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Der kuerzeste Tag des Jahres

Der kuerzeste Tag des Jahres

Titel: Der kuerzeste Tag des Jahres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Dubosarsky
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brechen.
    Aber wer war Samuel Cass?
    »Wir müssen schlafen«, sagte sein Großvater. »Du musst dich hinlegen und schlafen. Sieh doch, es ist schon dunkel.«
    Es ist nicht wirklich dunkel!, wollte Samuel sagen. Das liegt nur daran, dass es der kürzeste Tag des Jahres ist!
    Aber er konnte nur nach Luft schnappen, als spannte sich das weiche, blütenbedruckte Hemd bereits über seine Brust, als wären die grünen Sportschuhe längst fest zugebunden.
    Kapitel 15
    Verwechslung
    Es war kurz vor zwanzig Uhr, und die Sonne war schon vor drei Stunden untergegangen. Hannah und Elkanah waren erneut losgezogen, um nach Samuel zu suchen; in Parks, in Geschäften, entlang des Hafens. Hannah hätte es nicht ausgehalten, untätig zu Hause zu sitzen. Sie war so verstört, dass sie sogar Elkanah das Fahren überließ, was er sonst nur selten tat. Elkanah hatte von Autos nicht die geringste Ahnung, anders als Randolph Butcher, der jedes Schräubchen eines Motors benennen konnte und wusste, was zu tun war, falls ein merkwürdiges Geräusch erklang. Elkanah würde lediglich nach einem Taxi winken und den Abschleppdienst verständigen.
    Theodora war in der Küche, wo sie eine Birne schälte und überlegte, was sie als Nächstes tun sollte, als es draußen klingelte. Samuel!, durchfuhr es sie, aber bis sie die Haustür öffnete, wunderte es sie nicht, dort nur Randolph Butcher stehen zu sehen.
    »Dachte, ich könnte vielleicht irgendwie helfen«, sagte er und trat ein. »Hannah hat mich von der Polizei aus angerufen.«
    Rhody war aufgewacht und hockte schlaff im Wohnzimmer, missgelaunt, die Haut fahlgelb, vor sich den Fernseher, der ihn anbrummte wie eine warme, schnurrende Löwin. Randolph, sauber und gut aussehend, nahm ihm gegenüber in einem Sessel Platz.
    Theodora stellte sie einander vor. »Das ist Randolph Butcher. Und das ist mein Großvater Rhody Danz, der aus Melbourne.«
    Randolph nickte. »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte er. Randolph war immer höflich.
    Aber Rhodys Nickerchen hatte kaum zur Verbesserung seiner Laune beigetragen, und er war auf diese unangenehme Art erwacht, wie sie Leuten zu eigen ist, die zu viel trinken.
    »Wird auch höchste Zeit, dass Sie aufkreuzen, Mr Butcher!«, giftete Rhody los. »Ohne Sie hätte der arme kleine Hosenscheißer schließlich nicht die Kurve gekratzt, oder?«
    Randolph legte den Kopf auf eine Seite und kniff die Augen zusammen, als hätte er in eine etwas zu alte Tomate gebissen.
    »Jetzt glotzen Sie nicht so!«, spuckte Rhody aus, der mit jeder Sekunde giftiger wurde. »Sie wissen, wovon ich rede! Mit seiner Mutter rumzumachen. Die Familie zerstören!«
    Randolphs gut aussehendes Gesicht wurde blass. »Da dürfte ein Irrtum vorliegen«, sagte er, eisig und mit flacher Stimme.
    »Von wegen!«, schoss Rhody selbstzufrieden zurück. »Fragen Sie die da!«, und sein zitternder Finger zeigte auf eine entsetzte Theodora. »Sie hat mir alles erzählt! Hat dem kleinen Kerlchen das Herz gebrochen, und wie auch nicht? Sie wissen doch, was das heißt, Ödipus und all das, beginnende Pubertät. Hat wahrscheinlich das Fass zum Überlaufen gebracht. Wahrscheinlich gabeln sie ihn irgendwo in den Gassen auf, wo er rumrennt und sich für Haile Selassie hält.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon er spricht«, sagte Theodora mit fester Stimme und fügte, um Rhody gegenüber fair zu bleiben, erklärend hinzu: »Er hatte noch kein Mittagessen.«
    »Mr Danz«, sagte Randolph, »Sie irren sich gründlich. Ich muss Sie auffordern, einzuräumen, dass Sie sich über alle Maßen irren.«
    Theodora schaute von Rhody zu Randolph. Das klang wie aus einem alten Spielfilm. Würden sie sich jetzt duellieren? Würde Rhody sagen: › Kommen Sie vor die Tür! ‹ ? Würde Randolph ihm mit einem weißen Taschentuch ins Gesicht schlagen?
    »Tja, das hat sie aber gesagt«, sagte Rhody schmollend.
    »Hab ich nicht!«, protestierte Theodora entrüstet. »Ich habe bloß gesagt, dass Randolph und Hannah befreundet sind.«
    Randolph hob den Kopf, voller Stolz. »Ich bin sowohl mit Dr. als auch mit Mr Cass befreundet«, sagte er, »und auch nur anzudeuten, es könne sich um mehr als bloße Freundschaft handeln, ist niederträchtig und verleumderisch.« Er bedachte Rhody mit einem bitterbösen Blick.
    Rhody zündete sich mit zitternder Hand eine Zigarette an. Randolph Butcher war das, was in Büchern als Sinnbild der Schweigsamkeit bezeichnet wird – eher ein Sinnbild völliger Vernichtung. Keiner der beiden würde als

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