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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Parrish
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sich oben. Es gab überhaupt keinen Grund, warum es gefährlich sein sollte, mit dem Aufzug in seine Etage zu fahren. Es gab überhaupt keinen Grund, zehn Stockwerke zu Fuß hochzustiefeln.
    Und dennoch … dennoch … nahm sie die Treppe.
    Irgendetwas an der ganzen Situation bereitete ihr eine Gänsehaut. Schon von Anfang an, seit sie seinen Anruf bekommen hatte. Um ehrlich zu sein, empfand sie Philips Benehmen und seine Stimmung bereits seit Tagen als seltsam.
    Als sie im zehnten Stock ankam, war sie völlig aus der Puste und verfluchte sich dafür, dass sie eine abergläubische dumme Gans war und den Aufzug nicht hatte nehmen wollen. Anderseits – wenn das Ding zwischen den Etagen stecken geblieben wäre und Philip keine Ahnung hatte, dass sie da drin festhing, konnte sie wer weiß wie lange dort festsitzen. Nicht gerade wahrscheinlich, aber verdammt noch mal, in letzter Zeit hatte sie ziemliches Glück mit unwahrscheinlichen Prognosen.
    Sie verließ das Treppenhaus und betrat den Flur, der genauso dunkel, schattig und unheimlich dalag wie die Eingangshalle. Doch ganz am Ende war ein Büro hell erleuchtet – durch den Schlitz unter der Tür stach Licht hervor.
    Sie ging zu Philips Büro, klopfte kurz, dann drückte sie die Klinke und ging hinein.
    Leer.
    »Was soll das, Alter?«, brummte sie. Allmählich verlor sie die Geduld. Sie überlegte, ob sie im Flur nach der nächsten Herrentoilette suchen sollte oder vielleicht nach einem Pausenraum. Doch wer wusste schon, wohin er gegangen war. Ebenso mochte er in eins der Labore verschwunden sein. Er konnte überall in diesem Gebäude stecken.
    Sie setzte sich.
    Leider war Warten nie ihre Lieblingsbeschäftigung gewesen, und sie wurde sofort zappelig. Geistesabwesend zog sie das Telefon aus der Tasche und wählte noch einmal seine Nummer. Nach einem kurzen Moment klingelte es.
    Irgendwo im Büro klingelte es ebenfalls.
    Sie ließ das Handy sinken; ihre Augen weiteten sich, während es weiterdudelte.
    Es kam von Philips Schreibtisch.
    So beunruhigt wie den ganzen Tag noch nicht, folgte sie dem Geräusch und fand Philips klingelndes Telefon neben einem dicken Ordner. Daneben lag ein Schlüsselbund. Er hatte sein Handy
immer
dabei, und er erwartete ihren Anruf. Warum sollte er ohne losgegangen sein? Und warum sollte er seinen Schlüssel nicht mitgenommen haben?
    Grübelnd setzte sie sich auf seinen Schreibtischstuhl. Als sie gerade wieder aufstehen und ihn suchen gehen wollte, fiel ihr Blick auf einen bunten Klebezettel, der seitlich aus dem dicken Ordner herausschaute. Drei Wörter waren daraufgekritzelt: Tritanopie, Protanopie, Deuteranopie. Die ersten beiden erkannte sie nicht auf Anhieb, dafür aber das dritte.
    »Farbenblindheit«, murmelte sie und erinnerte sich daran, dass sie Philip gebeten hatte, nach Probanden zu suchen, die unter dieser speziellen Form litten – der mit D am Anfang. Dann meldete ihr Gehirn, dass sie in dem Internetartikel über diese Sehschwäche auch von den anderen beiden gelesen hatte, jede davon schwerwiegender als die vorhergehende.
    Sie strich mit dem Finger über den Notizzettel, dann betrachtete sie den Ordner und bemerkte, wie dick er war. Neugierde flammte in ihr auf.
    Sie riss die Hand zurück. An Philips Schreibtisch und vor allem an seinen Aktenordnern hatte sie nichts zu schaffen.
    Aber wenn er sie genau deswegen hierhergerufen hatte? Wenn er ihr genau das zeigen wollte?
Wenn die Farbenblindheit etwas mit all diesen Morden zu tun hat?
    Das klang absurd, geradezu paranoid. Dennoch rückte sie unwillkürlich den Stuhl näher heran. Nach einem kurzen Augenblick des Zögerns klappte sie den Ordner auf und entdeckte Seiten über Seiten von Daten. Philip hatte viel mehr Material zusammengetragen, als sie jemals von ihm erbeten hatte, und sie erinnerte sich an das, was Daniels von irgendwelchen OEP -Bildern erzählt hatte, die Philip ihm nicht zu zeigen wagte.
    Sie blätterte durch Notizen, Diagramme, Berichte und handgeschriebene Seiten, bis sie zu einem dicken Stapel ausgedruckter Bilder kam, jedes mit einem Zeichencode in der unteren rechten Ecke. Das waren Downloads von einem Probanden. Oder von mehreren. Aus irgendeinem Grund hatte Philip sie ausgedruckt.
    Sie nahm das erste Bild hoch und entdeckte nichts, was ihr normalerweise aufgefallen wäre. Doch da sie
wusste
, wonach Philip gesucht hatte, sprang ihr das entsprechende Detail sofort ins Auge.
    »Wie der alte Mr Flynn«, flüsterte sie und dachte an den Freund ihres Vaters

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