Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Werwolfs - 1

Der Kuss des Werwolfs - 1

Titel: Der Kuss des Werwolfs - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
Vom Netzwerk:
Kurz nach Mitternacht; ihr Nachtdienst dauerte noch bis sechs Uhr morgens. Sie warf die »Times« in den Papierkorb und breitete »Daily 16« vor sich aus. Auf der Suche nach einem Artikel, den Violet geschrieben hatte, überflog sie die Überschriften und die Autoren und wurde auf der London-Seite fündig. Neben einem dreispaltigen Artikel über einen 14-Jährigen, der die Katze seiner Schwester gekreuzigt hatte, las sie: »»Verletzungen aus dem Nichts< von Violet Hill«.
    Der Artikel handelte von einer jungen Hotelangestellten, die morgens mit Kratzern am ganzen Körper aufgewacht war. Sie und ihre Ärztin waren ratlos, Spuren gewaltsamen Eindringens in das Haus im Südwesten Londons lagen nicht vor. Der Text endete mit der Frage, wer oder was in London sein Unwesen trieb. Nola war einen Moment wie gelähmt. Violet hatte kaum Details verändert — der Text handelte viel zu eindeutig von Nola! Sie fühlte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss und gleich darauf wieder nach unten sackte. Das war … sie musste …
    Sie eilte in den Umkleideraum der Damen. Dort fischte ihr Mobiltelefon aus der Handtasche in ihrem Spind und wählte Violets Nummer. Es klingelte bestimmt ein Dutzend Mal, bevor der Anruf angenommen wurde, doch Violet klang ganz und gar nicht, als hätte Nola sie aus dem Bett geholt. Im Hintergrund waren Gelächter, Musik und Gläserklirren zu hören.
    »Ah, Süße, du bist es«, begrüßte Violet sie. »Ich bin gerade mit einer lustigen Truppe in Soho, im >Fox in the Night<. Willst du nicht auch herkommen?«
    Kein Funken schlechten Gewissens klang in den Worten ihrer Freundin mit.
    »Du hast mir was versprochen!«, fauchte Nola.
    »Ich verstehe dich nicht, es ist so laut hier.« Violet kicherte und sagte etwas zu jemand anderem, dann war sie wieder am Apparat. »Komm her oder rufe mich morgen an!«
    »Ich muss dich aber jetzt sprechen!« »Wo brennt es denn? Warte!«
    Die Geräusche im Hintergrund wurden leiser und endeten, als Nola eine Tür zuschlagen hörte.
    »Ich bin jetzt auf dem Damenklo. Was ist los, Süße?«
    »Du hast es mir versprochen! Und diesmal geht es nicht um ein rosa Plüschherz, und wir sind auch keine Teenager mehr.«
    »Ich verstehe immer rosa Plüschherz.«
    Nola hatte das Gefühl, ihre Freundin nahm sie nicht ernst. Am liebsten hätte sie das Telefon gegen die Wand gepfeffert, so wütend war sie. »Du hast mir versprochen, mich in deinen Artikel zu verfremden. Ich habe heute deine Zeitung gelesen.«
    Nola hörte die Freundin scharf einatmen, der Groschen war endlich gefallen.
    »Niemand kann dich identifizieren anhand des Artikels. Nicht einmal deine Eltern.«
    »Ich habe mich erkannt und meine Ärztin wird mich auch erkennen. Du hast unsere Freundschaft für dein Schmierenblatt missbraucht.«
    Nola fühlte sich schon ein wenig besser, nachdem sie etwas Dampf abgelassen hatte.
    »Ich musste. Wir brauchten noch einen kleinen Artikel für die London-Seite, und mein Chef hat mich dazu verdonnert, ihn zu schreiben. Ich hatte nichts anderes. Nola, bitte versteh das! Und mein Chef fand den Artikel sogar richtig gut, gerade mit dieser Frage nach dem Unheimlichen am Ende. Stell dir mal vor, es ist ein Vampir!«
    »Vampire beißen ihre Opfer und kratzen sie nicht. Außerdem gibt es keine Vampire.«
    Sie schwiegen eine Weile, dann fragte Violet kleinlaut: »Nola — und was nun?«
    Ja, was nun? Sie wusste es nicht. Vi war ihre älteste und beste Freundin, und nachdem sie ihren Fehler zugegeben hatte, war Nolas Wut halb verraucht.
    »Ich weiß nicht.«
    »Aber die Party am Freitag, du kommst doch mit?«
    »Vi, ich weiß nicht. Eigentlich lieber nicht.«
    »Du musst. Es wird super, ich verspreche es dir! Sexy Männer, die sich alle Finger nach dir lecken werden. Du kannst nicht Nein sagen.«
    Das konnte sie wirklich nicht, ohne wie eine Langweilerin zu klingen, obwohl sie keine Lust auf Gedränge, dröhnende Musik und viel zu viele Leute hatte. »Na gut, ich komme.« »Ich freu mich, Nola”, rief Violet begeistert. »Und ich schreibe nie wieder über dich. Heiliges Journalistenehrenwort.«
    Skeptisch, dass Violet dieses Versprechen hielt, legte Nola auf.
    Die Partygäste, die sich zahlreich in dem Loft in den Londoner Docks eingefunden hatten, waren allesamt extrem hip. Violet trug das neue, grüne Kleid und Nola ein kleines Schwarzes mit einer Fransenborte am Saum, die an die Zwanzigerjahre erinnerte; als farbiges Accessoire hatte sie sich für einen roten Seidenschal, ebenfalls mit Fransen,

Weitere Kostenlose Bücher