Der Killer wartet
abgeschickt worden waren.
Es sprach alles dafür, daß er Norbert Wolf am Abend seines Todes angerufen und unter irgendeinem Vorwand ans Ufer der Talsperre gelockt hatte, um ihn dort zu ermorden.
Seine Versuche, Feller umzubringen, waren jedoch gescheitert.
Aber was das Motiv war, das diesen jungen Mann dazu getrieben hatte, blieb nach wie vor im Dunkeln.
Es ist wie mit den Eisbergen! dachte Moeller. Neun Zehntel sind unter der Oberfläche.
"Sind Sie heute abend eigentlich auch im Brauhaus?" drang jetzt wieder die Stimme des Mannes im Unterhemd an Moellers Ohr und riß ihn aus seiner inneren Welt heraus.
"Wieso?" fragte er. "Ist da heute was besonderes?"
"Der WDR macht da 'ne Fernsehsendung. 'Pro und Contra Sperrstunde' heißt dat Thema. Dat mußte auch endlich mal diskutiert werden, woll?"
"Ja, ja", murmelte Moeller.
"Aber eigentlich gehört erstmal wat ganz anderes auf den Tisch!"
"So?"
"Nämlich dat unsere Stadt pleite ist."
"Welche Stadt ist das nicht?" meinte Moeller und überlegte sich dabei, ob es unhöflich war, wenn er einfach das Fenster schloß. Er hatte jetzt nämlich nicht die Nerven, sich einen Monolog über Kommunalpolitik anzuhören, dessen Essenz am Ende doch nur darin bestand, das alle Politiker entweder Schweine oder unfähig waren.
"Mein Zahnarzt hat mir erzählt, dat es jetzt in Werdohl eine Regenwassersteuer gibt! Ja echt, auf solche Gedanken kommen die, wenn die Kasse leer ist, woll?"
"Schlimm, schlimm", meinte Moeller und rang noch mit sich und der Frage, wie unhöflich man zu seinen Nachbarn sein durfte. Bei den Zeugen Jehovas kannte Moeller da weniger Erbarmen.
Der Mann im Unterhemd redete sich warm. "Ja, diese Regenwassersteuer, die wird nach der Dachfläche berechnet, woll! Habe ich jedenfalls gehört. Mannomann, da kann man ja von Glück sagen, daß das Sonnenlicht noch umsonst ist!"
"Da würde sich eine Besteuerung in dieser Gegend wohl kaum lohnen", meinte Moeller.
Der Mann in Unterhemd sah ihn groß an.
"Ja, dat ist ein wahres Wort!"
*
Zwei Tage später saßen Fellers in Moellers und Simitschs Büro auf dem Polizeipräsidium.
Martin Feller tickte mit den Finger nervös auf der Stuhllehne herum. Carola hingegen saß stocksteif da und bewegte nicht einmal die Augenbrauen.
Mit einer schwungvollen Bewegung zog Moeller das Protokoll aus der Schreibmaschine, wobei er eine Ecke abriß.
"So, das wär's, denke ich", meinte er, als er Martin das Papier hinlegte. "Ich bräuchte hier noch eine Unterschrift von Ihnen."
Feller atmete tief durch.
"Natürlich!" beeilte er sich, beugte sich vor und ließ sich von Moeller dann einen Kugelschreiber geben, der allerdings nicht funktionierte.
Moeller wühlte in der Schreibtischschublade herum und fand schließlich einen gelben Filzstift. "Man sieht es auf dem weißen Papier zwar nicht besonders deutlich, aber rechts-gültig ist es", murmelte er dazu.
Feller schrieb.
Er krakelte ziemlich.
"Blöder Stift!" knurrte er und reichte dann beides - Stift und Protokoll - an Carola weiter.
"Haben Sie inzwischen schon etwas über diesen...
Verrückten herausgefunden?" fragte sie, während sie ihren Namen schrieb.
"Ja", nickte Moeller.
Sie blickte auf.
"Und?"
Moeller lehnte sich zurück.
"Eine ziemlich traurige Geschichte. Ein Heimkind. Erst Erziehungsheim, dann Jugendpsychiatrie, galt immer als schwierig und unzugänglich. Ein verschlossener Junge, der unter einem frühkindlichen Trauma litt."
"Was für ein Trauma?" fragte Carola.
Feller war bereits im Begriff, sich zu erheben.
Seine Fingerkuppen tickten wieder unruhig auf der Stuhllehne herum.
"Carola..."
"Ja, es interessiert mich eben!" rechtfertigte sie sich, wobei ihr Blick auf Moeller gerichtet blieb.
"Seine Eltern sind einem Mordanschlag zum Opfer gefallen", fuhr Moeller fort. "Wahrscheinlich ein Raubüberfall. Ich habe mir mal die Akte kommen lassen, weil ich wissen wollte, was der reale Hintergrund war..."
"Und?" hakte Carola nach.
"Es steht nicht viel drin in der Akte. Ein ungeklärter Fall. Ein alter Bekannter wurde festgenommen, mußte dann aber wieder freigelassen werden, weil die Beweise nicht ausreichten." Moeller wandte den Kopf und sah Feller an. "Naja, ich begreife übrigens immer noch nicht, warum Sie sich anfangs so angestellt haben!"
Feller machte eine verlegene Geste.
"Sie wissen doch...", meinte er und stockte.
"Was?"
"Die Öffentlichkeit."
"Wieso?"
"Ich bin Geschäftsmann, und da ist es wichtig darauf zu achten, wie man in der Öffentlichkeit so
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