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Der kommende Aufstand

Der kommende Aufstand

Titel: Der kommende Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unsichtbares Komitee
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»alles zu ficken«
     vielleicht – nicht ohne Grund, das muss man schon zugeben – als
     letzte kollektive Verführung.
     
    Die Sichtbarkeit meiden. Die Anonymität in eine offensive Position umkehren
     
    In einer Demonstration reißt eine
     Gewerkschafterin die Maske eines Anonymen ab, der gerade ein
     Schaufenster eingeschlagen hat: »Steh zu dem, was du machst,
     anstatt dich zu verstecken.« Sichtbar zu sein, bedeutet, ohne
     Deckung zu sein, das heißt vor allem, verwundbar. Wenn die
     Linksradikalen aller Länder ihre Sache ständig »sichtbar machen«
     – sei es die der Wohnungslosen, die der Frauen, die der
     Illegalen –, in der Hoffnung, dass sie übernommen wird, dann
     machen sie das genaue Gegenteil dessen, was sie machen
     müssten. Nicht sich sichtbar machen, sondern die Anonymität, in
     die wir verbannt wurden, zu unseren Gunsten wenden und durch die
     Verschwörung, durch die nächtliche oder maskierte Aktion aus ihr
     eine unangreifbare Angriffsposition machen. Der Brand vom
     November 2005 ist ihr Modell. Kein Anführer, keine Forderung,
     keine Organisation, aber Worte, Gesten,
     Komplizenschaften. Gesellschaftlich nichts zu sein, ist keine
     erniedrigende Situation, Quelle eines tragischen Mangels an
     Anerkennung – anerkannt sein: von wem? –, sondern im Gegenteil
     die Bedingung für maximale Aktionsfreiheit. Seine Missetaten
     nicht zu unterzeichnen, nur Fantasie-Kürzel zu benutzen, ist
     eine Art,diese Freiheit zu wahren – man
     erinnert sich noch an die kurzlebige BAFT (Anti-Bullen-Brigade
     der Tarterêts) 22 . Ein Subjekt »Vorstadt« zu
     konstituieren, das der Urheber der »Unruhen von November 2005«
     gewesen sein soll, ist ganz offensichtlich eines der ersten
     defensiven Manöver des Regimes gewesen. Die Fresse derer zu
     sehen, die in dieser Gesellschaft jemand sind, kann einem
     helfen, die Freude zu verstehen, in ihr niemand zu sein.
    Die Sichtbarkeit ist zu meiden. Aber eine Kraft, die sich im
     Dunkeln verfestigt, kann ihr nicht auf immer und ewig
     ausweichen. Es geht darum, unser Erscheinen als Kraft bis zum
     geeigneten Augenblick hinauszuschieben. Denn je später die
     Sichtbarkeit uns aufdeckt, desto kraftvoller findet sie
     uns. Wenn wir einmal in die Sichtbarkeit eingetreten sind, sind
     unsere Stunden gezählt. Entweder sind wir in der Lage, ihre
     Herrschaft kurzfristig vernichtend zu schlagen, oder sie ist es,
     die uns unverzüglich zerdrückt.
     
    Die Selbstverteidigung organisieren
     
    Wir leben unter Besatzung,
     unter polizeilicher Besatzung. Die Razzien auf offener
     Straße gegen Illegale, die getarnten Polizeiautos, die auf den
     Boulevards patrouillieren, die Befriedung der Stadtviertel in
     der Metropole mit Techniken, die in den Kolonien geschmiedet
     wurden, die gegen die »Banden« vorgetragenen Tiraden des
     Innenministers, die aus dem Algerienkrieg stammen könnten,
     täglich erinnern sie uns daran. Das sind genügend Gründe, sich
     nicht mehr erdrücken zu lassen und den Weg der
     Selbstverteidigung einzuschlagen.
    Mit zunehmender Größe und Ausstrahlung sieht eine Kommune,
     wie das, was sie konstituiert, nach und nach zumZiel der Operationen der Macht wird. Diese
     Gegenangriffe nehmen die Gestalt der Verführung an, der
     Vereinnahmung und als äußerstes Mittel der rohen Gewalt. Die
     Selbstverteidigung muss eine ebenso praktische wie theoretische
     kollektive Selbstverständlichkeit für die Kommunen sein. Einer
     Verhaftung vorzubeugen, gegen Abschiebungsversuche schnellstens
     zahlreich zusammenzukommen, für einen der unseren einen
     Zufluchtsort zu finden, das werden in den kommenden Zeiten keine
     überflüssigen Reflexe sein. Wir können nicht ständig unsere
     Fundamente wieder aufbauen. Man muss aufhören, die Repression
     anzuprangern, man muss sich auf sie vorbereiten.
    Die Sache ist nicht einfach, denn je mehr zusätzliche
     polizeiliche Arbeit von der Bevölkerung erwartet wird – von der
     Denunziation bis zum gelegentlichen Engagement in Bürgerwehren
     –, desto mehr gehen die Polizeikräfte in der Menge auf. Das
     allgemeine Modell für jede Art polizeilicher Intervention,
     selbst in Situationen des Aufruhrs, ist nunmehr der
     Zivilbulle. Die Wirksamkeit der Polizei während der letzten
     Demos gegen den CPE kam von diesen Zivilen, die sich unter die
     Menschenmenge mischten und auf den Zwischenfall warteten, um
     sich zu zeigen: Tränengas, Schlagstock, Flashball, Festnahme;
     das Ganze koordiniert mit dem

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