Der Komet im Cocktailglas
die Sonne funktioniert und wo ihre Energie herkommt. Im antiken Griechenland waren solche Studien aber unerwünscht, weil sie mit der herrschenden religiösen Meinung in Konflikt gerieten. Einflussreiche Freunde konnten glücklicherweise noch erreichen, dass die Todesstrafe ausgesetzt wurde. Anaxagoras wurde nur verbannt und konnte noch ein paar Jahre weiterleben. 31
Neben den persönlichen Problemen, die Anaxagoras dank seiner Forschungsarbeit hatte, gab es aber auch wissenschaftliche. Der Versuch, die Sonne durch irdische Phänomene zu erklären, ohne auf die Religion zurückzugreifen, war zwar revolutionär (und heute gilt Anaxagoras deswegen auch bei vielen als der erste echte Astrophysiker). Aber vor 2.500 Jahren hatte Anaxagoras natürlich noch keine Chance, die wahre Natur der Sonne zu erkennen.
Das fiel auch den späteren Wissenschaftlern schwer. In den folgenden Jahrhunderten erkannten die Menschen, dass die Sterne, Planeten und auch die Sonne definitiv keine Götter waren, sondern ganz normale Himmelskörper. Aber was dort oben ablief, wussten sie nicht. Sie waren nicht einmal in der Lage herauszufinden, woraus diese Objekte bestanden. Auf der Erde gab es immerhin noch die Möglichkeit, Experimente durchzuführen. Man konnte die Dinge sezieren, in Stücke schneiden, zu Pulver zermahlen, sie verbrennen, vermischen und analysieren. Die mystisch geprägte Alchemie wandelte sich langsam zur wissenschaftlichen Chemie, und die Menschen lernten viel über den Aufbau der Materie. Sie fanden heraus, dass alles um uns herum aus verschiedenen, grundlegenden chemischen Elementen besteht. Manche Stoffe, wie zum Beispiel Holz, Stein oder Luft, konnte man durch diverse Experimente in unterschiedliche Bestandteile zerlegen. Andere Stoffe, wie zum Beispiel Eisen, Gold oder Silber, dagegen nicht. Sie waren elementar, sie waren die Elemente.
Das, was wir heute als Wissenschaft kennen, nahm seinen eigentlichen Anfang im 17. Jahrhundert. Forscher wie Galileo Galilei, Johannes Kepler oder Isaac Newton begannen, die Natur selbst zu untersuchen. Da, wo man sich früher auf die Lehre der Kirche und die Aussagen der antiken Philosophen verlassen hatte, gewannen die neuen„Naturphilosophen“ ihre Erkenntnisse durch die Beobachtung der Natur und durch Experimente. Das Motto der 1662 in England gegründeten „Royal Society“, einer der ältesten wissenschaftlichen Gemeinschaften der Welt, lautete „Nullis in Verba“, „Auf niemandes Wort!“. Das bedeutete, dass man nicht mehr gewillt war, irgendwelchen angeblichen Autoritäten zu vertrauen. Was irgendwer irgendwann und irgendwo gesagt oder geschrieben hatte, war unerheblich. Der einzige echte Weg, an verlässliches und objektives Wissen zu gelangen, war die konsequente Beobachtung der Natur. Der Erfolg dieser Methode gab den ersten Naturwissenschaftlern Recht. In kurzer Zeit fanden sie mehr über die Welt, in der wir leben, heraus als all die Philosophen in den Jahrhunderten zuvor.
Galileo Galilei erkannte mit seinem neu entwickelten Teleskop, dass Himmelskörper wie Sonne oder Mond keine perfekten, göttlichen Objekte sind. Er entdecke Flecken auf der Sonne, Krater und Berge auf dem Mond. Er machte Hunderte neue Sterne aus, die mit freiem Auge unsichtbar sind. Er fand Himmelskörper, die sich um den Planeten Jupiter bewegten, und wackelte so am kirchlichen Dogma, dass die Erde im Zentrum des Universums steht und alles sich um sie herum bewegen muss. Zur gleichen Zeit fand Johannes Kepler heraus, dass man die Bewegung der Himmelskörper viel genauer beschreiben konnte, wenn man tatsächlich davon ausging, dass sie und die Erde sich um die Sonne bewegen (siehe Seite 26), und Isaac Newton war in der Lage, mathematisch genau zu erklären, wie die Himmelskörper einander gegenseitig beeinflussen. Aber trotz all dieses neuen Wissens, trotz all der revolutionären neuen Erkenntnisse schien es doch für immer unmöglich zu sein, die Zusammensetzung der Planeten, der Sterne und der Sonne zu erkennen.
Wie sollte das auch funktionieren? Die Sonne war weit entfernt. Man wusste damals zwar noch nicht, wie weit genau, aber es war mehr als deutlich, dass sie zu weit weg war, um sie jemals erreichen zu können. Die Himmelskörper befanden sich am Himmel und alles, was die Menschen tun konnten, war, sie zu betrachten. Wie sollte man auf diese Weise jemals herausfinden, aus was sie bestehen? Und wie sollte man ohne diese Information jemals herausfinden, woher die Sonne ihre Energie bezog?
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