Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
aus ihren Gedanken.
Gehorsam folgte sie ihm zurück ins Büro und sagte so freundlich wie möglich: „Gut, dann kümmern wir uns als Erstes um Vermisste und Unfälle der letzten Tage rund um den Rhein. Das mache ich, und sollte ich was haben, informiere ich Bauer, damit er hinfährt und sich ansieht, ob da noch Spuren sind. Rheinkniebrücke, Südbrücke und Hafen werden schon überprüft.“
Fred öffnete zwei kleine Milchdöschen, schüttete den Inhalt in seinen und in Lias Becher und nickte ihr wohlwollend zu.
„Und du, Pet, rufst alle Düsseldorfer Krankenhäuser an und fragst, wann die zuletzt eine Leiche explantiert haben“, fuhr Lia fort. „Wenn du es schaffst, auch die in der Umgebung. Sobald ich mit den Unfällen durch bin, helfe ich dir dabei.“
Sie zog ihren Stuhl zu sich heran, nahm Platz und schaltete den PC ein.
„Was ist das eigentlich genau, eine Explantation?“, erkundigte sich der junge Mann hinter Julians Bildschirm.
„Organspende nach dem Hirntod“, sagte Fred knapp.
„Ich habe noch nie eine Leiche gesehen“, flüsterte er.
„Du hast dir für deinen Einstieg auch die ungewöhnlichste Leiche ausgesucht, die wir in den letzten Monaten zu bieten hatten. Ich muss los. Bis später.“
Lia spürte eine seltsame Nervosität bei Fred und fragte sich, woher sie rührte.
„Okay, Pet.“ Sie ging zu ihm hinüber und hielt ihm ihre Hand hin. „Ich bin Lia Willach und für die Zeit deines Praktikums deine Chefin. Ich bin eigentlich ganz nett, nur manchmal etwas aufbrausend, und wenn ich einen Kater habe, sprich mich nicht vor elf Uhr an. Kannst du dir das merken?“
Pet sah schüchtern zu ihr hoch und nickte ergeben.
„Während ich in der Datenbank suche, wer als vermisst gemeldet ist, und prüfe, ob die Person in Frage kommt, trägst du deine Ergebnisse in dieses Formular ein.“ Sie beugte sich über seine Schulter, klickte ein Icon auf dem Desktop an und wartete, bis die notwendige Datei aufgerufen war. „Alles klar?“
Lia ging zurück an ihren Schreibtisch und begann, die Vermisstendatenbank abzuarbeiten. Sie strichen Krankenhaus um Krankenhaus und Beerdigungsunternehmen um Beerdigungsunternehmen von ihrer endlosen Liste. Um kurz vor zehn Uhr knallte Lia den Hörer auf die Gabel.
„Wieder nichts?“, fragte Pet von der anderen Seite des Schreibtisches. Lia schüttelte den Kopf und strich das Marienhospital von der Liste.
„Ich bin mit den Düsseldorfer Krankenhäusern durch“, sagte sie. „Was macht die Umgebung?“
Pet zeigte mit dem Daumen nach unten, murmelte: „Ja, ich warte noch“, in den Telefonhörer, den er zwischen Ohr und Schulter geklemmt hatte, und kritzelte mit der linken Hand auf einem Zettel herum.
„Wen hast du dran?“
„Wuppertal.“
„Leg auf, wir versuchen es später noch einmal. Jetzt holen wir uns Kaffee und gehen zur Besprechung.“
Im grell erleuchteten Flur war kaum Betrieb. Nur die schwarzen Schlieren auf dem grünen Boden zeugten davon, dass hier schon einige Kollegen mit Winterschuhen durchgestapft waren. Irgendwo zog es durch ein offenes Fenster, dann knallte eine Tür. Vor dem Kaffeeautomaten stand Heinrich Bauer und schob mit seinen langen Fingern Zehn-Cent-Stücke in den Schlitz. Zwei fielen zu Boden. Lia hob sie auf und warf sie ein.
„Danke. Schon was gefunden?“
Lia schüttelte den Kopf und wartete schweigend, bis Bauer den hellbraunen Becher nahm und Richtung Besprechungsraum ging. Lia warf eine Münze ein, wartete kurz und schlug so plötzlich mit der flachen Hand gegen den Automaten, dass Pet zusammenzuckte. Es klickte, der Euro fiel durch, und Lia tätschelte den Automaten. Dann griff sie nach ihrem Becher und zog Pet am Ärmel mit sich.
Gerichtsmediziner Bauer und seine schöne Mitarbeiterin Karla, Fred von der Spurensicherung und ihr Chef Alexander Schüttler befanden sich bereits in dem stark überheizten Raum. Schüttler saß abwartend am Tisch, den Kopf zwischen den Schultern eingezogen, wie er es immer tat, wenn er unter Druck stand. Seine gegelten schwarzen Haare klebten am Kopf, und er biss auf seiner Unterlippe herum. Die Luft war schon jetzt verbraucht und schwer. Lia nickte Karla zu, ließ sich auf den ersten Stuhl fallen, streckte ihre langen Beine aus und nahm erst jetzt die dicken Schneeränder an ihren Stiefeln wahr.
Schüttler stand auf und schaltete die Neonröhren an der Decke aus. Der Beamer surrte, die Leiche erschien auf der Leinwand. Einen Moment sagte niemand etwas. Lia hörte sich selbst atmen
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