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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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war ein Abort, der anscheinend in den Stadtgraben abgeleitet wurde, und es gab sogar Möbel: einen kleinen Tisch, einen zerbrochenen Stuhl und ein Bett mit einer strohgefüllten Matratze, auf der Puddlicott sich jetzt mit schlaftrunkenem Gesicht halb aufrichtete. Er schüttelte sich, um wach zu werden, streckte sich und gähnte. Ranulf mußte sein kühle Fassung bewundern. Der Gefangene lächelte ihn an.
    »Da steht eine Kerze auf dem Tisch, aber ich habe keinen Feuerstein.«
    Ranulf holte seinen hervor, und gleich darauf flackerte die Kerze auf. Puddlicott ging zum Pissen in die Ecke, nahm dann seinen Mantel und setzte sich auf die Bettkante. »Corbett schickt dich also noch einmal, he? Hat er etwas übersehen?«
    Ranulf setzte sich auf den Tisch. »Eigentlich nicht. Wir wissen jetzt, was passiert ist. Anscheinend bist du ganz nach deinem Belieben in unserem Land ein und aus gegangen und hast die Säcke mit den Münzen auf einem Müllkarren zur Gracechurch Street und hinunter zum Hafen befördert.« Ranulf lehnte sich zurück und schaute zur Decke. Er und Corbett hatten einen Fehler begangen: Nicht ein einziges Mal hatten sie gefragt, weshalb ein bedeutender Gesandter wie de Craon sich kein besseres Quartier ausgesucht hatte. Andererseits hatten akkreditierte Gesandte natürlich das Recht, zu wohnen, wo sie wollten.
    »Hast du dich nicht gefragt, weshalb einige der Huren, die in die Abtei eingeladen wurden, plötzlich sterben mußten?« fragte Ranulf unvermittelt. »Unter den Opfern müssen doch auch ein paar von euren Mädchen gewesen sein.«
    Puddlicott zuckte die Achseln und zog den Mantel fester um sich. »Du weißt doch, wie es zugeht in der Welt. Ranulf heißt du, nicht wahr?«
    Sein Besucher nickte.
    »Männer sterben eines gewaltsamen Todes, und Frauen und Kinder ebenfalls; warum also sollte es Huren anders ergehen?« Puddlicott streckte die Beine aus. »Dein Herr wird sein Wort halten, was meinen Bruder betrifft?«
    »Ja«, sagte Ranulf. »Und wenn du mir mehr erzählst, dann schwöre ich dir, daß ich zweimal im Jahr selbst nach St. Anthony gehen werde, um mich davon zu überzeugen, daß alles in Ordnung ist.«
    Puddlicott stand auf und blieb vor Ranulf stehen. »Dich schickt nicht Corbett. Du kommst aus eigenem Antrieb her. Ich habe euch erzählt, was ich weiß. Ich halte zwar alle Justizbeamten für Dreckskerle, aber du bist nicht aus Schadenfreude hier. Was willst du also? Den Mörder der Dirnen?«
    »Nein«, sagte Ranulf abwehrend. »Den haben wir schon selbst in Erfahrung gebracht.«
    »Was dann?«
    »Erkenntnisse.«
    »Für Corbett?«
    »Nein. Für mich.«
    Puddlicott brüllte vor Lachen und setzte sich wieder auf sein Bett. »Das also ist dein Spiel, Ranulf? Der Diener im Wettstreit mit seinem Herrn? Wieso, glaubst du, hätte ich dir weitere Erkenntnisse zu vermitteln?«
    Ranulf beugte sich vor. »Ich begreife«, begann er, »daß de Craon nach England kommt, um den Schatz heimzuholen. Ich verstehe auch, warum er sich versteckt hält, aber was ich nicht verstehe, Puddlicott, ist, weshalb du, während du dich durch die Fundamente der Krypta wühlst, eine so wichtige Arbeit unterbrechen und immer wieder nach Frankreich reisen mußtest.« Ranulf sah den Gefangenen an. »Das ist das einzige, was ungeklärt geblieben ist. Wieso bist du nicht in London geblieben? Was war so wichtig, daß du nach Paris und zurück reisen mußtest? Wir wissen, daß du es getan hast; deine Komplizen haben ausgesagt, daß du zuweilen wochenlang weg warst. Was also hast du sonst noch getrieben?« Puddlicott drohte ihm mit dem Finger. »Du bist sehr scharfsinnig, Ranulf. Corbett hat mich nicht danach gefragt.«
    »Vielleicht dachte er, du habest dir nur neue Anweisungen holen müssen.«
    Puddlicott zuckte die Achseln. »Und?«
    »Sagst du mir den wahren Grund?« fragte Ranulf.
    Puddlicott ließ sich auf sein Bett zurücksinken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
    »Du hast nichts zu verlieren.«
    »Ich habe auch nichts zu gewinnen«, fauchte Puddlicott.
    »Da wäre dein Bruder, und wie du weißt, Puddlicott, hat der Henker so seine Methoden, den Schmerz zu lindern. Außerdem bin ich sicher, unser guter Freund, der Kerkermeister, könnte einen großen Becher mit gewürztem Wein beschaffen, ehe du die letzte Fahrt auf dem Henkerskarren antrittst.« Puddlicott lag da und pfiff leise durch die Zähne. »Einverstanden«, sagte er dann in schneidendem Ton und schwenkte die Beine vom Bett. »Ich bin ein sterbender Mann,

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