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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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meisten Cops nicht erfreut waren, mich zu sehen. Trotzdem traten sie beiseite, als Mills mich durch den verstaubten Laden nach hinten zum Lager führte. Mein Bauch sagte mir, dass sie es mehr aus Respekt vor Mills und meinem Vater taten als aus Mitgefühl für den Schmerz, den sie bei mir vielleicht vermuteten.
    Und da war er, einfach so. Rippen schimmerten fahl durch einen langen Riss in einem Hemd, das ich vergessen hatte; jetzt erinnerte ich mich wieder gut daran. Er sah ein bisschen aus wie ein zerbrochenes Kruzifix: Der eine Arm war seitlich ausgestreckt, die Beine übereinander geschlagen. Sein Gesicht war größtenteils unter einem Stück Stoff verborgen, das aussah wie ein Schwesternkittel am Kleiderbügel, aber ich sah ein porzellanweißes Stück Kieferknochen, und ich erinnerte mich an die Barthaare, die dort gewesen waren, hell und nass im Licht der Straßenlaterne an dem Abend, als ich ihn zuletzt lebend gesehen hatte.
    Ich spürte Blicke auf mir, und jemand zog mich weg. Ich betrachtete die erwartungsvollen Cops, die hier versammelt waren; einige waren nur neugierig, und andere, das wusste ich, lechzten insgeheim nach persönlicher Genugtuung. Sie alle wollten es sehen —mein Gesicht, das Gesicht eines Strafverteidigers hier an diesem muffigen Ort, wo ein Mord mehr war als eine bloße Fallakte. Wo das Opfer aus Fleisch und Blut war und der Geruch der einer Familie, die zu Staub zerfallen war.
    Ich spürte ihre Blicke. Ich wusste, was sie wollten. Also drehte ich mich wieder um und betrachtete die fast leeren Kleider und den weißen Schimmer der Knochen, fahl und gebogen. Aber ich würde ihnen den Gefallen nicht tun, und mein Körper verriet mich nicht. Dafür war ich dankbar. Denn was ich empfand, waren die Rückkehr einer Wut, die lange geschummert hatte, und die feste Oberzeugung, dass mein Vater mir nie so menschlich erschienen war wie jetzt.

ZWEI
    I ch starrte den Leichnam meines Vaters an und bezweifelte, dass ich diesen Anblick je vergessen würde. Sollte ich es überhaupt versuchen? Ich bückte mich, als wollte ich ihn anfassen, und hörte, wie Mills sich hinter mir bewegte. Sie legte mir die Hand auf die Schulter und zog mich zurück. »Das reicht«, sagte sie und führte mich mit hartem Blick vom Tatort zurück zu meinem teuren, aber ziemlich alten Wagen. Ich sah ihr nach, als sie zu dem klaffenden Eingangsloch zurückging. Zweimal drehte sie sich nach mir um. Beim letzten Mal nickte ich ihr zu, und sie verschwand im Gebäude. Dann versuchte ich, Jean über mein Handy anzurufen. Ihre Mitbewohnerin, eine schroffe Frau namens Alex, meldete sich beim ersten Klingeln. Sie war schmallippig und körperbetont. Wir verstanden uns nicht, und die Liste meiner Fragen war größer als ihr Vorrat an Antworten. Ihre Beziehung zu meiner Schwester harre den Brunnen der Familie schon vor langer Zeit vergiftet, und sie machte kein Hehl daraus, was sie von mir hielt. Ich war eine Bedrohung.
    »Kann ich mit Jean sprechen?«, fragte ich.
    «Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie nicht da ist.«
    »Wo finde ich sie?« Am anderen Ende war es still, und dann hörte ich das Klicken eines Feuerzeugs. »Es ist wichtig«, beharrte ich.
    Ich hörte, wie sie inhalierte, als müsste sie nachdenken, aber ich wusste es besser. Alex rückte niemals freiwillig etwas heraus, jedenfalls nicht mir gegenüber.
    »Auf der Arbeit«, sagte sie schließlich, und ich fragte mich, wann meine Stimme in diesem Haus das letzte Mal willkommen gewesen war.
    »Danke«, sagte ich, aber sie hatte schon aufgelegt.
    Jean gegenüberzutreten, war das Letzte, was ich mir wünschte, schon gar nicht da, wo sie arbeitete und wo der Gestank des Abstiegs sich tiefer als anderswo in ihre Haut gegraben haben musste. Aber es war der Geruch von Salami und Pilzen, der mir entgegenschlug, als ich das alte Pizza Hut in der West Innes Street betrat. Ein abgestandener Geruch, der Erinnerungen an Highschool-Dates und unbeholfene Küsse aufwühlte. Damals lachten wir immer über Leute wie meine Schwester, und die Erinnerung daran ließ meine Schultern noch weiter herabhängen, als ich zur Theke ging.
    Ich kannte den Geschäftsführer nur vom Sehen, und wieder erfuhr ich, dass Jean nicht zu sprechen war. »Macht eine Lieferung«, sagte er. »Sie können gern warten.«
    Ich setzte mich auf eine rote Vinylbank und bestellte mir zur Gesellschaft ein Bier. Es war kalt und schmeckte nach nichts. Genau das, was ich an diesem Tag brauchte. Ich trank es in kleinen Schlucken,

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