Der Kirchendieb
sich Andreas ein. »Ich und meine Jungs, wir hatten eine Übereinkunft. Wenn
wir finden, dass Johanna und ihre Leute das Geld dringend brauchen, würden wir ihnen unseren Anteil überlassen. Ich war heute
Morgen zusammen mit Ludwig in Johannas Zuhause. Sie soll alles bekommen. Ihren Jungs zahlt sie dann den Anteil aus«.
Der Kaufmann sah seinen Sohn voller Stolz an. »Du hast dein Herz auf dem rechten Fleck, mein Junge. Und ich bin immer noch
sehr beeindruckt von eurer Zusammenarbeit. Deshalb habe ich mir meine eigenen Gedanken über eine angemessene Belohnung gemacht.
Johanna und ihre Freunde haben bewiesen, dass sie wertvolle Mitglieder dieser Stadt sind. Daher werde ich mich persönlich
für sie verbürgen, einen Meister finden, der sie aufnimmt, und das Lehrgeld für sie bezahlen. Außerdem werden Johanna und
ihre Familie in unser Mietshaus am Heumarkt ziehen. Es ist hell, trocken und besitzteine Herdstelle. Um die Miete braucht sich deine Mutter keine Sorgen zu machen. Außerdem kann sie für uns als Schneiderin
arbeiten. Ich habe mich erkundigt und von allen Seiten nur Lob gehört.«
Johanna stand mit großen Augen und offenem Mund sprachlos da.
»Und nun zu dir, Johanna. Mein Sohn hat mir anvertraut, dass es dein größter Wunsch ist, zur Schule zu gehen. Für das Schulhaus
wird ein neuer Lehrer gesucht, dieses Mal jedoch einer mit Ehefrau, die eine Mädchenklasse eröffnen soll. Willst du nicht
ihre erste Schülerin sein, Johanna?« Der Kaufmann sah sie verschmitzt an.
Jetzt war Johanna nicht mehr zu bremsen. Sie stürzte auf den Mann zu und umarmte ihn stürmisch. Es war ihr völlig egal, ob
es sich gehörte oder nicht. Sie war so glücklich, sie hätte am liebsten die ganze Welt umarmt.
»Und jetzt auf nach Hause. Pack mit deiner Mutter und deinen Brüdern alles zusammen. Ich werde zwei Knechte mit einem Fuhrwagen
hinschicken«.
Der Kaufmann hatte kaum den Satz zu Ende gebracht, schon stürmte Johanna davon, mit Andreas im Schlepptau. Sie konnte es gar
nicht erwarten, ihrer Mutter die Neuigkeiten zu erzählen.
Informationen zum Buch
Köln, 1445: Johanna hat es nicht leicht, seit ihr Vater auf der Dombaustelle tödlich verunglückt ist. Von früh bis spät schuftet
das Mädchen nun bei einem Kaufmann als Magd. Als sich Johanna mit Andreas, dem Sohn des Kaufmanns, anfreundet, scheint ein
besseres Leben möglich. Doch dann gerät Johanna in Gefahr …
Informationen zur Autorin
Claudia Frieser
, geboren 1967, studierte Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, nahm an Ausgrabungen teil und arbeitete am Germanischen
Nationalmuseum in Nürnberg. Mittlerweile lebt sie als erfolgreiche Kinderbuchautorin mit ihrer Familie in Bamberg.
Peter Knorr
wurde 1956 in München geboren und lebt heute als freischaffender Illustrator mit seiner Familie in Nierstein am Rhein. Er
hat viele Bilderbücher gezeichnet, noch mehr Bücher ausgestattet und zusammen mit seiner Frau Doro Göbel auch eigene Buchprojekte
verwirklicht.
Doro Göbel
, geboren 1958, studierte Kunsterziehung in Mainz und arbeitet seit 1986 als freischaffende Künstlerin und Illustratorin.
Sie ist mit Peter Knorr verheiratet. Das Paar hat schon mehrere Bände der Reihe Tigerauge ausgestattet.
Fußnote
1
Mittelalterliches Schreibgerät, Griffel, zum Beschreiben einer Wachstafel.
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