Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
Harz-, Tannen- und Kiefernöl gefüllt sind, Ölen, die man dazu verwendet, Farbe abzuwaschen. Dieses Öl brennt wie das Höllenfeuer. In den Gefäßen steckt ein brennender Docht, wenn sie abgefeuert werden. Ein Höllenfeuer wird über den Feind hinwegrollen, wenn er den Sieg zum Greifen nahe wähnt. Natürlich nur, so Gott will.«
»Jetzt lästert Ihr schon wieder!«
»Ihr wisst, wie ich in dieser Frage denke. Will Gott zweitausend Söldner für uns braten oder will er nicht? Eine solche Frage finde ich gotteslästerlich, auch den Gedanken, dass Ihr, Bischof, heute Nacht auf Euren Knien darum beten werdet, dass uns der Feind wirklich in die Falle marschiert, um dann im Feuer unterzugehen. Einen schrecklicheren Tod gibt es nicht. Sie werden qualvoll und jämmerlich sterben, und der Gestank verbrannter Leichen wird alles überlagern. Mein Glaube heißt mich, Gott größte Ehrfurcht zu erweisen, indem ich nicht um so etwas bitte. Aber betet Ihr nur!«
»Aber … alle Bogenschützen?«, fragte Bischof Kol und ignorierte anstrengt die gotteslästerlichen Worte, die der
Jarl soeben ausgesprochen hatte. »Sollen sich die tausend Bogenschützen wie wir alle nur auf diese Feuerfalle verlassen? Setzt Ihr damit nicht alles auf eine Karte?«
»Nicht im Geringsten.« Der Jarl lächelte. »Es ist wirklich ein Vergnügen, Euch so viel klüger in Fragen des Krieges zu erleben, als ich erwartet hatte, Bischof. Also, hier hinten, westlich der Anhöhe, haben wir alle Baumwipfel abgesägt und eine große Lichtung gerodet. Dort stehen die Bogenschützen. Sobald wir das Feuer fortgeschleudert haben und die Flucht des Feindes beginnt, wenn das Gedränge unten am Fluss am größten ist, dann ist der rechte Augenblick gekommen. Kommt, wir setzen uns wieder!«
Sie ließen sich erneut mit gewärmtem Bier bewirten, weil es so kalt war, und saßen dann beide eine Weile lang in Gedanken versunken in der Dunkelheit da. Um sie herum brannten Feuer. Axthiebe waren zu hören. Zimmerleute hatten begonnen, kleine, gespaltene Baumstämme als provisorisches Dach über ihren Köpfen anzubringen. So verfuhren sie nun den gesamten langen Verteidigungswall am Fluss entlang, wo die Bogenschützen und Armbrustschützen Stellung beziehen würden und sich etliche Männer schon für die Nacht eingerichtet hatten.
Der Himmel war sternenklar, was auf eine kalte Nacht und einen zeitigen Angriff schließen ließ, da es recht früh hell werden würde.
»Ihr seht doch dieses Dach, Bischof«, sagte der Jarl, nachdem sie lange geschwiegen hatten, »von dem der Feind nichts wusste, als er dort drüben gelärmt und uns verhöhnt hat. Auf der anderen Seite werden sie ihre Bogenschützen aufstellen und glauben, dass sie einen Pfeilschauer auf uns niederregnen lassen können, bevor sie den Fluss überqueren. Aber dafür stehen sie zu hoch, und
unser Dach ist etwas geneigt. Wenn es hell wäre, würde Euch, nachdem Ihr Euch aufgerichtet hättet, sofort auffallen, dass Ihr die gegenüberliegenden Anhöhen nicht erkennen könnt. Das bedeutet, dass Euch kein Pfeil, der von dort abgeschossen wird, treffen kann. Ist der Bogenschütze nicht zu sehen, dann kann man auch aus geringem Abstand nicht getroffen werden. Sie werden viele Pfeile vergeuden, ehe sie das begreifen. Um uns zu treffen, müssen sie zum Fluss hinunter, und dort können wir sie mit unseren Pfeilen treffen.«
»Aber das Feuer? Haben sie nicht auch Feuerpfeile?«, wandte der Bischof etwas lahm ein.
»Gewiss. Aber auf unseren Dächern liegen bald nasse Kuhhäute, sie werden sie also nicht mit ihnen entflammen können. Und hinten haben wir große Wassertröge aufgestellt, falls doch etwas in Brand geraten sollte.«
»Seid nicht zu übermütig, Jarl. Habt Ihr auch wirklich an alles gedacht?«
»Ich habe durchaus nicht an alles gedacht. Das kann niemand. Wie gesagt, geschieht in einem Krieg vieles, das sich niemand im Voraus ausmalen kann. Ich habe nur so weit gedacht, wie es meinen klügsten Bundesgenossen und mir möglich war. Übermütig bin ich nicht, nur Toren begeben sich übermütig in den Krieg. Und Toren leben nicht so lange, wie ich es bereits getan habe.«
»Und Ihr wollt nicht mit mir zusammen beten?«
»Nein, und wisst Ihr auch warum?«
»Warum war es Euch dann so wichtig, einen Bischof dabeizuhaben?«
»Das weiß ich nicht. Es ist mir wichtig, Euch hier zu wissen, weil Ihr mein Kanzler seid. Ihr könnt verhandeln, könnt Urkunden und Verträge ausfertigen, und vielleicht werden diese
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