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Der Koch

Der Koch

Titel: Der Koch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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angeboten. Vielleicht will sich einer von euch mit einschreiben.« Fink hatte bemerkt, dass Andrea mit ihrem Bestellblock in der Hand hereingekommen war. »Wie man ein richtiges Curry macht. Einführungskurs für Anfänger.«
    Maravan hatte nur dagestanden und geschwiegen. Aber jetzt bemerkte er Andrea und sagte: »Ich wollte nur helfen.«
    »Das sollst du ja auch, helfen. Dafür bist du ja Küchengehilfe. Du sollst helfen, Pfannen putzen, Teller spülen, Salat waschen, Verschüttetes aufwischen. Aber mir das Kochen beibringen? Danke, es geht noch so halbwegs, ich schaff gerade noch so knapp ein bisschen Curry!«
    Ohne Andrea als Zeugin hätte sich Maravan jetzt entschuldigt und wäre zu seinen Pfannen zurückgegangen. Aber jetzt sagte er mutig: »Ich habe mein ganzes Leben lang Currys gekocht.«
    »Ach ja? Du hast Curry studiert? Verzeihung, Doktor Curry. Oder schon Professor?«
    Maravan wusste keine Antwort. In die Stille, die entstanden war, sagte Andrea: »Ich würde gerne einmal eines deiner Currys versuchen, Maravan. Kochst du mir mal eines?«
    Maravan konnte nicht antworten vor Überraschung. Er nickte.
    »Montagabend?« Am Montag hatte der Huwyler geschlossen.
    Maravan nickte. »Versprochen?« »Versprochen.«
    Von Finks Curry stieg jetzt Rauch auf, und es roch verbrannt.
    Maravan ahnte, dass Andreas Eingreifen ihm mehr geschadet als genützt hatte. Es hatte ihm nicht nur die Feindschaft von Fink eingetragen, sondern auch den Neid von allen anderen. Trotzdem war ihm so leicht ums Herz wie schon lange nicht mehr. Er verrichtete fröhlich die niedrigen Arbeiten und störte sich nicht daran, dass ihm an diesem Tag niemand eine etwas anspruchsvollere zuwies.
    Hatte sie es ernst gemeint? Wollte sie wirklich, dass er für sie kochte? Und wo? Bei ihm zu Hause? Die Vorstellung, in seiner kleinen Wohnung eine Frau wie Andrea zu empfangen und zu bewirten, weckte Zweifel, ob er sich tatsächlich wünschte, dass sie es ernst gemeint hatte.
    Sie ließ ihn in dieser doppelten Ungewissheit zappeln. Als er endlich Feierabend machen konnte, war sie schon gegangen.
     
    Hans Staffel war zum ersten Mal mit seiner Frau im Huwyler. Geschäftlich war er schon zwei, drei Mal gezwungen gewesen, hier zu essen, und nach jedem Mal musste er Beatrice versprechen, sie auch einmal hierher auszuführen. Doch wie es so ist im Leben eines Managers: Wenn er einmal einen Abend freihat, bleibt er lieber zu Hause.
    Aber diesmal gab es keine Ausrede: Er hatte etwas zu feiern, das er zum jetzigen Zeitpunkt nur mit seiner Frau teilen durfte. Der Chefredakteur der wichtigsten Wirtschaftszeitschrift des Landes hatte es ihm unter dem Siegel strengster Geheimhaltung verraten: Hans Staffel war Manager des Monats Mai. In zehn Tagen würde es offiziell sein.
    Beatrice wusste es noch nicht. Er wollte es ihr zwischen Amuse-bouche und Fleischgang sagen, irgendwann, wenn es passte und der Sommelier gerade nachgeschenkt hatte.
    Staffel war der CEO der Kugag, eines alten Familienunternehmens der Maschinenindustrie, dessen Leitung er vor zwölf Jahren übernommen und - das waren die Worte des Chefredakteurs - das er regeneriert hatte. Er hatte die Eigentümer dazu überredet, in eine Neuausrichtung der Produktpalette auf Umwelttechnik zu investieren und mit einem Börsengang dem Unternehmen neues Kapital zuzuführen. Die Kugag hatte eine kleine Firma mit einer Anzahl Patente für Bestandteile von Sonnenkollektoren gekauft und war in kurzer Zeit zu einem wichtigen Zulieferer der Solarindustrie geworden. Der Börsenkurs war entgegen dem Trend stetig gestiegen und er selbst zu einem wohlhabenden Mann geworden. Er hatte sich einen Teil seines Gehaltes in den beim Börsengang noch sehr preiswerten Aktien auszahlen lassen.
    Sie hatten zweimal Menu Surprise bestellt, Beatrice ohne eventuelle Innereien und Froschschenkel. Er hatte sich aus Rücksicht auf die Küche diesen Bedingungen angeschlossen.
    Die große bleiche Kellnerin mit dem langen, schwarzen, ganz nach rechts gekämmten Haar hatte eben den Fischgang gebracht - zwei glasierte Riesencrevetten auf einer etwas unangenehm schmeckenden Sülze. Der Sommelier schenkte Champagner nach - sie hatten beschlossen, auf den Weißwein zu verzichten und bis nach dem Fischgang beim Champagner zu bleiben. Der Moment war also wie geschaffen.
    Staffel hob das Glas, lächelte seine Frau an und wartete, bis diese ebenfalls das Glas in die Höhe hielt. Sie tat es und wusste, dass jetzt das kommen würde, dem sie diesen Abend zu

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