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Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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feinen Nase eines Pookrah witterte Alys Felsen und hielt darauf zu. Nachdem sie auf das Geröll auf dem Hang gesprungen war, änderte sie langsam ihre riesige Gestalt und schrumpfte auf eine etwas natürlichere Größe zusammen. Sie machte erst halt, als sie den Hügel erklommen und die andere Seite erreicht hatte. Jetzt fühlte sie sich sicher genug, um kurz zu verschnaufen.
    Keuchend nahm sie wieder ihre menschliche Gestalt an, dann ließ sie sich auf einen Felsbrocken sinken, zog den Seidenbeutel aus ihrem Mieder, spähte mit scharfen Augen in die Nacht und schüttelte den Anhänger heraus, den sie fest gegen das Brustbein drückte und dabei den vierzackigen Stern auf ihre Haut presste.
    Ein sengender Schmerz schoss durch ihren ganzen Körper, trieb ihr die Tränen in die Augen und ließ sie zischend durch die Zähne ausatmen: Das Amulett verband sich mit ihrem Fleisch. Es gab keine Magie, die bewirkte, dass sie sich schmerzlos von den vielen Zauberbannen befreite, die auf ihr lagen – obwohl Morganen sein Bestes getan hatte, um einen Gegenzauber für die zahlreichen Zauber zu finden, mit denen ihr Onkel sie belegt hatte. Es hatte sie fast zwei Jahre gekostet, sie alle ausfindig zu machen und ihrem Freund dann während der seltenen, unvorhersehbaren Möglichkeiten der Kontaktaufnahme davon zu berichten. Der Schmerz war der Preis, den sie zu zahlen hatte, obgleich sie Augen und Mund zusammenkneifen musste, um nicht laut zu schreien.
    Sie roch ihr eigenes verbranntes Fleisch, dann verbrannte Knochen und spürte schließlich die prickelnde Kälte, die den silbernen Diamanten abkühlen und die schwärzlich verfärbten, mit Blasen bedeckten Hautränder heilen ließ. Das Amulett sank in ihr Brustbein ein, bis es glatt mit der Haut abschloss; die Kälte strömte durch ihre Adern, löste in ihrem ganzen Körper ein Prickeln aus und ließ die Tränen auf ihren eisigen Wangen einen Moment lang glühend heiß erscheinen.
    Das Metall erwärmte sich langsam wieder auf Körpertemperatur. Es war vollbracht. Alys erschauerte, als sie spürte, wie das Amulett, das jetzt für immer ein Teil von ihr war, die Wärme in ihre Adern zurückströmen ließ.
    Jetzt hält Onkel mich wirklich für tot. All seine Zauber, die mich an ihn gebunden haben, sind erloschen, und er kann auch nicht durch unsere von den Göttern verdammten Blutsbande herausfinden, wo ich mich aufhalte. Ich muss nur dafür sorgen, dass mir niemand dieses Amulett aus der Brust schneidet.
    Alys rieb über das zwischen ihrem Schlüsselbein und ihren Brüsten verankerte Metall. Der Schmerz hatte so weit nachgelassen, dass sie das Brennen in ihrem Arm wieder spürte. Es war unumgänglich gewesen, am Lagerfeuer ihr eigenes Blut zu vergießen, um die Illusion zu verstärken und ihren Tod glaubhafter wirken zu lassen. Ein paar Tropfen fielen noch immer auf den Stein unter ihr, aber das war jetzt nicht länger notwendig, und sie hatte Schmerzen jeglicher Art noch nie gut ertragen können.
    » Sukra medis esthanor; coajis epi demisor «, murmelte sie und sah zu, wie die Wunde sich schloss und verheilte, ohne eine Narbe zu hinterlassen. Sie streifte das leichte Übergewand ab, und rieb damit das letzte Blut von ihrem Arm, dann zerriss sie das Kleidungsstück und warf es für den Fall, dass die Soldaten ihres Onkels tatsächlich hier noch nach ihr suchten, den Abhang hinunter. Wenn sie das Gewand fanden, würden sie sich nicht mehr die Mühe machen, nach ihrem Leichnam zu suchen.
    Alys gönnte sich noch eine kurze Verschnaufpause, dann nahm sie seufzend die Gestalt einer Eule an und stieß sich von den Steinen ab. Beide Monde standen am Himmel und spendeten ihren Raubvogelaugen mehr als genug Sicht, um sich zurechtzufinden. Schwester Mond hing als schmale silberne Sichel am westlichen Horizont, aber das größere Gesicht von Bruder Mond im Osten war fast voll. Die Wächter würden ihre durch Magie erzeugten Spuren noch eine Weile verfolgen können. Aber sie konnte nicht wissen, wie gründlich sie nach ihr suchen würden.
    Sie brauchte nicht lange, um von der Luft aus ihren Weg wiederzufinden. Alys landete in Sichtweite des Lagers auf einem Ast und beobachtete, wie die Männer die von den komplexen Illusionen, die sie heraufbeschworen hatte, verursachten Wunden behandelten. Einige der leichter Verletzten untersuchten die Pfotenabdrücke, die die illusionären Pookrahs im Boden hinterlassen hatten. Ihr Anführer betrachtete die Blutspuren nachdenklich.
    »Sollen wir sie suchen

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