Der Krieg der Zwerge
rührte die Seele eines jeden Zwergs. Auch Boïndil und Boëndal rangen mit der Fassung, die Ergriffenheit hielt ihre Kehlen umklammert, und als die Zwerge um sie herum sowie auf dem Platz das Knie beugten, taten sie es ihnen ohne zu zögern nach, um Vraccas auf diese neue Weise zu huldigen.
Gefesselt von der Stimmung und gefangen von den Tönen, konnte Tungdil nur mehr staunen und schlucken. Sein Wunsch, dass der Chor niemals mehr verstummen möge, ging nicht in Erfüllung.
Eine letzte Zeile, und die Sänger schwiegen; das Lied rollte durch die Höhle, kehrte als leises Echo noch einmal zu den Zwergen zurück und verklang. Der Priester schlug ein drittes Mal auf den Amboss, der Chor zog sich geordnet in den Tempel zurück, und die Bewohner erhoben sich. Der Zauber verfiel.
»Das nenne ich ein Nachtgebet«, raunte Boïndil und beobachtete, wie sich das Portal des Heiligtums schloss. »Wie wird dann erst das Morgengebet?« Deutlich schwang in seiner Frage die Hoffnung mit, so etwas Schönes bald noch einmal erleben zu dürfen.
Myr lächelte ihn an. »Wir haben nur das Abendgebet. Morgens wirst du mit deinen eigenen Worten zu Vraccas sprechen müssen.« Sie deutete nach unten. »Ich habe uns etwas zu essen gemacht, und danach lege zumindest ich mich hin, um mich auszuruhen. Ich empfehle euch das Gleiche, denn Gemmil wird euch morgen durch die kleinsten Winkel von Goldhort schleifen. Er ist sehr stolz auf unsere Stadt.«
Kurz darauf saßen sie am hellbraunen Steintisch und ließen sich schmecken, was die Chirurga für sie zubereitet hatte. Einige der Gerichte kannte Tungdil nicht, auch die Zwillinge blickten misstrauisch auf die eine oder andere Schüssel.
»Moosgemüse, Knollenwurzsalat, ein Braten aus hellem Fleisch mit dunkler Biersoße. Es sind Spezialitäten aus verschiedenen Zwergenreichen«, erklärte sie und nahm ihnen die Zurückhaltung nicht übel. »Wir haben sie verfeinert und Neues daraus gemacht.« Mit diesen Worten lud sie ihnen die Teller voll. Der Hunger überwand schon bald die Vorsicht, und die Zwerge ließen es sich schmecken.
»Das Fleisch«, kaute Ingrimmsch begeistert und hielt ihr den Teller hin, »schmeckt gut. Ziege ist das nicht?«
»Es ist Gugul. Sie sind schwer in Gattern zu halten, also müssen wir sie von Zeit zu Zeit in den Stollen jagen, in denen sie frei umherlaufen.« Sie sah, dass er nichts mit dem Namen anfangen konnte. »Es ist eine Käfersorte. Sie werden so lang wie ein Zwerg groß ist und sind verflucht schnell. Aber sie schmecken hervorragend.« Sie zeigte auf den Käse, von dem er sich genommen hatte. »Den machen wir aus ihren Drüsen. An der frischen Luft stockt er sofort, man muss ihn nur noch in Salzlake legen und durchziehen lassen.« Sie reichte ihm den Teller gefüllt zurück.
Boïndil hielt das Besteck umfasst und schaute wortlos auf das, was er eben noch in den höchsten Tönen gepriesen hatte.
»Ho, scheut mein Bruder die Leckerei plötzlich?«, zog ihn Boëndal auf und aß mit Genuss weiter. »Es hat sie nicht umgebracht, also wird es dich auch nicht klein kriegen.« Er nahm den Humpen mit Bier und leerte ihn; sein Rülpsen fiel etwas leiser aus als sonst. Er benahm sich, weil Myr mit am Tisch saß.
»Schmeckt es dir?«, fragte sie ihn neugierig.
»Vorzüglich«, lobte Boëndal und goss sich nach. »Es hat einen besonderen Beigeschmack, malzig und würzig.«
»Das Bier veredeln wir mit …«
Der Zwilling, der den Humpen gerade an die Lippen setzte, hob abwehrend die Hand. »Nein, sag es nicht, Myr. Ich möchte nicht wissen, ob der Saft einer Raupe, einer Made oder etwas anderes hineingepresst wurde, dazu schmeckt es zu gut.« Er trank, und sie schwieg tatsächlich. Grinsend.
Der Nachtisch bestand aus einer weißen, cremigen Substanz, die einen honigähnlichen Geschmack besaß. Tungdil entdeckte auf seinem Teller den Rest einer zähen Hülle, mit der Maden ihr weiches Inneres schützen, sagte jedoch nichts, sondern löffelte die süße Masse weiter.
Ingrimmsch nahm sich natürlich eine zweite Portion, bewies aber so viel Schläue, nicht mehr zu fragen, was ihm da so mundete. Müde, mit vollen Bäuchen und vom Alkohol benebelt, wankten die drei schließlich die Treppe hinauf und warfen sich in die Betten.
»Ich habe es nicht bereut, dich begleitet zu haben«, ächzte Boïndil und löste den Gürtel; ein tiefes Rülpsen verschaffte ihm Platz im Magen. »Aber ich fürchte, ich werde bald nicht mehr in mein Kettenhemd passen. Myr kocht zu gut.«
Die anderen beiden
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