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Der Krater

Titel: Der Krater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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nach Dixie Bulls Schatz gesucht haben? Und was für Ärger wir bekommen haben, weil wir in den indianischen Grabhügeln gebuddelt haben?«
    »Da waren wir doch noch Kinder.«
    »Es gibt da draußen in der Muscongus Bay Dutzende von Inseln, wir müssten ein paar tausend Hektar Land absuchen. Wir würden nie alle schaffen.«
    »Müssen wir auch nicht. Denn ich habe ja
das hier
.« Sie legte eine Seekarte der Muscongus Bay aus und darauf das Foto des Meteoriten. »Von diesem Foto kann man eine Linie zum Horizont ableiten, und von dem Punkt dann eine zweite Linie dorthin ziehen, wo das Foto gemacht wurde. Der Meteorit muss irgendwo auf dieser zweiten Linie gelandet sein.«
    »Wenn du das sagst.«
    Abbey schob ihr die Seekarte hin. »Da ist die Linie.« Sie tippte mit dem Zeigefinger auf einen Strich, den sie mit Bleistift eingezeichnet hatte. »Schau. Sie quert nur fünf Inseln.«
    Die Kellnerin kam mit zwei riesigen Stücken Nusssplitter-Kuchen. Abbey bedeckte rasch Karte und Foto und lehnte sich lächelnd zurück. »Ah, danke.«
    Sobald die Kellnerin weg war, deckte Abbey die Karte wieder auf. »Das ist alles. Der Meteorit ist auf einer dieser fünf Inseln.« Sie tippte mit dem Zeigefinger auf eine Insel nach der anderen, während sie die Namen nannte: »Louds, Marsh, Ripp, Egg Rock und Shark. Die könnten wir in nicht mal einer Woche absuchen.«
    »Wann? Jetzt?«
    »Wir müssen bis Ende Mai warten, wenn mein Vater wegfährt.«
    Jackie verschränkte die Arme. »Was zum Teufel sollen wir denn mit einem Meteoriten?«
    »Ihn verkaufen.«
    Jackie starrte sie an. »Der ist etwas wert?«
    »Nur so ungefähr eine Viertelmillion, vielleicht auch eine halbe, mehr nicht.«
    »Du willst mich verarschen.«
    Abbey schüttelte den Kopf. »Ich habe mir die Preise bei eBay angesehen und mit einem Meteoritenhändler telefoniert.«
    Jackie lehnte sich zurück, und langsam breitete sich ein Grinsen über ihr sommersprossiges Gesicht. »Ich bin dabei.«

3
    Mai
    I n Glendale, Kalifornien, stieg Dolores Muños die steinernen Stufen zum Bungalow des Professors hinauf. Ihre üppige Brust wogte atemlos, und sie ruhte sich einen Moment lang unter dem Vordach aus, ehe sie den Schlüssel zückte. Das Knirschen des Schlüssels im Schloss, das wusste sie, würde ein furioses Gekläffe auslösen, denn Stamp, der Jack-Russell-Terrier des Professors, drehte immer durch, wenn sie kam. Sobald sie die Tür öffnete, würde die kleine Fellkugel wie aus der Pistole geschossen herausgerast kommen und wüst bellend im kleinen Vorgarten hin und her flitzen, als müsste er wilde Bestien oder gefährliche Verbrecher daraus vertreiben. Dann würde er seine Runde machen und das kleine Beinchen an jedem traurigen Busch und jeder verdorrten Blume heben. Wenn er seine Pflicht erfüllt hatte, würde er schließlich zu ihr gelaufen kommen, sich vor sie hinlegen, auf den Rücken rollen und mit angezogenen Pfötchen und heraushängender Zunge auf sein morgendliches Kraulen warten.
    Dolores Muños liebte diesen Hund.
    Mit einem leichten Lächeln der Vorfreude steckte sie den Schlüssel ins Schloss, klapperte ein bisschen damit und wartete auf die explodierende Aufregung von drinnen.
    Nichts.
    Sie hielt inne und lauschte, dann drehte sie den Schlüssel um und rechnete jeden Augenblick mit freudigem Gebell. Doch es kam immer noch nichts. Verwundert trat sie in den kleinen Vorraum. Das Erste, was ihr auffiel, war die offene Schublade des Ablagetischchens und die auf dem Boden verstreuten Briefe.
    »Professor?«, rief sie mit hohler Stimme, und dann: »Stamp?«
    Keine Antwort. In letzter Zeit war der Professor immer später aufgestanden. Er gehörte zu den Leuten, die zum Abendessen viel Wein tranken, und danach noch ein paar Gläser Cognac, und das war in letzter Zeit richtig schlimm geworden, vor allem, seit er nicht mehr zur Arbeit ging. Und dann die Frauen. Dolores war nicht prüde und hätte gar nichts dagegen gehabt, wenn es immer dasselbe Mädchen gewesen wäre. Aber es war immer eine andere Frau, und manchmal waren sie zehn, zwanzig Jahre jünger als er. Na ja, der Professor war ein gutaussehender, gesunder Mann im besten Alter, der sich in fließendem Spanisch mit ihr unterhielt und sie dabei stets höflich siezte, was sie sehr zu schätzen wusste.
    »Stamp?«
    Vielleicht waren die beiden spazieren gegangen. Sie trat in den Hausflur, spähte ins Wohnzimmer und sog scharf den Atem ein. Papiere und Bücher waren über den Fußboden verstreut, eine Lampe umgeworfen,

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