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Der König von Havanna

Der König von Havanna

Titel: Der König von Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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einigen vor Anker liegenden Schiffen, die auf ihren Einsatz warteten. Das gleißende Sonnenlicht blendete ihn, aber mit etwas Anstrengung konnte er Leute sehen, die auf einer Müllhalde wühlten, Kinder und Erwachsene. Er hatte Hunger und dachte sich, er könne vielleicht auf der Müllhalde etwas finden. Er wollte abwarten, bis sie gegangen waren, aber waren die einen weg, kamen andere. Es wurde Nacht, und er entdeckte in Richtung Müllhalde ein kleines Licht. Vielleicht war da jemand, der etwas zu essen für ihn hatte. Verstohlen näherte er sich, völlig geräuschlos. Es waren drei Männer und eine Frau, alle sehr schmutzig. Wahrscheinlich die Leute, die er tagsüber auf der Müllhalde beobachtet hatte. Sie sahen freundlich aus. Alle schwiegen. In der Dunkelheit brannte ein Kerosinbrenner und warf sein Licht auf sie. Erst traute er sich nicht, überwand sich aber schließlich doch, trat näher und grüßte.
    »Guten Abend.«
    Alle sahen ihn an und antworteten nicht. Sie waren sehr schmutzig, verharrten erwartungsvoll und angespannt.
    »Haben Sie vielleicht etwas zu essen für mich …?«
    »Nein!«, schnitt ihm einer der Männer das Wort ab.
    Ein anderer, mit einem Stück Brett in der Hand, stand auf. Drohend rief er: »Los, sieh zu, dass du weiterkommst!«
    Rey wich ein paar Schritte zurück, ohne dem drohenden Mann den Rücken zuzukehren, und blieb hartnäckig: »Ich hab bloß Hunger.«
    »Wir auch. Los, kusch dich, weg hier!«
    »Das sagt man zu einem Hund.«
    »Und genau das bist du. Los, los, weg hier!«
    Er ging hinunter zur Landstraße. Zwei Laster, die auf der Müllhalde entladen wollten, fuhren an ihm vorbei und wirbelten ihm Staub ins Gesicht. Sie hatten es ziemlich eilig. Dahinter tauchte ein Streifenwagen der Polizei auf. Er sah ihn erst, als es zu spät war, sich zu verstecken. Vor Schreck wollte er sich schon in die Hose machen, aber der Wagen fuhr schnell an ihm vorbei. Erleichtert atmete er auf. Zwei Sekunden später schnitt der Streifenwagen den Lastern den Weg ab und stoppte sie. Er schlug sich ins Gebüsch, um zu scheißen. Er hatte Verstopfung, und das Scheißen tat ihm weh. Seit Tagen hatte er nicht mehr gekackt, also kam ihm der Schreck wie gerufen. Mit einem Hemdzipfel wischte er sich ab. Dann kehrte er in sein Versteck zurück und beobachtete alles. Ein paar Minuten später kamen zwei weitere Streifenwagen angefahren. Die Polizisten inspizierten die Laster, sprachen miteinander, überprüften Papiere, warteten, sagten wieder etwas. Schließlich fuhren sie davon. Jeder in seine Richtung. Was mochte da geschehen sein? Kurz darauf schlief Rey ein. Als er wieder aufwachte, war er hungrig wie ein Wolf. Es war noch dunkel. Er stand auf und ging langsam aus seinem Versteck heraus. Er beeilte sich nie. Wozu auch?
    Als der Morgen dämmerte, sah er die ersten Häuser von Regla. Nie zuvor war er in diesem Dörfchen auf der anderen Seite der Bucht gewesen. Als er noch in San Lázaro gelebt hatte, war er nie über die paar Wohnblocks hinausgekommen. Er hörte, wie die Leute von Cerro, Luyanó, Regla und Guanabacoa sprachen, aber nie rührten sie sich vom Fleck. Danach war er über drei Jahre eingesperrt gewesen.
    Ob man ihn wohl suchte? Und wenn schon, ihm war’s egal. Er setzte sich auf eine Türschwelle und wartete, dass es hell wurde. Er war an Hunger gewöhnt. Sein Leben lang. Wie lange hatte er jetzt nichts gegessen und kein Wasser getrunken? Zwei Nächte und einen Tag. Halb betäubt lehnte er sich an die Wand. Kurz darauf machte ein paar Schritte von ihm entfernt ein kleiner Imbissstand auf. Die ersten Leute waren unterwegs. Sie traten heran, um einen Kaffee zu trinken. Einige aßen eine Empanada. Hunger und Durst und der Fußmarsch hatten ihn erschöpft, und ihm war schwindlig, aber er riss sich zusammen und schleppte sich hinüber. Er streckte die Hand aus: »Helfen Sie mir, ich muss etwas essen.« Angewidert sahen ihn die Leute an wie einen räudigen Hund. Der Besitzer des Imbissstands verscheuchte ihn: »Los, mach, dass du wegkommst.« Er entfernte sich ein paar Schritte, hielt seine Hand aber noch immer ausgestreckt: »Helfen Sie mir, etwas zum Essen.« Ein alter Schwarzer blieb vor ihm stehen und sah ihn an. Er war ärmlich gekleidet und trug drei farbige Halsbänder.
    »Was ist mit dir?«
    »Geben Sie mir etwas zu essen, Señor.«
    »Warum arbeitest du nicht, mein Junge, in deinem Alter?«
    »Helfen Sie mir, Señor, ich habe Hunger.«
    Der Mann gab ihm ein bisschen Kleingeld und ging

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