Der kommende Aufstand
Abstumpfung wie vor der Fatalität des
Aufgebens bewahren. Genossen zu empfangen, sich über ihre Initiativen
auf dem Laufenden zu halten, über ihre Erfahrung nachzudenken, sich
die Techniken, die sie beherrschen, anzueignen, tut mehr für die
Kommune als sterile Gewissensprüfungen hinter verschlossenen
Türen. Man hätte Unrecht, das zu unterschätzen, was sich an
Entscheidendem an diesen Abenden entwickeln kann, die wir damit
verbringen, unsere Ansichten über den laufenden Krieg einander
gegenüberzustellen.
Nach und nach alle Hindernisse umwerfen
Wie man weiß, quellen die Straßen vor
Unhöflichkeiten über. Zwischen dem, was sie real sind, und dem,
was sie sein müssten, steht die zentripetale Kraft jeder Art von
Polizei, die sich abmüht, die Ordnung wiederherzustellen; und
auf der anderen Seite stehen wir, das heißt die
entgegengesetzte, zentrifugale Bewegung. Wir können uns über die
Wutausbrüche und die Unordnung überall dort, wo sie auftauchen,
nur freuen. Es hat nichts Erstaunliches, dass die
Nationalfeiern, die überhaupt nichts mehr feiern, nunmehr
systematisch schlecht enden. Ob funkelnd oder heruntergekommen,
das Stadtmobiliar – doch wo fängt es an? wo endet es? –
verkörpert unsere gemeinsame Enteignung. Da es in seinem Nichts
verharrt, will es endgültig darin verschwinden. Lasst uns
betrachten, was uns umgibt: All das wartet auf seine Stunde, die
Metropole kriegt auf einmal einen Anschein von Nostalgie, wie
einzig Ruinenfelder ihn haben.
Lasst sie Methode bekommen, systematisch werden, und schon
werden die Unhöflichkeiten in eine diffuse, wirksame Guerilla
zusammenströmen, die uns in unsere grundlegende Unregierbarkeit
und Disziplinlosigkeit zurückbringt. Es ist verwirrend, dass zu
den anerkannten militärischen Tugenden des Partisanen gerade die
Disziplinlosigkeit gehört. Eigentlich hätte man Wut und Politik
nie voneinander lösen sollen. Ohne die erste verliert sich die
zweite in Gerede; und ohne die zweite erschöpft sich die erste
in Gebrüll. Wörter wie »Wütende« oder »Fantasten« tauchen in der
Politik nie ohne Warnschüsse wieder auf.
Was die Methode betrifft, lasst uns von der
Sabotage folgendes Prinzip behalten: ein Minimum an Risiko in
derAktion, ein Minimum an Zeit, ein Maximum an
Schäden. Für die Strategie werden wir uns merken, dass ein
umgeworfenes, aber nicht überwältigtes Hindernis – ein
befreiter, aber nicht bewohnter Raum – mit Leichtigkeit durch
ein anderes Hindernis ersetzt wird, das widerstandsfähiger und
weniger angreifbar ist.
Es ist unnötig, sich zu lange bei den drei Sabotagearten der
Arbeiter aufzuhalten: die Arbeit verlangsamen, vom »Nun mal
langsam« zum Bummelstreik; die Maschinen kaputtmachen oder ihren
Betrieb behindern; die Betriebsgeheimnisse ausplaudern. Wenn man
sie auf die Dimensionen der gesellschaftlichen Fabrik erweitert,
verallgemeinern sich die Prinzipien der Sabotage von der
Produktion bis zur Zirkulation. Die technische Infrastruktur der
Metropole ist verletzbar: ihre Ströme sind nicht nur Personen-
und Warentransporte; Informationen und Energie zirkulieren durch
Kabel-, Glasfaser- und Kanalisationsnetze, die man angreifen
kann. Die gesellschaftliche Maschine mit einiger Konsequenz zu
sabotieren, das impliziert heute, die Mittel zur Unterbrechung
ihrer Netze zurückzuerobern und neu zu erfinden. Wie macht man
eine TGV-Strecke und ein elektrisches Verbundnetz unbrauchbar?
Wie findet man die Schwachpunkte der Computernetze, wie stört
man die Radiowellen und bringt Schneegestöber auf den
Bildschirm?
Was die ernsthaften Hindernisse betrifft, ist es falsch, jede
Zerstörung für unmöglich zu halten. Das Prometheische darin
lässt sich zurückführen und zusammenfassen zu einer gewissen
Aneignung des Feuers – fern von jedem blinden Voluntarismus. 356
v. Chr. verbrennt Herostratos den Tempel der Artemis, eins der
sieben Weltwunder. In unseren Zeiten vollendeter Dekadenz haben
die Tempel nichts Imposantes außer ihrer Grabeswahrheit, dass
sie bereits Ruinen sind .
Dieses Nichts zu vernichten, ist alles
andere als eine traurige Aufgabe. Das Handeln findet darin
wieder eine neue Jugend. Alles bekommt Sinn, alles wird
plötzlich klar – Raum, Zeit, Freundschaft. Man setzt dort alle
Hebel in Bewegung, man findet ihren Gebrauch wieder – man ist
der Hebel. Im Elend dieser Zeiten dient
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