Der katholische Bulle: Roman (German Edition)
meldet sich, niemand vermisst das Opfer, absolut gar nichts«, sagte ich.
Die beiden nickten wieder.
»Na, da mach ich mich doch zum Narren, wenn ich damit zu Brennan gehe.«
»Wir könnten ein Bild von ihm im Fernsehen bringen«, schlug Matty vor. »Wir holen uns jemanden, der ihn so zeichnet, wie er vor dem Schuss ausgesehen hat.«
»Brennan wird das nicht gefallen, die Öffentlichkeit um Mithilfe zu bitten. Er hasst so was«, meinte Crabbie.
»Ach, wirklich?«, murmelte ich. Er kam mir eher vor wie ein Mann mit einer Schwäche für die grellen Scheinwerfer ineinem BBC-Studio, aber vielleicht interpretierte ich da auch was falsch; wieder verstärkte sich mein Eindruck, dass Protestanten doch anders waren und die aus East Antrim sowieso.
»Aye. Er möchte das Interesse der herrschenden Mächte nicht allzu sehr auf unseren kleinen Flecken hier lenken«, erklärte Crabbie.
Wir saßen eine Minute lang da und schauten einem verdreckten Kohlenschlepper zu, der das Lough entlangtuckerte. Matty zündete sich eine Rothmans an. Crabbie baute seine Pfeife zusammen. Ich spielte mit einer Büroklammer, seufzte und stand auf. »Vielleicht kann uns die Ärztin weiterhelfen, wer kommt mit?«
»Werden die ihn aufschneiden?«, wollte Matty wissen.
»Nehm ich an.«
Matty hüstelte. »Wisst ihr was? Ich bleib hier und suche nach den Fingerabdrücken von dem Burschen.«
»Ich passe auch«, murmelte Crabbie.
»Weicheier«, sagte ich und zog meinen Mantel an.
Crabbie räusperte sich. »Eine Sache noch, bevor du gehst, Sean«, sagte er.
»Schieß los.«
»Sehr ungewöhnlich für die Gegend hier. Keine Fingerabdrücke? Glaub mir, ich kenne die Jungs hier, und niemand in der UVF oder der UDA in Carrick ist derart vorsichtig. Da kommt man ins Grübeln«, gab McCrabban zu Bedenken.
»Aye, das stimmt«, pflichtete ihm Matty bei.
»Und auch keine ›dreißig Silberlinge‹«, fügte ich hinzu. »Dabei lieben die doch so nen Scheiß.«
Auf dem Weg nach draußen fing mich Brennan ab und schleppte mich ins Royal Oak nebenan.
Er bestellte zwei Guinness und zwei Bushmills.
»Ein ganz schön üppiges Mittagessen. Für mich dasselbe«, sagte ich. Er lächelte, und wir trugen die Gläser in eine Sitzecke.
Mein Pieper ging ständig los, doch unter Brennans bösem Blick schaltete ich ihn aus.
»Was gibt’s Neues, Pfadfinder?«, fragte er, nachdem wir unsere Bushmills gekippt hatten.
»Bislang noch nichts, Captain, aber ich bin gerade auf dem Weg zur Pathologie, und die Fingerabdrücke des Opfers laufen in diesem Augenblick durch die Datenbank in Belfast.«
»Ich dachte, ich hätte Ihnen schon gestern Nacht gesagt, dass wir das allein regeln«, murmelte Brennan mürrisch.
»Aber nicht auch noch den Kleinkram, oder? Außerdem haben die Jungs im Archiv doch eh nichts Besseres zu tun. Wenn ich Matty losschicke, um per Hand zu suchen, dann braucht er ja schon allein zwei Stunden, nur um durch die Polizeisperren zu kommen.«
Brennan nickte und starrte mich mit seinen Wikingerglubschern an. »Ich habe gehört, Sie haben ›zusätzliche Fotos‹ angeordnet?«
»Ja, Sir, aber die bezahle ich selbst«, antwortete ich.
»Dafür werde ich sorgen. Ich muss jeden Penny abrechnen.«
»Unter den Jungs kam die Idee auf, dass wir damit doch zur BBC gehen und das Gesicht unseres geheimnisvollen Unbekannten im Fernsehen zeigen lassen könnten, aber Crabbie hat meine Träume von der großen Showkarriere zerstört und gemeint, das sei nicht Ihre Politik? Sir?«
Brennan wies gen Himmel. »Nein. Das behandeln wir mal schön diskret. Wenn die uns erst mal auf die Pelle rücken …«
»Ist es dann okay, wenn ich Flugblätter und ein Poster mit dem Konterfei unseres armen Kerls für die Aushängetafel vor dem Revier in Auftrag gebe?«
»Ein Poster, und lassen Sie es nicht zu bös aussehen, um die Eingeborenen nicht zu verschrecken.«
Die Sergeants Burke und McCallister entdeckten uns und setzten sich dazu, aber ich hatte noch zu tun und konnte mireine Mittagssitzung mit den Burschen nicht erlauben. Als ich mein Guinness ausgetrunken hatte, ging ich aufs Revier zurück und holte meinen Wagen.
Carrick Hospital war ein kleines viktorianisches Gebäude an der Barn Road, keine dreihundert Meter Luftlinie vom Revier entfernt, aber die Luftlinie reichte über Eisenbahngleise, einen Fluss und den Fußballplatz des Carrick Rangers FC, also brauchte ich mit dem BMW zehn Minuten.
Das Wartezimmer war voller Leute mit Triefnasen, Erkältungen und anderen
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