Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
man sich nicht aussuchen konnte, in wen man sich verliebte. »Und du?«, fragte ich ihn. »Was wirst du jetzt tun?«
»Das Angebot von Mr. Cooper annehmen und für ein Jahr nach London gehen.«
»Wirst du Jil bitten, dich zu begleiten?«
»Auf gar keinen Fall!« Ludger schüttelte so heftig den Kopf, dass ihm eine dunkle Haartolle in die Stirn fiel. »Für Jil hat immer nur der schöne Schein gezählt. Ein gut aussehender Anwalt, noch dazu Juniorpartner einer renommierten Kanzlei – damit kann man sich sehen lassen.« Ärgerlich schob er den Teller mit den Sushis von sich. Nun war ihm also auch der Appetit vergangen. »Komischerweise ist mir das erst richtig klar geworden, nachdem ich dich kennen gelernt hab. Bei dir hatte ich nie das Gefühl, irgendwelche hochgesteckten Erwartungen erfüllen zu müssen. Wenn ich Jil einen Stern vom Himmel geholt habe, hat sie sich formvollendet bedankt und im gleichen Atemzug hinzugefügt: ›Da oben funkelt es aber noch. Vergiss nicht, die anderen Sterne auch herunterzuholen.‹«
Die Vorstellung, wie Ludger dem Mann im Mond Konkurrenz machte, am Himmel herumturnte und Sterne pflückte, während Jil unten »Mehr, mehr!« brüllte, war einfach zu komisch.
»Lach nicht, das ist nicht witzig. – Weißt du, was mich am meisten an dir fasziniert hat? Deine Bodenständigkeit. Du kannst dich auch über ein Eis freuen, wenn kein Diamantring darin versteckt ist.«
Das war mein Stichwort. Ich streifte den schmalen Goldreif von meinem Finger. Wahrscheinlich war der Ring das Einzige, was an dieser Hochzeit echt gewesen war. »Ich glaube, es ist nur fair, wenn ich ihn dir zurückgebe.«
Ludger verschränkte die Hände auf dem Rücken. »Tu mir den Gefallen und behalte ihn.« Er lächelte mich bittend an. »Zur Erinnerung.«
Nach dieser Aussprache begann ich zu packen. Ich brauchte nicht lange, um meine Habseligkeiten zusammenzusuchen. Eigentlich war ich nie richtig bei Ludger eingezogen, sondern immer nur Gast gewesen. Abgesehen von meinen Anziehsachen im Schlafzimmerschrank sowie den Kosmetikartikeln im Bad deutete nichts darauf hin, dass ich für kurze Zeit in dieser Wohnung gelebt hatte. Es sei denn, jemand drehte durch Zufall das Sofakissen um …
Noch eine letzte Umarmung und ein kleiner Abschiedskuss, dann packte ich meine Siebensachen ins Auto und düste voller Vorfreude gen Heimat. Lili würde Augen machen – und Philipp erst! Hoffentlich war er überhaupt zu Hause. Nervös nagte ich an meiner Unterlippe herum. Warum war ich mir eigentlich so sicher, dass er vor Begeisterung Purzelbäume schlagen und mich mit offenen Armen empfangen würde? Unsere letzte Begegnung war alles andere als harmonisch verlaufen und hatte dank meiner schlagkräftigen Argumente ein ziemlich abruptes Ende gefunden. Wahrscheinlich leuchteten die Abdrücke meiner Finger immer noch auf seiner Wange.
Ich konnte nicht länger warten. Ich musste das klären, jetzt sofort. Philipps Nummer war zur schnellen Nachbarschaftshilfe in meinem Handy gespeichert, doch es meldete sich nur der Anrufbeantworter: »Ihr kennt das Spiel. Nachricht bitte nach dem Piep.«
Mist. Keiner da.
An der nächsten roten Ampel schaltete ich das Radio ein. Kein Wunder, dass ich Philipp zu Hause nicht erreicht hatte, er war auf Sendung. Aus den Lautsprechern meines Autoradios drang in feinster Dolby-Surround-Qualität seine tiefe, wohlklingende Stimme: »Wenn ihr etwas verloren, gefunden oder zu verschenken habt, schickt ein Fax, eine E-Mail oder ruft mich an. Wählt einfach die 0800 …«
Sein Wunsch war mir Befehl. Ich griff erneut nach meinem Handy und tippte mit zittrigen Fingern die Telefonnummer ein.
»Rhein-Radio, Redaktion Fundgrube, Sie sprechen mit Vera Ortmanns. Was kann ich für Sie tun?«
»’n Abend, Belinda Fischer. Könnten Sie mich bitte mit dem Moderator verbinden?«
»Langsam, langsam. Wenn Sie erst einmal so freundlich wären, mir den Grund Ihres Anrufs zu verraten.«
Klasse Job!, dachte ich. Die Frau wurde für ihre neugierigen Fragen auch noch bezahlt. Was allerdings den Grund meines Anrufs betraf, so würde sie sich mit der zensierten Kurzfassung zufriedengeben müssen. Ich hatte mir jedenfalls fest vorgenommen, Philipps Namen fürs Erste aus dem Spiel zu lassen.
»Hallo? Sind Sie noch dran?«
»Also, es geht um Folgendes«, sprudelte ich los. »Ich hab den falschen Mann geheiratet. Das heißt, eigentlich hab ich ihn gar nicht geheiratet, weil man dazu nämlich eine Lizenz braucht und ich ohnehin viel
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