollte nur einmal nach dem Rechten sehen. Eike muß sich bei einem gewissen Odo für mich
     nach etwas erkundigen. Wie kommt Ihr voran?«
    »Gut.«
    Claudius beugte sich über Biterolfs Schulter. »Ihr schreibt vortrefflich! Wirklich, ich habe selten Schriftstücke gesehen,
     die eine solche Ordnung der Zeilen und Buchstaben aufweisen.« Er nahm das Pergament vom Pult und hielt es ins Licht. »Es ist
     doch nur eine Einladung, keine kaiserliche Urkunde, die für die Ewigkeit Bestand haben soll!«
    Biterolf sah den Bischof zweifelnd an. Spottete er, oder war sein Lob ernst gemeint? »Wenn Ihr erlaubt, Herr, wichtige Urkunden
     statte ich mit weit mehr Ordnung und Verzierungen aus als diese Einladung.«
    »Ich verrate Euch sicher kein Geheimnis, wenn ich Euch sage, daß ich sehr ungern diesen Sprengel übernommen habe. Jetzt freut
     es mich aber, einen so guten Schreiber unter meinen Leuten zu haben. Ich werde Euch viel Arbeit machen, da könnt Ihr Euch
     sicher sein.«
    Obwohl ihm vor Angst die Knochen froren, mußte Biterolf lächeln.
Was, wenn ich mich in Claudius einfach getäuscht habe?
»Ehrwürden, darf ich Euch etwas fragen?«
    »Sicher.«
    »Ihr seid in den Büchern der Bibel gelehrt.« O nein, er sollte das nicht tun. Der blutende Knecht am Boden – plötzlich sah
     er ihn wieder vor sich. Biterolfs Zunge sprach weiter, während die Haut auf seinem Gesicht in Erwartung eines Schlages zu
     jucken begann. »Gestern sah ich Euch mit all diesen Waffen. Ich bringe das nicht zusammen.«
    »Was meint Ihr?«
    |48| »Nun, es ist doch eine Sünde zu töten, oder nicht?«
    »Nicht, wenn es für Gottes Sache ist. Ihr stellt merkwürdige Fragen.«
    Kein Schlag. Beinahe flüsterte er: »Verzeiht mir. Ich wollte Euch nicht erzürnen.«
    »Nein, erklärt mir, was Ihr meint!«
    Der Notar schluckte.
    »Also?«
    Er bekam kaum die Zähne auseinander, murmelte: »Wißt Ihr, ich verstehe das nicht. Tadelte Christus nicht den Simon Petrus,
     als er im Garten Gethsemane sein Schwert gegen den Knecht des Hohepriesters erhob?«
    »Sicher, weil Christus sterben mußte, um uns zu erlösen. Denkt an das Buch Leviticus. Dort befahl der Herr zu kämpfen: ›Und
     sie zogen aus zum Kampf gegen die Midianiter, wie der Herr es Mose geboten hatte, und töteten alles, was männlich war.‹ Genauso
     kämpfen wir heute gegen die Avaren und Sarazenen. Sie sind nicht besser als die Midianiter. Bedenkt, sie beten schwarze und
     weiße Steine an! Sie behaupten gar, diese Steinblöcke würden an bestimmten Tagen ihre Farbe wechseln.«
    »Jaja, sicher.«
    Claudius zog ärgerlich die Brauen zusammen. »Sagt nicht ›jaja‹ zu mir, wenn Ihr es nicht meint!« Da war er wieder, der gefährliche
     Ton in der Stimme.
    »Verzeiht mir.«
    »Also?«
    »Nun … Es ist … Woher wißt Ihr das so genau mit den Steinen?«
    »Ich bin in Kantabrien geboren, dem Land, das vom ehemals mächtigen Westgotenreich noch übriggeblieben

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