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Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian McKinty
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Petroleumflamme. Den Ofen hatte ich von meinen Eltern geschenkt bekommen, als ich das erste Mal nach Belfast gezogen war, und ich hatte ihn nach Armagh, Tyrone und schließlich nach Carrickfergus mitgeschleppt. Noch immer versetzten mich die großartigen,zu Kopf steigenden Ausdünstungen all die Jahrzehnte zurück in meine Kindheit in Cushendun.
    Fünf Minuten lang lag ich da und lauschte, wie der Regen vom Dach plätscherte, dann ging ich unwillig nach unten.
    Ich setzte Tee auf, machte mir Toast mit Butter und Orangenmarmelade. Ich duschte, zog mir einen nüchternen schwarzen Pullover mit Polokragen an, dazu schwarze Jeans und schwarze Schuhe. Darüber ein dunkles Jackett und meinen Regenmantel. Den Revolver steckte ich in die Manteltasche und ließ das lächerliche Maschinengewehr auf dem Flurtischchen liegen.
    Dann ging ich hinaus. Der graue Himmel begann fünfzehn Meter über meinem Kopf. Nieselregen. In Mrs Bridewells Garten stand eine Kuh und knabberte an den Rosen. Eine andere legte gerade einen Haufen in Mrs Campbells Vorgarten.
    Ich sah nach links und rechts und bemerkte weitere Kühe, die blöde die Straße auf und ab gingen. Ich wohnte erst seit drei Wochen hier, doch das war schon das zweite Mal, dass die Kühe von der Weide neben der Coronation Road ausgebrochen waren. So etwas wäre in Cushendun niemals passiert. Diese Idioten in Carrick waren keine guten Viehbauern. Ich ging den Gartenweg entlang, kümmerte mich nicht um Mrs Campbells Kuh und knöpfte den Mantel zu. Auf den hohen Hügeln lag Frost, und mein Atem folgte mir wie ein zögernder Geist.
    Ich sah unter dem BMW nach, ob dort eine Autobombe befestigt war, entdeckte nichts, schaute zur Vorsicht noch ein zweites Mal nach, steckte den Schlüssel in die Tür, zuckte in Erwartung einer versteckten Sprengladung zusammen, öffnete die Tür und stieg ein.
    Ich schnallte mich nicht an. Im laufenden Jahr waren bloß vier Polizisten bei Autounfällen ums Leben gekommen, während neun erschossen worden waren, weil die Gurte sie inihren Fahrzeugen gefangen hielten. Die Statistikabteilung der RUC fand, dass es wohl besser sei, sich nicht anzuschnallen, und hatte ein entsprechendes Memo mit der Bitte um Kommentar herumgeschickt. Das Memo war offenbar von jemandem im Büro des Chief Constable gelesen worden und hatte sich in Blitzesschnelle in einen Befehl verwandelt.
    Ich schaltete Downtown Radio an und erwischte die Regionalnachrichten. Unruhen in Belfast, Derry, Cookstown, Lurgan und Strabane. Ein Brandanschlag auf eine Farbenfabrik in Newry. Eine Bombe an der Eisenbahnstrecke von Belfast nach Dublin. Ein Proteststreik der Busfahrer von Antrim Ulsterbus wegen einer Reihe von Busentführungen.
    »Wegen des Streiks der Busfahrer sind die Schulen in Belfast, Newtownabbey, Carrickfergus, Ballymena, Ballyclare, Coleraine und Larne heute geschlossen. Und nun ein Song von George Jones, um uns den Morgen ein wenig zu versüßen«, sagte Candy Devine.
    Ich schaltete um auf Radio 1 und fuhr zu einem Song von Blondie die Coronation Road entlang.
    »Das reinste Indien hier«, meckerte der Milchmann, der mir auf seinem Elektrokarren entgegenkam.
    »Aye, nur ohne die indische Küche«, murmelte ich und fuhr langsam, um nicht eine Kuh zu überfahren und mir eine unvorteilhafte Wiedergeburt einzuhandeln.
    Ich bog rechts in die Victoria Road und sah eine Gruppe von Teenagern in Schuluniformen, die auf einen Bus wartete, der niemals kommen würde. Ich kurbelte das Fenster herunter.
    »Schule fällt aus. Hab ich gerade im Radio gehört!«
    »Verpiss dich, du Perversling!«, brüllte eine siebzehnjährige Tussi zurück und reckte mir dabei den Mittelfinger entgegen.
    »Ich bin ein Bulle, du kleines Miststück!«, hätte ich beinahe zurückgerufen, aber wenn man schon um 7 Uhr 58 ineinen Beleidigungswettstreit mit einem Haufen Kinder gerät, dann ist der Tag wirklich früh im Eimer.
    Ich kurbelte das Fenster wieder hoch und fuhr unter dem Johlen der Wanzen davon.
    Keine zweihundert Meter weiter wurde das Feuer zum Orangemen’s Day am 12. Juli vorbereitet, der Haufen aus Paletten, Kisten und Reifen reichte zwei Stockwerke hoch. Auf der Spitze hatte jemand eine Strohpuppe aufgestellt, die den Papst darstellen sollte; er trug ein blutfleckiges Bettlaken. Wie nett.
    Ich hielt vor McDowells Zeitungsladen. Oscar bediente gerade zwei Schmierenschreiber von der Associated Press. Man sah sofort, dass es sich um welche von AP handelte, erstens weil sie Jacken trugen, auf deren Rücken

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