Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)
enttäuschen. Du wirst ihn nicht enttäuschen. Der Handel ist abgeschlossen und besiegelt.«
»Wenn du meinst, das vorteilhafteste Bündnis geschlossen zu haben, Onkel, dann werde ich gehorchen«, murmelte Alys, ehe sie sich zurückzog. Zum Glück war ihr Onkel in zu guter Stimmung, um ihr wie üblich einen schmerzhaften Rippenstoß zu versetzen, als sie die Stufen emporstieg.
Sie ging in die Schlachtkammer hinter der Treppe, spülte den Eimer aus, wusch sich die Hände und nahm mit zitternden Händen die blutbespritzte Schutzschürze ab. Bislang hatte sie Broger immer beeinflussen können, wenn er überlegt hatte, mit wem er sie verheiraten sollte. Ich glaube, er wäre kein vertrauenswürdiger Verbündeter, Onkel … Wie viel hat er geboten? So wenig? Er will dich betrügen, Onkel! … In seinen Adern fließt nicht genug Magie, Onkel – willst du die Blutlinie mit minderwertigem Blut vergiften? … Wenn ich zu diesem Mann gehe, Onkel, wirst du dir diesen anderen zum Feind machen.
Es überraschte sie nicht, dass er jetzt eine endgültige Entscheidung getroffen hatte. Sie hatte ihn drei Jahre lang hingehalten, nachdem er zuvor, nach dem Unfalltod ihrer Eltern, sieben Jahre lang ein unwillkommenes junges Mädchen am Hals gehabt hatte. Sie wusste, dass auch dies eher auf einen Unfall zurückzuführen war; Broger hätte sich nie freiwillig mit einem Kind belastet. Er hatte sogar seinen eigenen Sohn stets vernachlässigt, bis der Junge Anzeichen magischer Fähigkeiten hatte erkennen lassen. Woraufhin er Barol unter seine unangenehmen Fittiche genommen hatte. Ihr Vetter hatte schnell gelernt, nachdem Broger begonnen hatte, Interesse an ihm zu zeigen.
Aber sie war sehr froh, dass Morganen gerade jetzt Verbindung mit ihr aufgenommen hatte, vor allem mit den vier entscheidenden Worten. Die Zeit ist gekommen. Zeit für mich, von hier zu fliehen. Danke, Kata und Jinga, dass ihr meine Gebete erhört habt!
Die Botschaft ihres Freundes aus Kindertagen war angesichts der Nachricht, dass sie schließlich an den Mann verkauft worden war, der das höchste Gebot abgegeben hatte – wie ein Stück Schlachtvieh, dachte sie grimmig -, geradezu ein Geschenk der Götter. Die vierundzwanzigjährige Frau verließ die Schlachtkammer, die sie hoffentlich nie wieder sehen musste, stieg die Treppe der verborgenen, in einen der Berge, die Broger of Devries’ ursprüngliches Heim umgaben, gehauenen Festung empor und betrat sein Studierzimmer. Sie trat durch die Spiegel-Pforte, schloss die Augen, um sich vor dem Anflug von Desorientierung zu schützen, und fand sich im nächsten Moment in seinem Arbeitsraum in Corvis Castle wieder.
Hier hielt er seine,Hübschen, die tückischen, magischen Bestien seiner geheimen Menagerie, vor anderen verborgen – mittels zweier Rücken an Rücken stehender, auf ewig zu einer Pforte verbundener Spiegel. Da sie nur miteinander verbunden waren, waren sie nicht beim Rat der Magier registriert, und da sie permanent aktiv waren, ergab sich auch kein unerklärlicher Anstieg oder Abfall von Energie, der den Verdacht des Rates hätte erwecken können.
Wie immer war sie versucht, den Rahmen zu zerschlagen; die einzige Möglichkeit, die Spiegel zu zerstören, aber sie tat es nicht. Stattdessen verließ sie den Arbeitsraum, schritt durch Hallen, in denen sie als junges Mädchen gespielt hatte, und begab sich zu dem Raum, der einst einem anderen gehört hatte. Die Dienstboten mieden sie – nicht weil sie die Nichte ihres Herrn war, sondern weil sie wussten, dass Lord Broger nichts für sie übrig hatte, und inzwischen zweifellos auch erfahren hatten, dass sie fortgeschickt wurde. Fort in die Verbannung wie die eigentlichen Söhne dieses Schlosses, wenn auch aus anderen Gründen.
Broger hatte die Schwester von Lord Savenos Gemahlin geheiratet. Nach Savenos Tod – kurz nachdem seine Frau Lady Annia im Kindbett gestorben war – und nachdem seine Söhne verbannt worden waren, hatte Savenos Bruder Daron die Herrschaft über die Grafschaft Corvis übernommen. Als nächster Thronanwärter ohne Kinder war Daron verwundbar gewesen. Broger hatte ihn in aller Heimlichkeit ermordet; außer seinen Prahlereien vor seiner Nichte gab es keinen Beweis für seine Schuld. Der Rat war dem Verbrechen nie auf die Spur gekommen.
Zwei Monate nach der Abreise der acht Brüder – weil eine mächtige Seherin eine mit ihnen zusammenhängende unheilvolle Prophezeiung ausgesprochen hatte, waren Savenos Söhne zu den Söhnen des Schicksals
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