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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Russen. Allerdings ist dieser über seine sich früher gesetzte Zeit ausgeblieben – wahrscheinlich hat er nicht früher nach *** zurückkehren können – jetzt weiß ich aber bestimmt, daß er in vierzehn Tagen wieder hier eintreffen wird, um – der Residenz seine junge Frau vorzustellen.«
    Fräulein von Zahbern sah vor sich nieder und flüsterte: »Nun, mein Herr Staatsrat, so weit ist die Sache denn doch eigentlich nicht!«
    »Allerdings, mein gnädiges Fräulein – Pardon, wenn ich Ihnen widerspreche. Die Trauung wird am 17. dieses Monats mit der jungen Fürstin Orlikoff vollzogen werden.«
    Fräulein Franziska wurde leichenblaß; im nächsten Moment aber auch schon zog sich ein höhnisches Lächeln um ihre Lippen, und sie erwiderte: »Der Herr Staatsrat geruhen zu phantasieren, die Braut soll er sich wohl im Vorbeigehen aufgelesen haben!«
    »Bitte um Entschuldigung,« entgegnete von Zädnitz mit der boshaftesten Geflissenheit, »er hat um sie nach alten Rechten und Gebräuchen geworben – wahrscheinlich, um Komtesse Ralphen zu beweisen, daß er nicht um eine gute Partie verlegen zu sein braucht, denn die junge Fürstin soll eine der ersten Partien in Petersburg sein.«
    »Es ist eine boshafte Erfindung von Ihnen,« sagte Fräulein von Zahbern, indem ihr Antlitz eine fast dunkle Färbung annahm und ihre Augen wie ein paar Brillanten leuchteten.
    »Dann habe ich auch wahrscheinlich diesen Brief gefälscht,« sagte der Staatsrat, indem er ein Kuvert aus der Tasche und sorgfältig und sehr langsam ein zierliches Bittet aus diesem nahm. Höchst vorsichtig und umständlich faltete er es dabei auseinander, indes Fräulein Franziska wie auf Nadeln neben ihm stand und sich augenscheinlich alle Gewalt antun mußte, es ihm nicht aus den Fingern zu reißen, von Zädnitz sah das auch recht gut, wenn sein Auge auch nicht nach ihr hinüberflog, und ein leises Lächeln zuckte ihm dabei um die dünnen Lippen. Aber er beeilte sich deshalb nicht im geringsten, und endlich das zartduftende Bittet vor sich haltend, las er:
    »Lieber Zädnitz!
    Ich weiß, daß Sie Anteil an mir nehmen, deshalb zeige ich Ihnen hiermit, und nur Ihnen, meine am 17. d. stattfindende Vermählungmit Feodorowna Fürstin von Orlikoff an. Teilen Sie es meinen Freunden mit. Zugleich bitte ich Sie, mir zu Ende des Monats und für den Sommer ein passendes Quartier in *** auszumachen, in bester Lage, und mit jeder irgend möglichen Räumlichkeit für uns, Dienerschaft und zehn Pferde. Der Preis ist natürlich gleichgültig. Indem ich Sie bitte, mich Ihrer liebenswürdigen Frau Gemahlin zu Füßen zu legen, bleibe ich wie immer Ihr –«
    »Bitte, gnädiges Fräulein, kennen Sie die Unterschrift?«
    »Selikoff,« las Fräulein von Zahbern, die sich indessen gewaltsam gesammelt hatte, vollkommen gleichgültig. »Der Herr Staatsrat mußten nach solcher direkten Anzeige allerdings besser unterrichtet sein als wir.«
    »Aber die liebenswürdige Frau Gemahlin,« bemerkte Frau von Zädnitz, »hat ja bis jetzt kein Wort, nicht einmal von dem Gruß erfahren.«
    »Weil ich den Brief zehn Minuten vorher erhielt, ehe wir von Hause fortfuhren, mein Schatz,« erwiderte ihr Gatte, »und ich dann von deiner brillanten Toilette so geblendet war, daß ich alles andere darüber vergaß.«
    »Und Fräulein Franziska hättest du die Nachricht auch nicht so unvorbereitet mitteilen sollen.«
    Der Blick, den die junge Dame in diesem Augenblicke – vielleicht unbewußt, aber gewiß nicht unbeobachtet – auf die Frau Staatsrätin warf, hätte, wäre er ein Dolch gewesen, ihren unmittelbaren Tod zur Folge haben müssen. Lächelnd aber erwiderte sie: »Und warum nicht mir, gnädige Frau? Sie glauben doch hoffentlich nicht, daß ich solches Interesse an jenem sibirischen Grafen nehme, wie – vielleicht manche andere »liebenswürdige« Damen dieser Stadt? – Aber, Herr von Zühbig, ich dächte, es wäre Zeit zum Theater, und ich möchte das heutige Stück um keinen Preis versäumen.«
    »Parbleu! das gnädige Fräulein hat recht,« rief Herr von Zühbig, erschreckt nach seiner Uhr sehend, »in so angenehmer Gesellschaft hätte ich beinahe meine eigene Pflicht versäumt. Bitte, meine Herrschaften, lassen Sie sich ja nicht durch mich stören – aber ich muß fort.«
    »Donnerwetter, Zühbig, es ist wohl Theaterzeit,« rief der alte General von Schoben vom Fenster aus, »warten Sie – wir gehen alle mit.«
    »Aber, liebe Euphrosyne,« rief Frau von Zühbig, »Sie wollen doch nicht

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