Der Ketzerlehrling
einiges auszustehen gehabt und hatte kein anderes Ziel, als seinen Auftrag so schnell und so friedlich wie möglich zu erledigen.
Der Weg nach Chester würde ihm sehr lang vorkommen, falls er Anweisung hatte, so weit mitzureisen.
Vor diese vergrößerte und erhabene Versammlung trat Elave, sobald er dazu aufgefordert worden war, ausgeruht und glücklich vor Erleichterung, sein Ziel erreicht zu haben und die Last der Verantwortung ablegen zu können. Sein Gesicht war offen und zuversichtlich, sogar fröhlich. Er hatte keinerlei Anlaß, etwas anderes zu erwarten als die Gewährung seiner Bitte.
»Ehrwürdiger Abt«, sagte Elave, »ich habe aus dem Heiligen Land den Leichnam meines Herrn William von Lythwood zurückgebracht, der in dieser Stadt wohlbekannt war und der Abtei und der Kirche viel Gutes getan hat. Ihr habt ihn nicht gekannt, Herr, da er vor sieben Jahren zu seiner Pilgerreise aufgebrochen ist, aber es gibt hier Brüder, die sich an seine Spenden und Almosen erinnern und Zeugnis für ihn ablegen können. Es war sein Wunsch, auf dem Friedhof neben der Abteikirche begraben zu werden, und deshalb bitte ich mit allem Respekt um Grab und Beisetzung innerhalb dieser Mauern.«
Vielleicht hat er diese Ansprache viele Male geprobt, dachte Cadfael, und immer wieder anders formuliert; er schien kein Mann vieler Worte zu sein, es sei denn, er fühlte sich veranlaßt, etwas zu verteidigen, das ihm teuer war. Wie dem auch sein mochte, die Worte schienen ihm von Herzen zu kommen. Er hatte eine angenehme Stimme, und seine Reise hatte ihn gelehrt, wie er sich unter Männern aller Art und jeden Ranges zu verhalten hatte.
Radulfus nickte zustimmend und wendete sich an Prior Robert. »Im Gegensatz zu mir seid Ihr, Bruder Robert, schon länger als sieben Jahre hier. Erzählt mir von dem Mann, wie Ihr ihn in Erinnerung habt. Er war ein Kaufmann in Shrewsbury?«
»Ein überaus geachteter Kaufmann«, sagte der Prior bereitwillig. »Er besaß eine Herde auf der Waliser Seite der Stadt und war außerdem als Agent für eine Reihe weiterer Schafhalter mit kleineren Herden tätig, deren Wolle er so günstig wie möglich verkaufte. Außerdem hatte er eine Werkstatt, in der er aus den Häuten Pergament fertigte. Sehr feines, weißes Pergament von bester Qualität. Wir haben es früher des öfteren von ihm gekauft, ebenso wie andere Klöster.
Jetzt werden die Geschäfte von seinen Neffen geführt. Ihr Haus liegt in der Stadt in der Nähe der Kirche von Saint Alkmund.«
»Und er war ein Gönner unseres Hauses?«
Bruder Benedict, der Sakristan, zählte die vielen Spenden auf, die William im Laufe der Jahre gemacht hatte, sowohl der Abtei als auch der Pfarrei von Holy Cross. »Er war ein guter Freund von Abt Heribert, der vor drei Jahren hier gestorben ist.« Heribert, zu sanft und nachgiebig für den Geschmack des Bischofs Heinrich von Winchester, den päpstlichen Legaten, war seines Amtes enthoben und durch Radulfus ersetzt worden und hatte seine Tage ohne jedes Bedauern recht glücklich als einfacher Klosterbruder beendet.
»William spendete im Winter auch großzügig für die Armen«, setzte Bruder Oswald, der Almosenpfleger, hinzu.
»Es sieht so aus, als hätte William durchaus verdient, zu bekommen, was er gewünscht hat«, sagte der Abt und bedachte den Bittsteller mit einem ermutigenden Blick. »Wie ich höre, habt Ihr ihn auf seiner Reise begleitet. Ihr habt gut gehandelt an Eurem Herrn, ich lobe die Treue, die Ihr ihm gehalten habt. Auch bin ich überzeugt, daß die Reise viel Gutes in Euch, dem Lebenden, bewirkt hat, ebenso wie in Eurem Herrn, der als Pilger gestorben ist. Einen gesegneteren Tod kann es nicht geben. Und jetzt verlaßt uns. Ich werde Euch sehr bald wieder rufen lassen.«
Elave verbeugte sich tief und verließ den Kapitelsaal mit federnden Schritten, als wäre er unterwegs zu einem Fest.
Chorherr Gerbert hatte sich jeder Bemerkung enthalten, solange der Bittsteller anwesend war; doch sobald Elave verschwunden war, räusperte er sich geräuschvoll und sagte mit gewichtiger Strenge: »Mein Herr Abt, es ist ein großes Privileg, innerhalb dieser Mauern begraben zu werden. Man darf es nicht leichtfertig gewähren. Ist es sicher, daß dem Mann eine derartige Ehre wirklich zusteht? Es muß viele Männer geben, die weit über dem Rang eines Kaufmanns stehen, die gern an einer solchen Stätte ruhen würden. Es stünde Eurem Haus wohl an, sehr genau nachzudenken, bevor es jemanden aufnimmt, so mildtätig er auch
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