Der Krieg der Zwerge
versank.
»Dann bleibt mir keine andere Wahl«, ergab sich Boëndal in sein Schicksal. Er schöpfte tief Luft, schloss die Augen und hielt sich mit der freien Hand die Nase zu, als er sprang.
Tungdil bildete den Schluss. Die Wellen schlugen über ihm zusammen. Es war unmöglich, etwas zu erkennen. Lediglich am Druck auf den Ohren spürte er, dass ihn das Gewicht seiner Waffen, der Panzerung und des Steins nach unten zog.
Tungdil hörte das Rauschen des Wasserfalls, der sich in das Becken ergoss, stürzte mit der Kaskade zusammen hinab und tauchte ein zweites Mal unter, ehe ihn eine sanfte Strömung nach oben drückte und an das flache Ufer spülte.
Hustend und prustend stand er auf. Die Zwillinge waren bei ihm, gaben die gleichen Geräusche von sich und spuckten Wasser aus. Myr band sich den Gürtel fester um die Hüfte, der sich beim Tauchen gelockert hatte.
»Das war das erste und das letzte Mal, dass ich diesen Weg nahm«, polterte Boëndal und schüttelte sich, dass die Tropfen flogen. Wie bei den anderen auch, rann das Wasser fadendick aus seinen Kleidern und plätscherte zu Boden. »Es wird dauern, bis alles getrocknet ist.« Wütend fuhr er sich über das Kettenhemd. »Ich hoffe, ihr habt gutes Öl«, knurrte er.
Myr fuhr sich durch die nassen Haare und lachte. »Wir finden schon die passenden Kleider für euch«, beruhigte sie den Zwerg, ging auf die massive, eisenbeschlagene Eichentür zu und pochte dagegen. »Und Öl.«
Ein Guckloch öffnete sich, ein rotes Augenpaar musterte sie und den Besuch, und das Guckloch schloss sich wieder. Kurz darauf hörten sie, wie zahlreiche Bolzen entfernt wurden. Der Eingang zum Reich der Freien tat sich für sie auf.
Gemmil erwartete sie in dem Raum dahinter und begrüßte jeden einzelnen von ihnen mit Handschlag, auch wenn ihm die Zwillinge mit Zurückhaltung begegneten. »Meine Hilfe kam rechtzeitig?«, wollte er wissen, und die Chirurga berichtete ihm knapp von der Schlacht am Grauen Gebirge sowie dem Portal am Steinernen Torweg, das seinen Dienst wie vor tausenden von Sonnenzyklen verrichtete.
»Der Sieg freut mich, die Toten machen mein Herz weinen«, sagte Gemmil. »Wir werden auf beide anstoßen.« Er deutete auf die bereitliegenden Tücher. »Legt sie um euch, damit ihr euch nicht erkältet.«
»Trockene Kleidung wäre mir lieber«, verlangte Ingrimmsch.
»Ihr werdet sie bald bekommen. Sie wartet in eurem neuen Heim«, verriet er ihnen und durchquerte den Raum, um zu einer weiteren Tür zu gelangen. Dahinter stand eine fahrbereite Lore. Sie stiegen ein, und das Gefährt trug sie ratternd und holpernd weiter nach unten. Endlich hielt sie an. Als sie ausgestiegen waren, führte sie der König durch die gewaltige Ankunftshalle zu einem zweiflügeligen Tor.
»Kommt. Ihr sollt sehen, worüber ich herrsche.« Er berührte die eingelassenen Runen mit seinem Ring. Die Zeichen leuchteten auf, die Türen schwangen langsam zur Seite, und gedämpftes Licht fiel herein. »Geht vor und seid willkommen bei den Freien.«
Tungdil und die Zwillinge überquerten die Schwelle und gelangten auf ein vorgelagertes Plateau, von dem eine breite Treppe hinabführte. »Bei Vraccas«, hörte er Boëndal hinter sich überwältigt sagen, und auch ihm klappte der Unterkiefer vor Staunen herunter.
Zu ihren Füßen breitete sich eine richtige Stadt mit unterschiedlich großen Häusern, symmetrisch angelegten Straßen, Gassen und Plätzen aus. Tungdil schätzte ihre Ausmaße auf etwa zwei Meilen in der Breite und Länge; der Abstand zur Decke betrug vom Plateau aus gut und gern anderthalb Meilen.
Zwei Wasserfälle ergossen sich am Rand der Stadt aus vierhundert Schritt Höhe in ein Bassin, von dem aus Kanäle gezogen worden waren. Sie führten teils zu angelegten Gärten, teils verschwanden sie im Felsgestein.
Die Bewohner sahen von oben winzig aus, nicht größer als Felsenkäfer. Tungdil vernahm ihre Unterhaltungen als leises Gemurmel, dazu das Klingen von Hämmern auf Ambossen und andere Geräusche, die er aus den Städten der Menschen kannte.
Die zumeist quadratischen Bauten schmiegten sich an eine sanft ansteigende Felswand auf der anderen Seite der Höhle, auf deren Spitze sich eine kleine, aber aufwändig gestaltete Festung erhob. Beleuchtet wurde die Stadt von schimmerndem Moos, das an den Wänden wuchs und sanftes, bräunliches Licht spendete. An bestimmten Punkten erhoben sich Masten, an deren oberen Enden gewalt ige Feuerkörbe befestigt waren und in denen helle Flammen loderten; polierte
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