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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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aus, als läge eine Glühbirne drin. Nein, keine ganze Birne, nur die Glühdrähte und der Sockel mit dem Gewinde, der in eine Lampenfassung geschraubt war. Durch einen Draht, der aus dem Krug herausführte, war die Fassung mit einem dieser Zeitschalter verbunden, mit denen man das Ein- und Ausschalten des Lichtes einstellen konnte, wenn man in Urlaub fuhr. Es sah aus wie -
    Eine Bombe! Jetzt bemerkte sie auch den schwachen Benzingeruch.
    Nein, nein ...
    Carole schluchzte verzweifelt und kroch so weit wie möglich vom Tisch weg. Dort, an der Wand, war ein Aktenschrank. Der könnte ihr zumindest ein bißchen Deckung bieten. Sie zog die Beine an, bekam es plötzlich mit der Angst zu tun und streckte sie sofort wieder aus. Durch die jähe Bewegung verlor sie das Gleichgewicht. Und zu ihrem Entsetzen wurde ihr klar, daß sie wieder auf den Rücken rollte. O nein. Nicht... Einen Moment lang gewann sie die Balance zurück, rührte sich kurzzeitig nicht von der Stelle. Zitternd vor Anstrengung versuchte sie, sich etwas vornüber zu beugen. Doch dann rollte sie weiter und fiel auf ihre gefesselten Hände, so daß das gebrochene Gelenk ihr ganzes Körpergewicht auffing. Einen Moment lang wurde sie von einem unerträglichen Schmerz übermannt, dann verlor sie wieder die Besinnung.
     
     
    FÜNFUNDZWANZIG
    »Nie und nimmer, Rhyme. Das dürfen Sie nicht tun.«
    Berger war sichtlich unwohl zumute. Rhyme vermutete, daß er im Rahmen seiner Tätigkeit schon alle möglichen Situationen erlebt hatte, in denen sich ähnlich hysterische Szenen abspielten. Die größten Schwierigkeiten bereiteten Berger vermutlich nicht die Sterbewilligen, sondern diejenigen, die alle anderen am Leben erhalten wollten.
    Thom hämmerte an die Tür.
    »Thom«, rief Rhyme. »Ist schon gut. Du kannst uns allein lassen.« Dann zu Sachs. »Wir haben uns voneinander verabschiedet. Sie und ich. Einen sauberen Abgang zu ruinieren, das gehört sich nicht.«
    »Sie dürfen das nicht tun.«
    Wer hatte sie verpfiffen? Pete Taylor möglicherweise. Der Arzt mußte erraten haben, daß er und Thom gelogen hatten.
    Rhyme sah, wie ihr Blick auf die drei Gegenstände auf dem Tisch fiel. Die Gaben der Weisen. Der Cognac, die Tabletten und die Plastiktüte. Dazu ein Gummiring, der jenen glich, die Sachs noch immer über ihre Schuhe gezogen hatte. (Wie oft war er von einem Tatort nach Hause gekommen und hatte festgestellt, daß Blaine entsetzt auf die Gummis an seinen Schuhen starrte ? »Die Leute müssen doch denken, mein Mann kann sich keine neuen Schuhe leisten. Deshalb befestigt er die Sohlen mit Gummiringen. Also ehrlich, Lincoln!«)
    »Sachs, nehmen Sie dem guten Doktor die Handschellen ab. Ich muß Sie ein letztes Mal darum bitten zu gehen.«
    Sie lachte kurz und rauh auf. »Entschuldigen Sie. In New York ist so was ein Verbrechen. Wenn die Staatsanwaltschaft will, kann sie es sogar als Mord hinstellen.«
    »Ich habe lediglich ein Gespräch mit einem Patienten geführt«, sagte Berger.
    »Deswegen lautet die Anschuldigung ja auch nur auf einen Versuch. Bislang. Vielleicht sollten wir Ihre Personalien und Ihre Fingerabdrücke mal über unseren Fahndungscomputer laufen lassen. Mal sehen, was dabei rauskommt.«
    »Lincoln«, sagte Berger rasch, gehetzt. »Ich kann nicht -«
    »Wir werden uns schon etwas einfallen lassen«, sagte Rhyme. »Sachs, bitte.«
    Breitbeinig stand sie da, die Hände in die schmale Taille gestützt, das hinreißende Gesicht streng und unerbittlich. »Gehen wir«, herrschte sie den Arzt an.
    »Sachs, Sie haben keine Ahnung, wie wichtig das ist.«
    »Ich lasse nicht zu, daß Sie sich umbringen.«
    »Zulassen?« versetzte Rhyme. »Zulassen? Und warum, bitte schön, brauch' ich dazu Ihre Erlaubnis?«
    »Miss ... Officer Sachs«, sagte Berger. »Es ist seine Entscheidung, und er hat sie aus freien Stücken getroffen. Lincoln weiß besser Bescheid als die meisten Patienten, mit denen ich zu tun habe.«
    »Patienten? Opfer, meinen Sie wohl.«
    »Sachs!« rief Rhyme, und er bemühte sich darum, nicht verzweifelt zu klingen. »Es hat ein Jahr gedauert, bis ich jemanden gefunden habe, der mir hilft.«
    »Vielleicht weil es nicht recht ist. Haben Sie sich das schon mal überlegt? Warum jetzt, Rhyme, mitten in diesem Fall?«
    »Wenn ich einen weiteren derartigen Anfall erleide und vielleicht einen Schlaganfall dazu, wäre ich womöglich überhaupt nicht mehr in der Lage, mich noch mitzuteilen. Unter Umständen müßte ich vierzig Jahre lang bei vollem

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