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Der Kirchendieb

Der Kirchendieb

Titel: Der Kirchendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Frieser
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ausgerechnet jetzt hier beten musst?«
    »Ja!«, log Johanna. Etwas Besseres fiel ihr nicht ein.
    »Gut!«, erwiderte Andreas ruhig. »Dann gehen wir nun zusammen da hinein und beten.«
    Der Kaufmannssohn nahm der verblüfften Johanna den Dietrich aus der Hand und steckte ihn ins Schloss. Als er aufsperren wollte,
     schwang die Tür wie von Geisterhand lautlos auf.
    »Ich schwöre, die war schon offen«, flüsterte Andreas erschrocken.
    »Das ist aber komisch. Pater Gereon schließt immer ab«, wunderte sich Johanna.
    »Lass uns mal nachsehen.«
    Ehe Andreas seine Freundin aufhalten konnte, war sie schon hineingehuscht. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.
    »Da vorne in der Sakristei ist jemand!«, flüsterte Johanna. Andreas nickte. Auch er hatte das Kerzenlicht gesehen. Neugierig
     schlichen beide weiter, versteckten sich immer wieder hinter den Säulen und warteten. Weihrauch hing in der Luft. Neben der
     Tür zur Sakristei blieben sie stehen, Andreas rechts, Johanna links, und lauschten. Wer auch immer in diesem Raum war, er
     hatte sie nicht bemerkt. Andreas nickte Johanna zu und beide warfen gleichzeitig einen Blick hinein. Das Kerzenlicht flackerte
     und warf unheimliche Schatten. Eine Gestalt mit schwarzem Umhang griff nach einem goldenen Kelch und steckte ihn in einen
     Sack.
    Der Kirchendieb!, schoss es Johanna sofort durch den Kopf.
    Sein Gesicht konnten sie nicht erkennen, der Mann stand mit dem Rücken zu ihnen. Die Kapuze bedeckte sein Haupt.
    Andreas, mit schreckgeweiteten Augen und leichenblassem Gesicht, gab Johanna ein Zeichen, den Rückzug anzutreten. Sie nickte.
     So lautlos, wie beide hineingeschlichen waren, mussten sie wieder hinaus, unbemerkt von der finsteren Gestalt. Andreas stahl
     sich als Erster davon, Johanna wollte ihm folgen, sobald er in Sicherheit war. Doch kaum hatte Johannazwei Schritte gemacht, stolperte sie und fiel der Länge nach hin.
    »Autsch!«, schrie Johanna, hielt sich aber sofort die Hand vor den Mund.
    Zu spät! Der Dieb hatte sie gehört und drehte sich erschrocken um.
    Genau in diesem Augenblick sah auch Johanna sich nach dem Unbekannten um und blickte ihm direkt ins Gesicht. Zwei tiefschwarze
     Augen funkelten sie wutverzerrt an. Johanna lief ein Schauer über den Rücken. Fast rechnete sie damit, dass sich die Gestalt
     einem schwarzen dämonischen Schatten gleich erheben und davonfliegen würde, zurück ins Reich der Unterwelt. Doch dann sah
     sie, wie die Gestalt ein Messer aus ihrem Umhang zog. Und dies hatte nichts mit einer geisterhaften Schattenwelt zu tun, sondern
     war allzu menschlich.
    »Lauf nach Hause, so schnell du kannst!«, schrie sie Andreas zu, der soeben hinaushuschte. Als wäre der Leibhaftige hinter
     ihr her, rannte Johanna durch das Gotteshaus, hinaus auf die Gasse. Wo war Andreas? Johannas Blick eilte die leere Gasse hinauf
     und hinunter. Offensichtlich hatte Andreas auf sie gehört. Jetzt musste sie nur noch selbst ihrem Verfolger entkommen, am
     besten im engen Gassengewirrihres Viertels. Hier kannte sie sich aus, wusste, welchen Weg sie nehmen musste, um unterzutauchen. Hoffentlich erwischte
     er sie nicht vorher. Gleich da vorne ging ein Durchgang ab. Dort konnte sie ihn abhängen. Mit letzter Kraft verschwand Johanna
     um die Ecke und tauchte in die Dunkelheit der Gasse ein. Doch ihr Verfolger blieb ihr weiter auf den Fersen. Seine Schritte
     hallten bedrohlich durch die Stille der Nacht. Johanna rannte weiter, bog erneut ab und schlüpfte in den Eingang eines heruntergekommenen
     Hauses. Lautlos glitt sie hinein, schloss die Tür hinter sich und lief weiter, durch das Haus hindurch, in den Hinterhof,
     dort über die niedrige Mauer, dann in einen anderen Hinterhof, durch dessen Vorderhaus und von dort auf die Straße. Gegenüber
     im Schatten eines schmalen Durchgangs ließ sie sich völlig außer Atem niedersinken und wartete. Wenigstens hatte der Dieb
     Andreas nicht gesehen. Aber sie selbst war in großer Gefahr. Der Mann würde nicht zögern, sie zu töten, falls er ihrer habhaft
     wurde. Er wusste, dass Johanna ihn jederzeit wiedererkennen würde. Warum nur musste sie stolpern?
    Johanna erschrak, als jemand sie unsanft anstieß. Sie musste eingenickt sein. Wie lange sie auf demBoden kauerte, wusste Johanna nicht. Hatte der Dieb sie erwischt? Mit angstgeweiteten Augen schaute sie auf ihren Peiniger
     und atmete erleichtert auf.
    Krischer hatte sich vor ihr aufgebaut.
    »Was tust du hier? Die Sonne geht bald auf.

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