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Der Komet im Cocktailglas

Der Komet im Cocktailglas

Titel: Der Komet im Cocktailglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Freistetter
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Elemente zu verwandeln. Die bisher für unteilbar gehaltenen Atome, die kleinsten Bausteine der Materie, stellten sich als doch nicht so unteilbar heraus. Sie bestanden aus verschiedenen Komponenten. Man kannte nun den Atomkern, der mehr oder weniger die gesamte Masse eines Atoms ausmachte und elektrisch positiv geladen war. Um den Atomkern herum befand sicheine Hülle aus sogenannten „Elektronen“. Das waren winzige, elektrisch negativ geladene Teilchen, die – so wie die Planeten um die Sonne – ständig um den Atomkern herumschwirrten. 32 Die einzelnen chemischen Elemente unterschieden sich durch das Gewicht des Atomkerns. Wollte man ein Element in ein anderes umwandeln, musste man also den Kern des Atoms schwerer oder leichter machen. Aber wie sollte das gehen? Die Chemie war nur in der Lage zu erklären, wie sich verschiedene Atome miteinander verbinden können und wie sie aufeinander reagieren. Aber wie man den Atomkern selbst verändern kann, wusste niemand. Naiv konnte man es sich damals vielleicht so vorstellen, dass man einfach nur zwei Atome aufeinander schmeißt, um so ein neues, doppelt so schweres Atom zu erzeugen. Aber das ist nicht so simpel, wie es klingt. Die Atomkerne verschmelzen nicht so einfach. Denn außen herum gibt es ja immer noch die Hülle aus Elektronen, und aus Sicht eines Atoms ist es noch ein weiter Weg von der Hülle bis zum Kern.
    Stellen wir uns vor, wir würden auf die Größe des Kerns eines Heliumatoms schrumpfen. Wir wären dann nur noch etwa 0,000000000000001 Meter groß. Wenn wir uns nun neben den Atomkern stellen, der jetzt ebenso groß ist wie wir, und uns auf den Weg hinaus zur Atomhülle machen, müssen wir ungefähr 220.000 Schritte tun, um sie zu erreichen. In der echten Welt wäre das ein Spaziergang von knapp 180 Kilometern! Danach bräuchten wir wohl mehr als nur einen Teller Eintopf, um wieder zu Kräften zu kommen.
    Wenn sich also zwei Atome treffen, treffen sich zuerst ihre beiden Elektronenhüllen. Die beiden Atomkerne selbst sind dann – zumindest aus Sicht der Atome – immer noch enorm weit voneinander entfernt. Was mit den beiden Atomen passiert, hängt also vor allem von den Elektronen ab. Die beiden Elektronenhüllen können sich auf verschiedene Art und Weise miteinander verbinden, und die Atomkerne hängen nun zusammen. Sie sind aber nicht miteinander verschmolzen und haben auch kein neues Atom gebildet, sondern nur einen Verbund aus zwei Atomen, ein sogenanntes „Molekül“. 33 Wasser ist zum Beispiel so ein Molekül, bei dem die Elektronenhüllen zweier Wasserstoffatome und eines Sauerstoffatoms zusammenhängen. Und obwohl sich ein Wassermolekül ganz anders verhält als einzelne Wasserstoff- oder Sauerstoffatome, besteht es doch immer noch aus ganz normalen Atomen. Das Wasserstoffatom im Wasser unterscheidet sich nicht von anderen Wasserstoffatomen, Gleiches gilt für den Sauerstoff. Keines dieser Atome hat sich irgendwie „verwandelt“, denn ihre Atomkerne sind immer noch die gleichen wie zu vor.
    Erst als man herausfand, dass der Atomkern selbst kein unteilbares Objekt ist, sondern aus einzelnen Bestandteilen zusammengesetzt ist, begann man langsam zu verstehen, wie sich Atome umwandeln können. Bei näherer Betrachtung zeigte sich, dass ein Atomkern aus zwei verschiedenen Arten von Teilchen aufgebaut ist, die man „Protonen“ und „Neutronen“ nannte. Die Zahl der Protonen bestimmt, um welche Art von Element es sich handelt. Ein Sauerstoffatom hat immer acht Protonen. Sind es mehr oder weniger, dann es ist kein Sauerstoff mehr. Wenn nur sieben Protonen im Kern vorhanden sind, handelt essich um ein Stickstoffatom. Sind es neun, hat man es mit dem Element Fluor zu tun. Gold ist viel schwerer und hat einen Atomkern mit 79 Protonen; beim Blei sind es 82. Als die Alchemisten also Blei in Gold verwandeln wollten, hätten sie irgendwie drei Protonen aus seinem Atomkern entfernen müssen.
    Die Neutronen sind quasi das „Füllmaterial“ der Atomkerne. Hier gibt es keine fixe Anzahl. Ein Sauerstoffatom kann zum Beispiel 7, 8, 9 oder 10 Neutronen im Kern haben. Meistens gibt es aber eine dominierende Variante, die besonders stabil ist und von der sich daher im Laufe der Zeit am meisten Atome angesammelt haben. Die restlichen, oft instabileren oder schwerer zu erzeugenden Varianten kommen nur sehr selten vor. Beim Sauerstoff macht zum Beispiel der Atomkern mit 8 Protonen und 8 Neutronen über 99 Prozent aller vorkommenden Atome aus. Da also

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