Der kleine Achtsamkeitscoach
Ihrem Vorhaben helfen soll, jeden Augenblick bewusst und nicht urteilend zu leben, ist die Achtsamkeitspraxis.
Buddhistische Ursprünge
In den ältesten Formen des Buddhismus spielte Achtsamkeit bereits eine zentrale Rolle. Im frühbuddhistischen Pali-Kanon ist die Achtsamkeit (sati) eine Hauptlehre, die vor allen Dingen in zwei großen Achtsamkeitsreden behandelt wird: dem Satipatthana-Sutta und dem Anapanasati-Sutta. Sie behandeln die vier »Vergegenwärtigungen der Achtsamkeit« und das »Bewusste Ein- und Ausatmen«. Ihr Ziel ist es, durch systematische Übungen Achtsamkeit zu entwickeln.
Die Vipassanâ-Meditation, eine weitere Form der Achtsamkeitspraxis, wird frei mit Einsichtsmeditation übersetzt. Ihre Wurzeln gehen ebenfalls auf die Achtsamkeitsreden des Buddha im Pali-Kanon zurück.
Seit etwa 1970 kennt man diese Meditationsform auch im Westen, da sie besonders durch amerikanische Lehrer wie Jack Kornfield und Sharon Salzberg verbreitet wurde.
Mit ihrer Hilfe lernt man systematisch Körperempfindungen, Gefühle und Gedanken wahrzunehmen und zu erforschen (siehe auch ab > ).
Meditation als Basis
Die Meditation wird als Herzstück der Achtsamkeitspraxis angesehen.
Die formelle Sitz- oder Gehmeditation, für die wir uns eine begrenzte Zeit lang aus dem Alltag zurückziehen, wird als Basis und Vorbereitung betrachtet, um alltägliche Handlungen mit einer höheren Achtsamkeit ausführen zu können.
In der Meditation wird geübt, Situationen nicht mehr automatisch in »mag ich« oder »mag ich nicht« einzuteilen. Denn durch diese innere Bewertung ergeben sich gedankliche Kettenreaktionen und werden Dramen aufgebaut, die Stress und Probleme nähren (siehe auch ab > ). Dazu müssen wir aber erst einmal lernen, zu erkennen, dass wir wertende Gedanken haben – die sowohl positiv als auch negativ sein können – und wie wir gefühlsmäßig darauf reagieren.
Präsent im Augenblick
Wir üben also, die Gefühle und Gedanken, die beim Meditieren auftauchen, wertfrei wahrzunehmen – um sie dann möglichst gleich wieder loszulassen. Üblicherweise geschieht das, indem man den Atem als Anker nimmt und die Aufmerksamkeit immer wieder auf ihn sammelt. So üben wir, mit unserer Aufmerksamkeit von Augenblick zu Augenblick bei nur einer Aufgabe zu verweilen. Allerdings gelingt das nicht von heute auf morgen, weil unser Geist es nicht gewohnt ist, entspannt bei einer Sache zu bleiben. Probieren Sie hier einfach einmal die folgende Übung aus, um einen Eindruck davon zu bekommen, was Achtsamkeitsmeditation sein kann. Sie dauert nur 5 Minuten und lässt sich sicher gut im Alltag einbauen.
Übung: Den Atem erforschen
Wählen Sie eine Sitzhaltung, in der Sie bequem verweilen können, ohne sich zu bewegen.
Schließen Sie Ihre Augen und konzentrieren Sie sich darauf, Ihre Atmung beim folgenden Atemzug in ihrer vollen Länge zu fühlen. Atmen Sie ganz bewusst ein und dann ganz bewusst wieder aus. Stellen Sie sich dabei folgende Fragen:
Wie fühlt sich mein Atem an?
Wo spüre ich die Bewegung der Einatmung?
Wo spüre ich die Bewegung der Ausatmung?
Wie fühlt es sich an, wenn ich die Atmung sanft vertiefe?
Wo genau in meinem Körper erlebe ich den Atem als Entspannung?
Wertfrei wahrnehmen
Wenn wir eine intensivere Beziehung zu unserem Atem entwickelt haben und in der Lage sind, uns länger auf ihn zu konzentrieren, dann üben wir, unsere Körperempfindungen, Gefühle und Gedanken wertfrei wahrzunehmen und uns nicht mehr mit ihnen zu identifizieren. Wenn wir bemerken, dass wir zum Beispiel denken: »Ich bin so sauer auf meinen Freund. Nie geht er abends mit mir aus – ich bin ihm einfach nicht wichtig genug! Früher saß er nicht nur vorm Computer. Wahrscheinlich liebt er mich gar nicht mehr …« und so ein Drama aufbauen, nehmen wir diese Gedankenkette rechtzeitig wahr und realisieren:
»Wut zieht durch mich hindurch.«
Danach kehren wir wieder mit unserer Aufmerksamkeit zum Atem zurück. Wieder und wieder üben wir dieses Zurückkommen zum Atem, und sobald Gedanken und Gefühle auftauchen, versuchen wir, sie achtsam und wertfrei wahrzunehmen. Wir geben acht, uns möglichst nicht mit ihnen zu identifizieren, sondern sie ziehen zu lassen (siehe Praxiskapitel ab > ).
»Wie ein Anker ein Boot vor dem Abdriften bewahrt, sorgt die bewusste Atmung dafür, dass wir uns auf den Moment konzentrieren und unser wahres Selbst nicht aus den Augen verlieren.« Thich Nhat Hanh
Zeitgenössische Achtsamkeitslehrer
Der
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