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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Und ich habe nicht genügend auf ihn aufgepaßt. Leise jetzt, sonst kann ich nichts hören.« Er steckte sich das Stethoskop in die Ohren, blies die Manschette auf und ließ langsam die Luft ab. »Mist. Diastolischer Blutdruck steht bei hundertfünfundzwanzig. Mist.«
    Herr im Himmel, dachte Sachs. Er nippelt uns ab.
    Thom deutete mit dem Kopf auf die schwarze Tasche. »Suchen Sie das Fläschchen mit dem Nifedipin. Und packen Sie eine Spritze aus.« Während sie suchte, zog Thom Rhymes Jeans herunter, nahm einen der neben dem Bett liegenden Katheter und riß die Plastikverpackung auf. Er bestrich das eine Ende mit Vaseline, hob Rhymes blassen Penis etwas an und führte den Katheter sacht, aber mit flinker Hand ein.
    »Das ist eine der Ursachen. Ein voller Darm und zuviel Druck auf der Blase können einen Anfall auslösen. Er hat heute viel mehr getrunken, als ihm guttut.«
    Sie packte eine Spritze aus, sagte aber: »Ich weiß nicht, wie man damit umgeht.«
    »Ich mach' das schon.« Er blickte zu ihr auf. »Dürfte ich Sie bitten ... würde es Ihnen etwas ausmachen, das hier zu übernehmen? Ich möchte nicht, daß das Röhrchen abknickt.«
    »Na klar. Sicher.«
    »Möchten Sie Handschuhe?«
    Sie zog ein Paar über und ergriff Rhymes Penis vorsichtig mit der linken Hand. Mit der rechten nahm sie das Röhrchen. Es war sehr, sehr lange her, daß sie einen Mann so gehalten hatte. Die Haut war weich, und ihr fiel einmal mehr auf, wie merkwürdig es war, daß dieses Organ, dieser Inbegriff des Männlichen, die meiste Zeit über zart wie Seide war,
    Thom setzte mit geübter Hand die Spritze.
    »Komm schon, Lincoln ...«
    In der Ferne ertönte eine Sirene.
    »Sie sind gleich da«, sagte sie und blickte zum Fenster.
    »Wenn wir ihn jetzt nicht hinkriegen, können die auch nichts mehr machen.«
    »Wie lange dauert es, bis das Medikament wirkt?«
    Thom starrte auf Rhymes reglosen Körper und sagte: »Eigentlich sollte es schon wirken. Aber wenn ich es zu hoch dosiere, verfällt er in einen Schock.« Der Adlatus bückte sich und zog ein Lid hoch. Die blaue Pupille war glasig, blicklos.
    »Gefällt mir gar nicht.« Er maß erneut den Blutdruck. »Hundertfünfzig. Herrgott.«
    »Das bringt ihn um«, sagte sie.
    »Oh. Das wäre nicht das Schlimmste.«
    »Was?« flüsterte Amelia Sachs erschrocken.
    »Der Tod macht ihm nichts aus.« Er blickte kurz auf, so als wäre er überrascht, daß sie noch nicht darauf gekommen war. »Er will nur nicht, daß die Lähmung noch schlimmer wird, als sie schon ist.« Er bereitete eine weitere Injektion vor. »Möglicherweise hatte er schon einen. Einen Schlaganfall, meine ich. Davor hat er eine Heidenangst.«
    Thom beugte sich vor und setzte eine weitere Spritze.
    Die Sirene war jetzt ganz in der Nähe. Wildes Gehupe war zu hören, vermutlich weil wieder andere Fahrzeuge dem Rettungswagen den Weg versperrten und sich beim Ausweichen viel Zeit ließen - eine der Großstadtmacken, die Sachs jedesmal zur Weißglut brachten.
    »Sie können den Katheter jetzt herausnehmen.«
    Vorsichtig zog sie das Röhrchen heraus. »Soll ich...« Sie nickte zu dem Urinbeutel hin.
    Thom rang sich ein mattes Lächeln ab. »Das ist meine Aufgabe.«
    Mehrere Minuten vergingen. Offenbar kam der Notarztwagen nicht voran. Dann ertönte eine blecherne Lautsprecherstimme, und allmählich rückte die Sirene näher.
    Plötzlich rührte sich Rhyme. Er schüttelte leicht den Kopf. Drehte ihn dann hin und her, drückte ihn ans Kissen. Seine Haut wirkte nicht mehr ganz so glühend rot.
    »Lincoln, kannst du mich hören?«
    »Thom ...«, stöhnte er.
    Rhyme zitterte heftig. Thom deckte ihn wieder zu.
    Sachs ertappte sich dabei, wie sie über Rhymes zerzauste Haare strich. Sie nahm ein Papiertuch und wischte ihm die Stirn ab.
    Dann ertönten laute Schritte auf der Treppe, und zwei stämmige Notärzte mit knackenden Funkgeräten tauchten auf. Sie stürmten in das Zimmer, maßen Rhymes Blutdruck und überprüften den Nervenstimulator. Kurz darauf traf Dr. Peter Taylor ein.
    »Peter«, sagte Thom. »Die übliche Dysregulation.«
    »Blutdruck?«
    »Jetzt ist er wieder runter. Aber es stand schlecht. Hoch bis auf hundertfünfzig.«
    Der Arzt verzog das Gesicht.
    Thom stellte Taylor den beiden Medizinern vor. Sie waren sichtlich erleichtert, daß ein Fachmann vor Ort war, und traten einen Schritt zurück, als Taylor sich zum Bett begab.
    »Doktor«, sagte Rhyme benommen.
    »Sehen wir uns doch mal die Augen an.« Taylor leuchtete Rhymes

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