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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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geschnappt haben.«
    »Das wäre schön. Ich bin froh, daß Sie gestern morgen als erste am Tatort waren. Ich wüßte niemand anderen, mit dem ich diese Spurensuche lieber gemacht hätte.«
    »Ich -«
    »Lincoln«, ertönte eine Stimme. Sie drehte sich um und sah einen Mann in der Tür stehen. Neugierig blickte er sich im Zimmer um und betrachtete die Apparaturen.
    »Sieht aus, als wäre hier einiges los gewesen.«
    »Doktor«, sagte Rhyme. Er lächelte über das ganze Gesicht. »Bitte, kommen Sie herein.«
    Er trat in das Zimmer. »Ich habe Thoms Nachricht erhalten. Ein Notfall, sagte er?«
    »Dr. William Berger, Amelia Sachs.«
    Aber Sachs sah, daß sie für Lincoln Rhyme nicht mehr vorhanden war. Alles, was es noch zu sagen gab - und sie hatte das Gefühl, daß es noch einiges war, vieles möglicherweise -, mußte vorerst warten. Sie ging hinaus. Thom, der draußen auf dem Flur stand, schloß die Tür, hielt inne und bedeutete ihr, höflich wie eh und je, mit einem Kopfnicken, daß sie vorausgehen solle.
    Als Sachs in die schwüle Nacht hinaustrat, hörte sie in unmittelbarer Nähe eine Stimme. »Entschuldigen Sie bitte.«
    Sie drehte sich um und sah Dr. Peter Taylor allein unter einem Gingkobaum stehen. »Kann ich Sie einen Moment sprechen?«
    Sachs ging auf dem Gehsteig hinter ihm her, bis er ein paar Häuser weiter stehenblieb.
    »Ja?« fragte sie. Er lehnte sich an eine Steinmauer und strich sich ein weiteres Mal verlegen über die Haare. Sachs mußte daran denken, wie oft sie Männer schon mit einem einzigen Wort oder Blick eingeschüchtert hatte. Und wie so oft dachte sie: Wie nutzlos ist doch die Macht der Schönheit.
    »Sie sind doch mit ihm befreundet, oder?« fragte der Arzt. »Ich meine, Sie arbeiten mit ihm zusammen, aber Sie sind auch mit ihm befreundet.«
    »Klar. Ich nehm's doch an.«
    »Dieser Mann, der gerade hineingegangen ist, wissen Sie, wer das ist?«
    »Berger heißt er, glaube ich. Er ist Arzt.«
    »Hat er gesagt, woher er kommt?«
    »Nein.«
    Taylor blickte einen Moment lang zu Rhymes Schlafzimmerfenster hinauf. »Kennen Sie die Lethe Society?« fragte er.
    »Nein, oder Moment... Das ist doch eine Sterbehilfe-Organisation, stimmt's?«
    Taylor nickte. »Ich kenne alle Ärzte, die Lincoln behandeln. Aber von einem Dr. Berger habe ich noch nie gehört. Ich dachte mir nur, er könnte möglicherweise zu diesen Leuten gehören.« »Was?«
    Hat er immer noch vor, sich an diese Leute zu wenden ...
    Darum also war es bei dem Gespräch gegangen.
    Sie war so erschrocken, daß sie sich einen Moment wie schwerelos vorkam. »Hat er ... hat er das schon früher ernsthaft in Erwägung gezogen?«
    »O ja.« Taylor seufzte und schaute zum dunstigen Nachthimmel auf. »O ja.« Dann warf er einen Blick auf ihr Namensschild. »Officer Sachs, ich habe stundenlang versucht, es ihm auszureden. Tagelang. Aber ich arbeite schon seit Jahren mit Querschnittsgelähmten, und ich weiß, wie starrköpfig sie sind. Vielleicht hört er auf Sie. Nur ein paar Worte. Ich habe mir gedacht... könnten Sie -«
    »Ach, verdammt noch mal, Rhyme«, brummte sie, ließ den Arzt stehen, ehe er ausgeredet hatte, und rannte davon.
    Thom wollte gerade die Tür schließen, als sie zu dem Stadthaus kam. Sie drängte sich an ihm vorbei. »Hab' mein Dienstbuch vergessen.«
    »Ihr-?«
    »Bin gleich wieder da.«
    »Sie können jetzt nicht nach oben. Sein Arzt ist bei ihm.«
    »Dauert nur einen Moment.«
    Sie war bereits beim ersten Absatz, ehe Thom die Verfolgung aufnahm.
    Er mußte ahnen, daß sie ihn angeschwindelt hatte, denn er nahm zwei Stufen auf einmal. Doch sie hatte einen ordentlichen Vorsprung und stieß bereits die Tür zu Rhymes Schlafzimmer auf, ehe der Adlatus oben war.
    Sie stürmte hinein, erschreckte sowohl Rhyme als auch den Doktor, der mit verschränkten Armen an einem Tisch lehnte. Sie schlug die Tür zu und schloß ab. Thom hämmerte dagegen. Berger drehte sich zu ihr um, runzelte die Stirn und musterte sie fragend.
    »Sachs«, stieß Rhyme aus.
    »Ich muß mit Ihnen reden.« »Worüber?«
    »Über Sie.«
    »Später.«
    »Wann denn, Rhyme?« fragte sie spöttisch. »Morgen? Nächste Woche?«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Wollen Sie sich vielleicht, sagen wir mal, Mittwoch in einer Woche mit mir verabreden? Werden Sie dazu in der Lage sein? Sind Sie dann überhaupt noch da?«
    »Sachs -«
    »Ich möchte mit Ihnen reden. Allein.«
    »Nein.«
    »Dann müssen wir's auf die harte Tour machen.« Sie baute sich vor Berger auf.

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