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Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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erklärt und verbannt worden – hatte Broger die Macht übernommen und Unsummen für Gemälde der alten Burg auf der Insel Nightfall bezahlt, dem Exil der Brüder. Er verfolgte die Absicht, diese Bilder als Fernsichthilfen und zur Teleportation von Kreaturen zu benutzen, die die acht Brüder angreifen und töten sollten. Broger hatte sich immer danach gesehnt, in den Stand eines Edelmannes erhoben zu werden, und obwohl der Rat und der König und die Königin ihn nur pro tempore, für eine befristete Zeit, eingesetzt hatten, war er entschlossen, die rechtmäßige Blutlinie auszulöschen, den Grafentitel ganz an sich zu reißen und an Stelle der acht verbannten Brüder seinen Sohn zum Erben von Corvis zu machen.
    Während sie auf ihre Kammer zuging, fragte sich Alys erneut, wie es kam, dass Brogers jüngerer Bruder Tangor, ihr Vater, ein so wundervoller Mensch gewesen war. Selbst nach fast zehn Jahren vermisste sie ihre Eltern immer noch, wünschte, sie wären nicht von dieser plötzlichen Überschwemmung erfasst worden, als sie einen Fluss in der Nähe ihres Heims überquert hatten.
    Tansia, eine der wenigen Dienstmägde, die sich mit Alys angefreundet hatten, beaufsichtigte in dem Raum, der einst Saber und Wolfer of Nightfall gehört hatte, ihre Kollegen Maegra und Kelvin beim Packen von Alys’ Sachen. Als sie Alys sah, schlang sie die Arme um sie. »Du armes Ding! Du armes Ding! Und ich darf dich noch nicht einmal begleiten!«
    Alys drückte sie kurz an sich, dann trat sie einen Schritt zurück. Ohne sich den in ihr tobenden Gefühlsaufruhr anmerken zu lassen, tröstete sie ihre Zofe: »Schon gut, Tansia. Es ist besser, wenn du hierbleibst. Wer weiß, als was für ein Herr sich dieser Baron Glourick entpuppt? Onkel ist schon schlimm genug.«
    Tansia erschauerte. »Ich habe genug Gerüchte gehört, um es gar nicht wissen zu wollen.«
    Die beiden anderen nickten stumm, während sie Alys’ Kleider zusammenfalteten. Alys betrachtete die Kleidungsstücke nachdenklich. Ihr war klar, dass sie jetzt ein paar eigene Vorbereitungen treffen musste. Sie ging zu einer der Truhen, die schon gefüllt waren, öffnete sie und schloss die Hand um einen seidenen Beutel – sie konnte ihre Kleider, ihre wenigen Juwelen und ihre ganze sonstige Habe zurücklassen, aber nicht diesen einen Gegenstand.
    In dem Moment, wo der in dem Beutel enthaltene Anhänger ihr Fleisch berührte, konnte ihre Flucht beginnen. Sie schob ihn in den Ausschnitt ihres Kleides, zwischen ihre Brüste, und begann die Dinge zusammenzutragen, die sie zwar notfalls entbehren konnte, aber lieber bei sich hätte. Ein Messer, das gleichfalls unter ihr Gewand geschoben wurde, ein Umhang, der auch als Bettzeug dienen konnte, da es zum Glück Sommer war, Tücher für ihre Mondblutungen und ihre Juwelen. Alles wanderte in eine Tasche in Form einer Schärpe, die sie sich hinter ihrem Wandschirm umband, bevor sie ihr schlichtes blaues Gewand darüberzog.
    Hoffentlich bemerkte niemand die leichte Ausbeulung und nahm ihr die Schärpe ab. Dann betrachtete sie das Kleid selbst. Hellblau war eine zu auffallende Farbe, also zog sie es aus, ließ sich von Tansia ein braunes Gewand bringen, in dem sie stärker mit Wald und Feld verschmelzen würde, und bat sie, das andere einzupacken. Viele Kleider besaß sie ohnehin nicht: ein blaues, ein grünes, ein graues und ein braunes. Ihr Onkel war zu geizig gewesen, mehr Geld für sie auszugeben, während sie heranwuchs.
    Dann streifte sie noch ein schlichtes Musselinübergewand darüber – vorgeblich, um ihr Kleid vor Schmutz zu schützen, aber ihr Onkel sah sie gern in dem schürzenähnlichen Kleidungsstück, weil sie sich darin kaum von den Dienstmägden unterschied – und vertauschte ihre Slipper mit Stiefeln. Sie war froh, dass sich ihr Onkel bezüglich ihrer Kleider so knauserig gezeigt hatte, denn da sie aus dem braunen herausgewachsen war, endete der Saum ein Stück über dem Boden, statt darüber hinwegzuschleifen, wie es die Mode vorschrieb. Längere Kleider hätten sie nur behindert.
    Sowie sie fertig war, ging sie in den Hof hinunter. Die Karawane bestand aus zehn berittenen Soldaten, die Packpferde und ihre eigene Stute am Zügel führten. Alys stieg mit unbewegtem Gesicht auf den Damensattel, umfasste den Knauf und drehte sich nicht um, als der Anführer den Befehl zum Aufbruch gab. Sie wusste, dass ihr Onkel sie scharf beobachtete. Das Letzte, was er von ihr sehen sollte, war eine ruhige, gefasste, sich klaglos in ihr

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