Der Komet im Cocktailglas
insgesamt 16 Teilchen den Kern aufbauen, nennt man diese Art des Sauerstoffs auch „Sauerstoff-16“. Ein Sauerstoffatom mit 8 Protonen und 10 Neutronen wird dementsprechend als „Sauerstoff-18“ bezeichnet. Die verschiedenen Variationen eines Elements, die die durch die unterschiedliche Anzahl der Neutronen erzeugt werden, nennt man „Isotope“. Und wenn wir die Isotope verschiedener Stoffe betrachten, dann finden wir endlich einen Weg, wie man ein chemisches Element in ein anderes umwandeln kann. Dann finden wir endlich eine völlig neue Art des „Feuers“; eines Feuers, das viel heißer und länger brennen kann als alles, was die Menschen bisher kannten: die Radioaktivität!
Ok, Radioaktivität ist nicht unbedingt ein Thema, über das man nachdenken möchte, wenn man gerade beim Essen sitzt. Mit Radioaktivität verbinden wir normalerweise explodierende Kernkraftwerke, verstrahlten Atommüll und andere unangenehme und gefährliche Dinge. Aber die Radioaktivität ist eigentlich ein völlig natürliches Phänomen und auch nicht zwingend gefährlich. Das Wort beschreibt eine bestimmte Eigenschaft bestimmter chemischer Elemente. Nicht jeder Atomkern ist ständig stabil. Ist das Verhältnis zwischen Protonen und Neutronen nicht ausgewogen genug, kann der Kern zerfallen. Betrachten wir zum Beispiel Kohlenstoff. Dieses Element bildet die Grundlage des Lebens auf der Erde. Ein durchschnittlicher Mensch mit einem Gewicht von 70 Kilogramm besteht aus circa 40 Kilogramm Sauerstoff (der hauptsächlich als Bestandteil von Wasser auftritt). Gleich danach folgt schon der Kohlenstoff, mit knapp 16 Kilogramm. Jedes Tier und jede Pflanze enthält Kohlenstoff. Wenn wir also unseren Eintopf löffeln, nehmen wir dabei selbstverständlich auch Kohlenstoff zu uns. Und ein Teil davon ist radioaktiv.
Ein ganz normales Kohlenstoffatom hat einen Kern, der aus sechs Protonen und sechs Neutronen besteht. Es handelt sich also um Kohlenstoff-12. Solche Atomkerne sind stabil und machen knapp 99 Prozent des gesamten Kohlenstoffs auf der Erde aus. Dann gibt es auch noch Kohlenstoff, der ein Neutron mehr hat. Dieser Kohlenstoff-13 ist selten – nur knapp ein Prozent aller Kohlenstoffatome hat solche Kerne, und die sind ebenfalls stabil. Und dann gibt es noch Kohlenstoff-14. Dieses Isotop hat einen Kern mit sechs Protonen und 8 Neutronen. Man findet es in äußerst geringen Mengen überall auf der Welt. Es tritt völlig natürlich auf, und es ist radioaktiv. Sein Atomkern ist instabil, er hat zu viele Neutronen. Resultat: Er zerfällt, und am Ende entsteht ein Kern mit einer anderen Anzahl an Protonen. Bei diesem Vorgang verwandelt sich also tatsächlich ein chemisches Element in ein anderes! Im Falle des Kohlenstoff-14 vergehen durchschnittlich 5.730 Jahre, bis der Atomkern zerfällt und sich dann in Stickstoff verwandelt.
Diese Eigenschaft des Kohlenstoff-14 machen sich übrigens auch die Archäologen zunutze. Jedes Lebewesen enthält Kohlenstoff und damit auch immer ein klein wenig von seinem radioaktiven Isotop. Das zerfällt zwar im Laufe der Zeit, wir nehmen durch unsere Nahrung aber ständig neuen Kohlenstoff-14 auf. Erst wenn wir sterben, wird nichts mehr nachgeliefert und die radioaktiven Kohlenstoffatome können zerfallen, ohne ersetzt zu werden. Finden Archäologen also einen alten Knochen, ein altes Stück Holz oder sonst irgendetwas aus organischem Material, dann können sie messen, wie viel Kohlenstoff-14 noch in ihm vorhanden ist, und so sein Alter bestimmen. Je älter das Fundstück, desto weniger Kohlenstoff-14.
Wir aber leben noch, und damit wir nicht verhungern, essen wir am besten weiter. Ein Löffel unseres Eintopfs enthält unvorstellbar viele Kohlenstoffatome. Die meisten davon sind ganz normaler Kohlenstoff-12. Bei ein paar davon handelt es sich um Kohlenstoff-13. Aber jeder Löffel enthält auch einige Atome des radioaktiven Kohlenstoff-14. Wann immer wir Nahrung zu uns nehmen, essen wir also auch radioaktives Material! Davor muss man aber keine Angst haben. Die Mengen sind zu gering, um irgendeinen Schaden anzurichten. Der Körper nimmt nur Schaden, wenn die radioaktive Strahlung ein gewisses Maß überschreitet. Eventuelle kleinere Schäden kann er problemlos selbst reparieren. Das muss er auch können, denn die ganze Welt ist – ein klein wenig – radioaktiv. Nicht nur Kohlenstoff hat radioaktive Isotope, auch viele andere chemische Elemente existieren in instabilen Varianten, die im Laufe der Zeit zerfallen.
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