Der Kugelfaenger
Normalerweise ist es ja so, dass das Wort „Frühstück“ bei wahrscheinlich allen anderen Menschen Zufriedenheit und ein Hungergefühl auslöst und keine schrillenden Alarmglocken im Hirn, wie das bei Tom Hunt der Fall ist.
Isabelle und Frühstück, das passt so wenig wie … Katze und Maus. Oder … Marmeladenbrot und Rollmops.
Isabelle hat in ihrer fünfmonatigen Beziehung noch kein einziges mal etwas zum Frühstück gegessen, noch freiwillig Frühstück gemacht. Noch nie. Also wird sie auch
heute
kein Frühstück machen.
Das Geklapper geht munter weiter, das jetzt in einem lauten Geschepper endet. Tom lauscht angestrengt in die nun eintretende Stille. Kein Fluchen ist zu hören. Nichts. Wenn Isabelle etwas zerbricht, dann schimpft sie lautstark los. Aber nicht heute. Das ist äußerst ungewöhnlich. Alle nur erdenklichen Alarmglocken in Toms Kopf beginnen zu schrillen.
Wer zum Teufel verwüstet da gerade meine Küche?!
Er ist sofort hellwach, er spürt seine Schmerzen im Kopf auf einen Schlag nicht mehr. Er schlägt die Decke zurück und setzt sich auf. Sein Blick fällt auf den am Boden liegenden Wecker. Er lässt ihn liegen und ignoriert, dass das Ding viertel nach neun zeigt. Und in genau fünfzehn Minuten sollte er eigentlich in der Agentur sein.
Er springt auf und versucht nicht allzu viel Lärm dabei zu machen. Er kann leises Scherbenklirren vernehmen.
Wer sammelt hier die Scherben
meines
Geschirrs auf?
Tom hebt seine Kleidung vom Boden auf und wühlt kurz darin herum und lässt sie wieder fallen. Bei seinem Versuch vom Bett zum Schreibtisch zu gelangen, stolpert er über den unordentlich daliegenden Teppich und knallt mit voller Wucht gegen eine Kommode, wobei er sich den Zeh ordentlich anstößt. Der Schmerz durchfährt ihn sofort und nun beginnt er auch wieder seinen Kopf zu spüren. Er unterdrückt die Schmerzen, kauert sich zusammen und lauscht angestrengt, ob ihn derjenige aus der Küche wohl gehört hat. Anscheinend nicht, das Rumoren hält an.
Er richtet sich wieder auf, schleicht leise zum Kleiderschrank hinüber und öffnet ihn. Er wühlt sich bis ganz hinten vor und zerrt einen Hockeyschläger heraus. Damit geht er lautlos zur Tür, zögert und greift sich schließlich den Baseballschläger, der an der Wand lehnt. Er wiegt ihn in der Hand. Schon besser. Dann sieht er sich vorsichtig im Flur um, verlässt das Schlafzimmer und bewegt sich diesen mit dem Baseballschläger langsam entlang. Er schleicht lautlos wie eine Katze an der Wand entlang. Das Badezimmer ist leer. Im Wohnzimmer ist auch niemand. Da entdeckt er neben der Kommode, auf der das Telefon steht, einen Golfschläger. Tom weiß nicht, wo er die verschiedenen Schläger alle her hat. Er legt den Baseballschläger auf den Boden und greift sich stattdessen den Golfschläger. Dieser ist viel länger und so muss er dem Einbrecher nicht so nahe kommen, um ihm eins überzubraten.
Aus der Küche ist nun nichts mehr zu hören. Sein Herz hämmert ihm bis zum Hals.
Er zittert ein wenig. Sein gesamter Körper steht unter größter Anspannung. Eine Hochspannungsleitung ist kein Vergleich.
Barfuß schleicht er weiter. Plötzlich hört er ein lautes Klacken. Tom ist sofort in Stellung, ohne groß nachzudenken. Dann erst merkt er, dass das der Toaster war.
Da macht doch tatsächlich jemand Frühstück!
Wer hat alles den Schlüssel zu meiner Wohnung? – Niemand.
Tom lehnt sich an die Wand neben der Türe, sein Herz pocht wild. Er kann nackte Füße auf den Fliesen hören; sie patschen wie Kinderfüße. Und dann klappert jemand erneut mit Geschirr. Das reicht Tom. Er will wissen, wer hier in seiner Wohnung ist und wahrscheinlich seine ganze „Ordnung“ durcheinander bringt.
Er wagt einen kurzen Blick in seine Küche. Mehr als den alten Herd und die Arbeitsplatte kann er durch seine Position aber nicht sehen. Der Eindringling muss sich also in der Nähe des Tisches befinden.
Er macht sich bereit, atmet einmal tief ein, dass seine Nasenflügel beben und winkelt den Golfschläger an. Dann ist er mit einem schnellen Satz in der Küche, holt mit dem Schläger aus und brüllt: „Waffen fallen lassen!“
Tom antworten ein erschrockener, spitzer Schrei und das Krachen von zu Boden fallendem Geschirr.
Oh, nein. Nicht schon wieder.
Ihm sieht eine äußerst entsetzte, rothaarige junge Frau entgegen. Sie trägt ein dünnes, kurzes Kleidchen mit Blumenmuster und ist tatsächlich barfuß. Alles in allem sieht sie nicht gerade wie eine
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