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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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war, seine geheimen Vorbehalte aufzugeben. Er betrachtete die Welt, von den Rosen im Garten bis zu den behauenen Steinen des Kreuzgangs, und empfand sie als unbestreitbar schön. Er konnte auch nicht einsehen, daß die Zahl derjenigen, denen die Erlösung vorherbestimmt war, feststand und ein für allemal begrenzt war, wie Augustinus behauptete, und erst recht nicht, daß das Schicksal jedes Menschen vom Augenblick seiner Geburt an besiegelt und hoffnungslos war – wenn es nichts gab, auf das man vorausblicken konnte, dann konnte man alle Rücksicht auf andere abwerfen, rauben und morden und brennen und jedem zerstörerischen Verlangen nachgeben.
    In dieser aufsässigen Stimmung begab sich Cadfael statt zur abendlichen Zusammenkunft, bei der bestimmt die Beschäftigung mit der ingrimmigen Rechtschaffenheit des heiligen Augustinus weitergehen würde, ins Hospital. Es war wesentlich besser, die Bestände von Bruder Edmunds Medizinschrank zu überprüfen und sich eine Weile mit den alten Brüdern zu unterhalten, die mittlerweile zu gebrechlich waren um noch ihren vollen Anteil zum Alltagsleben des Klosters beizutragen.
    Edmund, der seit seinem vierten Lebensjahr im Kloster lebte und ein scharfer Beobachter war, war pflichtgemäß im Kapitelsaal erschienen, um Jeromes Vorlesung zu lauschen. Er kehrte gerade in dem Augenblick zurück, in dem Cadfael die Türen des Medizinschrankes schloß und in Gedanken die drei Dinge memorierte, die aufgefüllt werden mußten.
    »Hier steckt Ihr also«, sagte Edmund ohne eine Spur von Überraschung. »Das ist gut, denn ich habe jemanden mitgebracht, der ein scharfes Auge und eine sichere Hand braucht. Ich wollte es selbst versuchen, aber Eure Augen sind besser als meine.«
    Cadfael drehte sich um; er wollte sehen, wer der spätabendliche Patient war. Das Licht im Hospital war nicht sonderlich gut, und der Mann, der hinter Edmund hereinkam, zögerte beim Eintreten und blieb schüchtern auf der Schwelle stehen. Jung, schlank und ungefähr von Edmunds Größe, die etwas über dem Durchschnitt lag.
    »Kommt herein zur Lampe«, sagte Edmund, »und zeigt Bruder Cadfael Eure Hand.« Und zu Cadfael, als der junge Mann stumm näherkam: »Unser Patient ist erst heute eingetroffen, und er hat eine lange Reise hinter sich. Er dürfte dringend Schlaf brauchen, aber er wird besser schlafen, wenn Ihr die Splitter aus seiner Hand holen könnt, bevor sie eitert. Ich halte die Lampe.«
    Das angehobene Licht verwandelte das Gesicht des jungen Mannes in ein deutliches und kantiges Relief mit gerader Nase, kräftigen Wangenknochen und tiefen Schatten, die die Form des Mundes und die Augenhöhlen unter der hohen Stirn betonten. Er hatte den Reisestaub abgewaschen und die Mähne aus blondem, gelocktem Haar glattgebürstet. Die Farbe seiner Augen ließ sich vorerst nicht erkennen, denn sie waren auf seine rechte Hand gerichtet, die er mit der Handfläche nach oben gehorsam dicht an die Lampe hielt. Der junge Mann, der zusammen mit einem toten Begleiter in die Abtei gekommen war und um Unterkunft für beide gebeten hatte.
    Die Hand, die er etwas widerwillig zur Betrachtung darbot, war groß und sehnig mit langen, kräftigen Fingern. Der Schaden war auf den ersten Blick zu erkennen. Im Daumenballen hatten sich zwei oder drei zerfetzte Einstiche zu einer kleinen, entzündeten Wunde vereinigt. Wenn sie nicht schon jetzt eiterte, würde sie es bald tun, wenn sie nicht behandelt wurde.
    »Der Karren Eures Dienstmannes muß in sehr schlechtem Zustand gewesen sein«, sagte Cadfael. »Wie konntet Ihr Euch so verletzen? Habt Ihr ihn aus einem Graben herausgeschoben? Oder hat er Euch mehr als Euren Teil der Arbeit tun lassen, während er in seinem Geschirr vor Euch herging? Und womit habt Ihr versucht, die Splitter herauszuholen? Mit einem schmutzigen Messer?«
    »Es ist nicht der Rede wert«, sagte der junge Mann. »Ich wollte Euch nicht damit behelligen. Es war ein neues Querbrett, das er gerade angebracht hatte, und das noch nicht richtig geglättet war. Und es war eine sehr schwere Last; der Sarg mußte mit Blei ausgekleidet und versiegelt werden. Die Splitter sind tief eingedrungen, es steckt noch Holz in der Hand, obwohl ich einiges davon herausgeholt habe.«
    Im Medizinschrank lagen Pinzetten. Cadfael stocherte sorgsam in dem entzündeten Fleisch, kniff über der Hand des jungen Mannes die Augen zusammen. Sein Sehvermögen war ausgezeichnet und sein Zugriff, wenn erforderlich, unerbittlich.
    Das rauhe Holz war

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