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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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heißt auf englisch >tailor<«
    Stanton nickte. »Ich habe wochenlang in der Bibliothek gesessen und Fachbücher über Rückenmarkverletzungen gelesen. Dann habe ich bei Ihnen angerufen, habe behauptet, ich sei ein von der Columbia University empfohlener Rückenmarkspezialist. Ich wollte Sie beim ersten Hausbesuch töten, langsam töten, Sie verbluten lassen. Es hätte stundenlang dauern können. Tagelang sogar. Aber was war los?« Er riß die Augen weit auf. »Ich mußte feststellen, daß sie Selbstmord begehen wollten.«
    Er beugte sich zu Rhyme herab. »Herrgott, ich kann mich noch genau erinnern, wie ich Sie zum erstenmal gesehen habe. Sie Mistkerl. Sie waren so gut wie tot. Und ich wußte, was ich tun mußte - ich mußte dafür sorgen, daß Sie weiterleben wollen. Wieder einen Sinn im Leben sehen.«
    Folglich hatte es keine Rolle gespielt, wen er gekidnappt hatte. Es hätte jeden treffen können. »Es war Ihnen völlig gleichgültig, ob die Opfer umkamen oder überlebten.«
    »Selbstverständlich. Schließlich wollte ich nur Sie dazu bringen, sich zu bemühen, die Opfer zu retten.«
    »Der Knoten«, sagte Rhyme mit einem Blick zu der Wäscheleine, die neben dem Poster hing. »Verknüpft man so den Zwirn, wenn man eine Wunde vernäht?«
    Er nickte.
    »Natürlich. Und die Narbe an Ihrem Finger?«
    »An meinem Finger?« Er runzelte die Stirn. »Woher wissen Sie ... Ihr Hals! Sie haben einen Fingerabdruck an ihrem Hals gesichert. Bei Hanna. Ich wußte, daß es möglich ist. Aber ich habe nicht daran gedacht.« Er war sichtlich wütend auf sich.
    »Ich habe in der Bibliothek dieser Nervenklinik ein Glas zerbrochen«, fuhr Stanton fort. »Weil ich mir die Pulsadern aufschneiden wollte. Ich habe es in der Hand zerdrückt.« Er fuhr mit dem linken Zeigefinger über die Narbe.
    »Diese Todesfälle«, sagte Rhyme so ruhig wie möglich, »Ihre Frau und Ihre Kinder. Das war ein Unfall. Ein schrecklicher Unglücksfall, absolut entsetzlich. Aber es geschah nicht vorsätzlich. Es war ein Versehen. Und es tut mir unendlich leid um Sie und Ihre Angehörigen.«
    In einem seltsamen Singsang versetzte Stanton: »Können Sie sich erinnern, was Sie geschrieben haben?.. .Im Vorwort zu Ihrem Lehrbuch?« Er zitierte es aus dem Stegreif. »>Ein Kriminalist weiß, daß jeder Vorgang, jedes Verhalten, gewisse Folgen zeitigt. Durch die bloße Anwesenheit des Straftäters verändert sich der Ort, an dem die Tat begangen wurde - er birgt Spuren, wie unscheinbar diese auch sein mögen. Deswegen können wir Kriminelle überführen, sie aufspüren und ihrer gerechten Strafe zuführen. <« Stanton packte Rhymes Haare und zog seinen Kopf nach vorne. Ihre Gesichter waren nur mehr wenige Zentimeter voneinander entfernt. Rhyme konnte den Atem des Irren riechen, die Schweißperlen auf der grauen Haut sehen. »Nun, ich bin die Folge Ihres Verhaltens.«
    »Was wollen Sie damit erreichen? Sie können mich umbringen, aber schlechter als jetzt kann es mir gar nicht gehen.«
    »Oh, aber ich habe nicht vor, Sie zu töten. Noch nicht.«
    Stanton ließ Rhymes Haare los und trat einen Schritt zurück.
    »Wollen Sie wissen, was ich vorhabe ?« flüsterte er. »Ich werde diesen Arzt töten, diesen Berger. Aber nicht so, wie er es gewohnt ist. O nein, ohne Schlaftabletten und Alkohol. Auf die ganz altmodische Art. Mal sehen, wie ihm das schmeckt. Danach ist Ihr Freund Sellitto dran. Und Officer Sachs. Die auch. Sie hat einmal Glück gehabt. Aber beim nächsten Mal kriege ich sie. Die bekommt wieder ein Begräbnis. Und Thom selbstverständlich auch. Der wird vor Ihren Augen sterben. Entbeinen werde ich ihn ... ganz langsam.« Stanton atmete rascher. »Vielleicht nehmen wir ihn uns heute noch vor. Wann wird er zurückerwartet?«
    »Ich habe den Fehler begangen. Es ist meine -« Rhyme mußte plötzlich husten. Er räusperte sich, rang nach Atem. »Es ist meine Schuld. Von mir aus können Sie mit mir machen, was Sie wollen.«
    »Nein, ihr seid alle dran. Es ist -«
    »Bitte. Sie dürfen nicht -« Wieder mußte Rhyme husten. Diesmal schüttelte es ihn regelrecht. Er faßte sich wieder.
    Stanton musterte ihn.
    »Sie dürfen ihnen nichts tun. Ich bin zu allem bereit, was -« Rhymes Stimme versagte. Er riß den Kopf zurück, und die Augen traten hervor.
    Dann setzte sein Atem aus. Er warf den Kopf hin und her, seine Schultern zuckten. Die Sehnen an seinem Hals wurden straff wie Stahlseile.
    »Rhyme!« schrie Stanton.
    Rhyme, dem der Speichel aus dem Mund rann, zitterte

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