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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Euch als Mitgift übersandt hat, hat gleichfalls ein Recht darauf, daß seinem Wunsch Rechnung getragen wird. Und sein Wunsch war, daß dieses Geschenk Euch zukommen sollte – niemand anderem.«
    Sie bestätigte es mit einem leichten Kopfnicken, sehr ernst.
    »Aber nachdem er es mir geschenkt und zu meinem Eigentum gemacht hat, würde er auch der Ansicht gewesen sein, daß auch ich es verschenken könnte, wenn ich es wollte, und er hätte mir das nie verübelt. Zumal«, sagte Fortunata fest, »an Euch und die Kirche.«
    »Aber er hat auch gewünscht, daß dieses Geschenk Euch zu einer guten Ehe und einem glücklichen Leben verhelfen sollte«, sagte der Bischof.
    Sie erwiderte seinen Blick stetig und ernsthaft, mit Elaves Hand in der ihren und Elaves Gesicht an ihrer Schulter. »Das ist schon geschehen«, sagte Fortunata. »Das Beste, das er mir geschickt hat, behalte ich.«
    Am späten Nachmittag waren alle fort. Bischof de Clinton und sein Diakon Serlo waren auf der Rückreise nach Coventry, wohin einer von Rogers Vorgängern den Sitz der Diözese verlegt hatte, obwohl immer noch öfter von Lichfield als von Coventry die Rede war und beide Kirchen den Status einer Kathedrale beanspruchten. Elave und Fortunata waren gemeinsam in den unglücklichen Haushalt nahe der Kirche von Saint Alkmund zurückgekehrt, wo jetzt der Leichnam des Mörders in dem gleichen Schuppen auf dem gleichen Gestell aufgebahrt lag, auf dem sein Opfer gelegen hatte, und wo sich Girard, der Aldwin begraben hatte, jetzt darauf vorbereiten mußte, Jevan zu begraben. Die großen Löcher, die in das Gewebe eines dicht verknüpften Haushaltes gerissen worden waren, würden sich allmählich schließen und verheilen, aber es würde einige Zeit dauern. Zweifellos würden die Frauen mit gleicher Inbrunst für den Mörder beten wie für den Ermordeten.
    Mit dem Bischof verschwand, sorgfältig und andächtig in seiner Satteltasche verpackt, auch der Psalter der Prinzessin Theophanu. Wie er vorzeiten in den Osten zurückgekehrt war, in ein kleines Kloster in der Nähe von Edessa, würde nie jemand erfahren, und eines Tages, vielleicht weitere zweihundert Jahre später, würde sich jemand fragen, wie er von Edessa aus in die Bibliothek von Coventry gekommen sein mochte; auch das würde ein Geheimnis bleiben. Bücher sind dauerhafter als diejenigen, die sie hervorbringen; doch zumindest der irische Mönch Diarmaid hatte sich seine Unsterblichkeit gesichert.
    Sogar das Gästehaus war fast leer. Das Fest war vorüber, und die Pilger, die noch ein paar Tage länger geblieben waren, hatten erledigt, was sie in Shrewsbury noch erledigen wollten, und machten sich reisefertig. Die sommerliche Pause zwischen der Grablegung der heiligen Winifred und dem Jahrmarkt von Saint Peter reichte zum Abernten der Getreidefelder der Abtei hinter den Gemüsegärten der Gaye, auf denen die Ähren bereits heranreiften. Die Jahreszeiten gingen ihren gewohnten Gang. Nur Menschen kamen und gingen und handelten zur Unzeit.
    Bruder Winfrid, ganz in seiner Arbeit aufgehend, beschnitt die zu groß gewordene Buchsbaumhecke und pfiff dabei vor sich hin. Cadfael und Hugh saßen stumm auf der Bank an der Nordmauer des Kräutergartens, ein wenig schläfrig von der Sonne und der Mattigkeit, die eintritt, wenn eine Anspannung vorüber ist. Die Farben der Rosen auf den Beeten des Abtes wurden zu den Farben von Diarmaids kunstvollen Bordüren, und der weiße Schmetterling auf der blaßblauen Blüte der Jungfer im Grünen verwandelte sich in ein kleines Schiff auf dem Ozean, nicht größer als eine Perle.
    »Ich muß gehen«, sagte Hugh zum dritten Mal und machte keine Anstalten, aufzustehen.
    »Ich hoffe«, sagte Cadfael schließlich mit einem leichten Aufseufzen, »daß uns das Wort Ketzerei in Zukunft erspart bleibt. Und daß alle bischöflichen Besuche, wenn wir sie schon ertragen müssen, ebenso gut enden. Bei einem anderen Mann hätte es auf eine Exkommunizierung hinauslaufen können.«
    Und dann fragte er nachdenklich: »War es töricht von ihr, sich davon zu trennen? Ich habe es immer noch vor Augen. Und ich kann es einem Mann fast nachfühlen, daß er es bis in den Tod hinein begehrte, seinen eigenen oder den eines anderen.
    Schon die Farben brennen sich einem ins Herz.«
    »Nein«, sagte Hugh, »es war nicht töricht von ihr, sondern sehr weise. Wie hätte sie es je verkaufen können? Wer, außer Königen, könnte es bezahlen? Nein, indem sie die Diözese bereicherte, bereicherte sie sich

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