Der Kruzifix-Killer
bitte?«
»Du hast doch bestimmt schon von Leuten gehört, die nicht den Mut aufbringen, sich das Leben zu nehmen, also kaufen sie sich eine Waffe und wedeln auf offener Straße damit herum. Die Polizei kommt, fordert die Person auf, die Waffe abzulegen, die fuchtelt noch wilder damit herum, bis den Cops nichts anderes übrigbleibt, als zu schießen.«
»Ja, hab davon gehört. Suizid durch die Polizei.«
»Genau. Farloes Fall folgt demselben Prinzip. Wie gesagt, Farloe war ein Einzelgänger, keine Freunde, kein Sozialleben und auch keine Aussicht auf das eine oder andere davon. Und über den Kruzifix-Killer wusste er offensichtlich gut Bescheid.«
»Das taten alle, dafür hat die Presse gesorgt.«
»Haargenau. Dann wird es dich auch nicht überraschen zu hören, dass es da draußen einige religiöse Fanatiker gab, die auch noch fanden, der Kruzifix-Killer würde gute Arbeit leisten. Weil er Sünder tötete.«
»Und Farloe war einer von denen«, vollendete Garcia Hunters Gedankengang.
»Eben. Für diese Leute war der Kruzifix-Killer ein Held, jemand, der Gottes Werk verrichtet. Und auf einmal erhält Farloe die Chance, sein eigener Held zu werden.«
»Du meinst wohl eher, für seinen Helden die Prügel zu kassieren.«
»Das spielt keine Rolle. Für den Rest der Welt würde Mike Farloes Name synonym mit dem des Kruzifix-Killers sein. Eine perfekte Gelegenheit für Farloe, die eigene bedeutungslose Existenz hinter sich zu lassen. Sein Name würde in Büchern stehen und in Kriminologievorlesungen behandelt werden. Als Toter hätte er den Ruhm, der ihm als Lebender verwehrt blieb.«
»Aber du hast gesagt, Farloe wusste bestimmte Dinge über die Opfer, die eigentlich nur der Killer wissen konnte … wie die Motive für die Morde. Er hätte zum Beispiel was davon erzählt, dass eines der Opfer sich bis an die Spitze seiner Firma hochgeschlafen habe. Woher konnte er so etwas wissen?«
»Weil der Killer es ihm erzählt hat«, schloss Hunter.
»Was?«
»Überleg doch mal. Du bist der Killer, okay? Und du willst jemandem deine Taten anhängen. Du hast endlich den Richtigen gefunden. Du freundest dich mit ihm an.«
»Was vermutlich nicht allzu schwierig war, da Farloe keine Freunde hatte.«
»Genau. Deine Unterhaltungen kreisen hauptsächlich um die Kruzifix-Morde. Was der Killer für tolle Arbeit leistet, indem er die Welt von der Sünde befreit und so Zeug. Und dann fütterst du Farloe mit allerlei Gerüchten. Ich habe gehört, eins der Opfer war eine Prostituierte mit einer Geschlechtskrankheit … eine andere hat mit allen möglichen Leuten in ihrer Firma geschlafen, nur um nach oben zu kommen. « Hunter wechselte die Tonlage, um in die Rolle des Killers zu schlüpfen.
»Das Ganze als Vorbereitung für seine Festnahme«, führte Garcia den Gedankengang fort.
Hunter biss sich auf die Lippe und nickte.
»Aber warum erzählt er ihm dann nicht von dem echten Doppelkreuz, das er den Opfern in den Nacken ritzt?«
»Weil niemand davon wusste, mit Ausnahme des wahren Killers und einer Handvoll Leute, die an dem Fall arbeiteten. Wenn der echte Killer damit rausgerückt wäre, hätte das Farloe sofort misstrauisch gemacht. Mike war zwar durchgeknallt, aber nicht blöd.«
»Du meinst, Farloe wäre darauf gekommen, dass die Person, mit der er da redete, der echte Killer war.«
»Möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich. Vermutlich hätte Farloe eher gedacht, dass der Kerl einen Haufen Scheiße im Hirn hat.«
»Warum?«
»Was glaubst du, wie Farloe überhaupt vom Kruzifix-Killer erfahren hat?«
»Durch die Presse.«
»Genau. Vermutlich hat er alles verschlungen, was die Medien zu dem Thema verbreiteten. Und jedes Wort davon geglaubt. Menschen lassen sich ziemlich leicht beeindrucken. Farloe indirekt zu sagen, dass das, was er da las, ein Haufen Mist ist, hätte ihn eher zurückgestoßen. Aber der Killer wollte ja sein Vertrauen gewinnen. Wem glaubt wohl ein ganz normaler Durchschnittsbürger eher, den Medien oder einem x-beliebigen Fremden?«
Garcia überlegte eine Weile. »Da ist was dran.«
Hunter nickte. »Der Killer wusste schon, wie er Farloes Vertrauen gewinnen konnte.«
»Glaubst du, er ging fest davon aus, dass Farloe gestehen würde?«
»Vielleicht. Ich bin nicht sicher.«
»Er hatte nichts zu verlieren«, räumte Garcia ein, schien jedoch noch immer nicht befriedigt. »Aber warum?«
Hunter blickte ihn alarmiert an. »Hast du mir eigentlich zugehört? Ich habe dir gerade erklärt,
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