Der Krankentröster (German Edition)
ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind. –
»Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn,
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.« –
Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? –
»Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau. –
»Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.« –
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan! –
Dem Vater grauset’s; er reitet geschwind,
Er hält in Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.
Und jetzt schreibe ich weiter Feedbacks …
Bis gleich
Gaby
Moin Gaby,
jetzt bin ich in einer Zwickmühle! Gedichte ja, aber beim »Gleichnis« fehlt Dir der Krankentrösteraspekt? O. k. Wo ist der bitte beim »humorvollen Vogel« von Busch? Der Vogel hat den sicheren Tod durch Gefressenwerden vor Augen und besinnt sich auf das, was er am besten kann: singen. Vielleicht ist das sogar der Grundgedanke der Oper, denn ich habe nie verstanden, warum die Leute, nachdem sie tödlich getroffen sind, noch eine halbe Stunde singen. Dann weiß ich’s jetzt. Und beim »Erlkönig« erst: Die Pointe lautet: »In seinen Armen das Kind war tot.« Nein, im Ernst, der Krankentröster ist der Humor, im Falle Gernhardt der Nonsens, das Absurde. Der ist nicht jedermanns Sache, zugegeben, aber gib ihm eine Chance. Oft wird man nur auf dem falschen Fuß erwischt. Ich erzähle in fast jedem Interview, dass ich beim allerersten Hören der ersten Platte von Ulrich Roski, meinem Idol, überhaupt nichts damit anfangen konnte. Das war aber auch mittags in der Abhörkabine eines Hi-Fi-Ladens, allein, es war stickig, ein Kumpel hatte sich die Platte zum Geburtstag gewünscht. Abends auf der Fete legte er die Scheibe auf, ich hatte schon ein paar Bierchen intus, alles hörte zu, und wer lacht am lautesten? Der Jürgen. Genauso ist es mir mit dem Film »Die Bluesbrothers« gegangen. Erst mochte ich ihn nicht, später habe ich ihn bestimmt fünfzehnmal gesehen. Gernhardt ist das Beste, was wir haben, oder hatten, wie man leider sagen muss. Er hat später seine Krankheit auch zum Thema seiner letzten Gedichtbände gemacht. Da findest Du alles drin, was Gedichte Dir geben können. Und meine Interpretation ist natürlich eine Interpretationsparodie. Ich hatte einfach Lust, das Genre so zu verscheißern, wie Gernhardt es im »Gleichnis« auch macht: Er verscheißert Gleichnisse. Also: dringender Rat: Hol Dir einen Band Gernhardt-Gedichte, es gibt einen ganz preiswerten bei Reclam zum Reinschnuppern. Und noch mal: Wenn man lachen kann, ist der Inhalt egal, das Tröstliche ist die Komik. Meine Inhalte haben selten etwas Tröstliches, ich arbeite meist politisch unkorrekt und entgegengesetzt zu dem, was man bei »Reader’s Digest« findet. Aber es funktioniert. Und das sind immer die schönsten Momente, wenn jemand mir so was sagt wie der junge Mann gerade bei Facebook:
Hallo Jürgen, ich wollte Dir mal kurz danken für Deine lustige Art und Deine unzähligen Comedy-Auftritte und Programme, die so auf CDs und DVDs auffindbar waren. Sie haben mir durch meine schwere Zeit im letzten Jahr sehr geholfen. Ich hatte Krebs und eine schwere Chemotherapie, und kurz darauf wurde ich auch noch am Herzen operiert und lag mehrere Wochen im Krankenhaus. In der Zeit hatte ich auch meinen dreißigsten Geburtstag und habe von meiner Schwester einen MP3-Player geschenkt bekommen, auf dem zwei verschiedene Sachen drauf waren. Zum Ersten ein paar Folgen »Die drei Fragezeichen«, weil ich die als Kind gehört habe, und zum Zweiten alles, was sie von Dir finden konnte, weil sie weiß, dass ich ein großer Fan bin von Dir ... Deswegen ein ganz großes Danke für die Schmunzler und Lacher in meiner Zeit, in der ich echt nix zu lachen hatte. Danke schön! Dein Fan Stephan.
Also, Du versprichst mir, Gernhardt eine Chance zu geben, den »Erlkönig« mochte ich nie, ich habe andere Sachen von Goethe, die ich schöner finde, und mein allerliebstes Gedicht ist »Erinnerung an die Marie A.« von Brecht. Das hat er angeblich aus einem französischen Schlager der zwanziger Jahre geklaut. Aber das ist ein Gedicht, über dem man stundenlang meditieren kann, ohne ihm je auf den Grund zu kommen. Das habe ich auch auf
Weitere Kostenlose Bücher