Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kommende Aufstand

Der kommende Aufstand

Titel: Der kommende Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unsichtbares Komitee
Vom Netzwerk:
folgen
     können, bis zum Ende, bis wir sehen, wie sie andere kreuzen.
     
    Plündern, kultivieren, fabrizieren
     
    Ehemalige der Firma Metaleurop werden eher
     zu Räubern als zu Gefängniswärtern. Angestellte des
     EDF-Stromkonzerns geben die nötigen Tipps zum Manipulieren der
     Zähler weiter an Menschen, die ihnen nahestehen. Das »vom
     Lastwagen gefallene« Material wird ohne Hemmungen
     weiterverkauft. Eine Welt, die sich so offen als zynisch
     erklärt, konnte von Seiten der Proletarier nicht viel Loyalität
     erwarten.
    Einerseits kann eine Kommune nicht auf die Ewigkeit des
     »Wohlfahrtsstaats« setzen, andererseits kann sie nicht daraufzählen, lange vom Ladendiebstahl, vom Sammeln
     von Brauchbarem in den Mülltonnen der Supermärkte oder nachts in
     den Lagerhallen der Industriegebiete, vom Subventionsmissbrauch,
     Versicherungsbetrug und anderen Betrügereien zu leben – kurz:
     vom Plündern. Sie muss sich also darum kümmern, das Niveau und
     den Umfang ihrer Selbstorganisation ständig zu erhöhen. Nichts
     wäre logischer, als dass die Drehbänke, Fräsmaschinen und
     Fotokopierer, die bei der Schließung einer Fabrik verramscht
     werden, im Gegenzug dazu dienten, eine Verschwörung gegen die
     Warengesellschaft zu unterstützen.
    Das Gefühl des unmittelbar drohenden Untergangs ist
     heutzutage überall so lebendig, dass man Mühe hat, all die
     laufenden Experimente in Sachen Konstruktion, Energie,
     Materialien, Illegalität oder Landwirtschaft aufzuzählen. Es
     gibt da eine ganze Menge an Wissen und Techniken, die nur darauf
     wartet, geplündert und aus ihrer Verpackung herausgerissen zu
     werden, egal ob sie moralistisch, gangsta oder öko ist. Aber
     diese Menge ist wieder nur ein Teil von all den Eingebungen, all
     dem Know-how, von diesem spezifischen Einfallsreichtum der
     Elendsviertel, den wir wohl aufbringen müssen, wenn wir
     vorhaben, die metropolitane Wüste wieder zu bevölkern und
     mittelfristig die Durchführbarkeit eines Aufstands zu
     garantieren.
    Wie kann man in einer totalen Unterbrechung der Ströme
     kommunizieren und sich bewegen? Wie die Nahrungsmittelkulturen
     der ländlichen Zonen wieder herstellen, bis sie erneut die
     Bevölkerungsdichte tragen können, die sie noch vor sechzig
     Jahren hatten? Wie die betonierten Räume in urbane Gärten
     verwandeln, so wie Kuba es gemacht hat, um das US-amerikanische
     Embargo und die Auflösung der UdSSR auszuhalten?
     
    Bilden und sich bilden
     
    Wir, die wir so häufig von den
     Freizeitbeschäftigungen Gebrauch gemacht haben, die uns die
     Warendemokratie erlaubt – was ist uns davon geblieben? Was hat
     uns nur dazu treiben können, eines Sonntagmorgens joggen zu
     gehen? Was hat all diese Karate-Fanatiker, diese Besessenen des
     Heimwerkens, des Angelns oder der Pilzkunde gepackt? Was, wenn
     nicht die Notwendigkeit, eine vollkommene Untätigkeit
     auszufüllen, seine Arbeitskraft oder sein »Gesundheitskapital«
     wieder aufzubauen? Die meisten Freizeitbeschäftigungen könnten
     sich ohne Weiteres ihres absurden Charakters entledigen und
     etwas anderes werden als Freizeitbeschäftigungen. Boxen ist
     nicht immer nur dazu da gewesen, Vorführungen zum Spendensammeln
     für den Téléthon 21 zu
     machen oder Kämpfe mit großem Spektakel aufzuführen. Das China
     vom Beginn des 20. Jahrhunderts, das von Kolonistenhorden
     zerstückelt und von zu langen Trockenheitsphasen ausgehungert
     war, hat erlebt, wie sich Hunderttausende von armen Bauern um
     unzählige Boxvereine unter freiem Himmel herum organisierten, um
     den Reichen und den Kolonisten das wieder wegzunehmen, was ihnen
     geraubt worden war. So kam es
     zum Boxer aufstand . Es wird nie zu früh sein, das
     zu lernen und zu praktizieren, was weniger befriedete, weniger
     vorhersehbare Zeiten von uns verlangen werden. Unsere
     Abhängigkeit von der Metropole – von ihrer Medizin, ihrer
     Landwirtschaft und ihrer Polizei – ist zur Zeit so stark, dass
     wir sie nicht angreifen können, ohne uns selber in Gefahr zu
     bringen. Es ist das unformulierte Bewusstsein dieser
     Verwundbarkeit, das die spontane Selbstbeschränkung der
     gegenwärtigen sozialenBewegungen verursacht
     und einen dazu bringt, die Krisen zu fürchten und die
     »Sicherheit« zu wünschen. Dadurch haben die Streiks den Horizont
     der Revolution gegen den der Rückkehr zum Normalen
     getauscht. Sich von dieser Fatalität zu befreien, macht einen
     langen Lernprozess und vielfältiges,

Weitere Kostenlose Bücher