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Der Kirschbluetenmord

Der Kirschbluetenmord

Titel: Der Kirschbluetenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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möglich, daß der Schauspieler Yukiko und Noriyoshi getötet hatte, weil er befürchtete, daß einer der beiden den Nius von der verbotenen Beziehung zwischen ihm und Yukiko berichtete? Denn die Nius hätten Kikunojō zweifellos vernichtet, hätten sie von einer Liebesbeziehung zu Yukiko erfahren – falls es eine solche gegeben hatte. Und war Kikunojō auch der Mörder Tsunehikos? War er Sano und seinem Schreiber auf der Tōkaido gefolgt? Verkleidet und unbemerkt?
    Alle diese Fragen blieben unbeantwortet, denn Kirschenesser führte das Gespräch praktisch allein, wobei er offenbar von dem leichtsinnigen Wunsch getrieben wurde, sich irgend jemandem anzuvertrauen.
    »… hätte nicht mehr Geld von ihm verlangen dürfen … wußte ja nicht, wie gefährlich er ist … wird sich meinen Kopf holen, wenn ich nicht schleunigst verschwinde …«
    Kirschenessers Stimme hatte sich zu einem sorgenvollen Murmeln gesenkt, doch Sano hatte seine Worte und deren Bedeutung verstanden. Fürst Niu hatte sich keine weitere Erpressung bieten lassen. Glaubte Kirschenesser – wie auch Sano, trotz Kikunojōs Wiederauftauchen als Tatverdächtigem –, daß Fürst Niu seine Halbschwester Yukiko, Noriyoshi und den Samurai-Jungen ermordet hatte und daß er nicht zögern würde, weitere Morde zu begehen, um sich selbst zu schützen? Die Angst des shunga- Händlers deutete darauf hin. Aber weshalb hatte Kirschenesser dann überhaupt eine Erpressung riskiert? Sano konnte nicht umhin, dem Mann ob seines Mutes und seines Unternehmungsgeistes eine gewisse Bewunderung zu zollen. Dieser häßliche kleine Kerl packte rasch und entschlossen zu, wann immer sich die Gelegenheit bot, einen schnellen koku zu machen.
    Wieder murmelte Kikunojō irgend etwas.
    »Ja, sicher! Aber zuerst schien es keine schlechte Idee zu sein!« Vor Zorn vergaß Kirschenesser diesmal, die Stimme zu senken. »Haltet Ihr mich für so verrückt, in die Fußstapfen meines jämmerlichen Angestellten zu treten?« Er stieß ein schrilles, hysterisches Lachen aus. »Ich hatte unserem Freund lediglich gesagt, daß eine Erhöhung meiner Vermittlungsgebühr angebracht sei. Wegen dieses Jungen, den ich ihm … beschafft habe und der gestorben ist. Ich mußte der Familie dieses Knaben ein Vermögen bezahlen, damit sie der Polizei nichts sagte. Woher sollte ich wissen, daß der Fürst …« Er hielt inne. »Daß unser Freund meine Absichten falsch versteht und davon ausgeht, daß ich ebenfalls ein metsuke -Informant bin? Ein Spitzel, der mehr Geld verlangt und damit droht, andernfalls den Behörden von seiner geplanten Verschwörung gegen Tokugawa Tsunayoshi zu berichten?«
    Sano hätte sich beinahe an seinem Bissen Meerbrasse verschluckt. Es überraschte ihn nicht, daß Noriyoshi von der Verschwörung erfahren und daß er versucht hatte, dieses Wissen zu seinem persönlichen Vorteil zu nutzen. Doch er hätte nie und nimmer damit gerechnet, daß Noriyoshi ein Spitzel der metsuke gewesen war, der Spione der Tokugawa-Regierung. Fürst Nius vermutliches Mordmotiv wurde durch dieses unerwartete Informationsbruchstück erheblich erhärtet. Denn um wie vieles gefährlicher war das Wissen um eine Verschwörung gegen den Shōgun in den Händen eines Tokugawa-Informanten als in denen eines schlichten Erpressers!
    Sano vermutete, daß Noriyoshi die Geheimnisse, von denen er erfahren hatte, zunächst zur eigenen Bereicherung benutzt und sie erst dann an seine Auftraggeber weitergegeben hatte, nachdem er seine Erpres sungsopfer bis aufs Blut ausgesaugt hatte. Diesmal aber – jedenfalls hatte es ganz den Anschein – hatte Fürst Niu dafür gesorgt, daß Noriyoshi nicht mehr lan ge genug gelebt hatte, um die Information über die geplante Verschwörung weitergeben zu können.
    »Die Verschwörung der Einundzwanzig … alle sind einundzwanzig Jahre alt.« Kirschenesser wurde immer nervöser und sprudelte einen Wortschwall hervor. »Es sind allesamt jüngere Söhne von Daimyō. Noriyoshi sagte, sie wollten ihren Familien den Ruhm und die Ehre vergangener Zeiten zurückgeben. Gefährlich, ja, weil Fürst Niu verrückt ist. Er will sein Ziel mit allen Mitteln erreichen, und nichts wird ihn aufhalten können …« Kirschenesser hielt inne. »Darf ich?« fragte er Kikunojō und zeigte auf eine Flasche Sake, die auf dem Schanktisch stand.
    Als Kikunojō nickte, nahm Kirschenesser die Flasche, leerte sie, hustete und wischte sich den Mund ab. »Noriyoshi sagte … ich weiß, es hört sich unwahrscheinlich an

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