Der Kuss
herumstehenden Sessel fallen. Spätestens jetzt konnte sich Michael nicht mehr zurückhalten, und glotzte Lukas schamlos zwischen die Schenkel. Seine schwitzenden Finger rutschten über die Plastikgriffe als er sah, wie sich Lukas' ansehnliches Geschlecht auf verstörende Weise halb erigiert aus den braunen Locken hob. Lukas blätterte gemütlich in Michaels Buch als wüsste er nicht, dass er begafft wurde. Den Behälter gegen sein Becken gepresst lief Michael zum zweiten Sessel und setzte sich rasch so hin, dass er seine Erektion verbergen konnte. Erst dann stellte er den Korb ab und schob ihn mit den Füßen von sich. Unauffällig zupfte er an seinem Pulli, um die Beule zu verdecken.
Auch wenn Michael voll bekleidet war und das auch noch viel zu warm für diese Jahreszeit, fühlte er sich nackter als Lukas, der ihm – mit einer großzügigen Geste – sein eigenes Buch reichte. Michael nahm es, klappte es auf und steckte mit gespielter Konzentration seine Nase hinein. Oh Gott, er würde kein einziges Wort lesen können, solange er neben diesem Kerl saß, dennoch starrte er unablässig auf die Buchstaben.
„Du liest sehr langsam“, stellte Lukas nach einer ganzen Weile fest, „Andererseits, wenn ich verkehrt herum lesen müsste, würde ich auch länger brauchen.“
Ertappt schloss Michael das Buch und warf es in den leeren Wäschekorb. Dabei musste er wieder zwischen Lukas' Schenkel schauen und stellte fest, dass sich die Erregung noch etwas gesteigert hatte. Michael sprang entschlossen hoch.
„Ich werde besser rauf gehen“, erklärte er mit belegter Stimme, „Du könntest meine Wäsche doch mit hoch nehmen – ist ja eh ein gemeinsamer Waschgang, also macht es sicher keine extra Mühe!“
„Also willst du mich alleine hier unten lassen?“, fragte Lukas ungläubig. Michael langte in den leeren Wäschekorb, schnappte das Buch und warf es seinem Freund zu.
„Du kannst das da lesen.“
„Oh
Danke!
Wow! Ich darf es
lesen!
Uiii!“, ätzte Lukas und tat so, als hielte er einen Druck aus dem fünfzehnten Jahrhundert in seinen Händen, falls man damals schon Bücher gedruckt haben sollte.
Michael spürte Wut in sich hoch kochen. Bis jetzt hatte er versucht, Lukas' Auftritt nicht als Provokation zu betrachten, aber nun brachte dieser das Fass zum Überlaufen. Ihn erst küssen, sich dann wochenlang verbarrikadieren. Dann Händchen halten und ihn liebkosen, sich anschließend wieder rarmachen. Auch wenn das Konzert und das, was drum herum passiert ist, erst drei Tage her war und Michael keinen Versuch unternommen hatte, Kontakt herzustellen, war er fest überzeugt gewesen, dass Lukas sich wieder verkrochen hatte. Immerhin – zur Abwechslung hätte doch auch mal Lukas versuchen können, ihn zu erreichen. Und nun das. Sein Nachbar turnte splitterfasernackt vor ihm herum und wollte auch noch, dass Michael ihm dabei Gesellschaft leistete?
„Ach, was würdest du denn
jetzt
tun, wenn etwas zwischen uns …“, begann Michael, als Lukas ihn mitten im Satz unterbrach, indem er sich den Zeigefinger auf den geschlossenen Mund legte, sich aufmerksam aufsetzte und aufgeregt horchte. Sofort war Michael alarmiert, spitzte ebenfalls die Ohren.
Jemand hatte den Keller betreten. Zwei Leute – Frauen. Sie tratschten, gackerten, trippelten. Ein Wort stach heraus und klang in Michaels Ohr wie eine Sirene:
'Wäschewaschen'.
„Verdammt!“, fluchte er und blickte Lukas gehetzt an, als fühle er sich für dessen Nacktheit verantwortlich.
„Hat heut' das ganze Haus Waschtag?“, knurrte Lukas und im nächsten Moment spürte Michael einen festen Griff um sein Handgelenk. Hektisch wurde er in eine Nische, hinten im Raum, bugsiert – eine Art winziger Abstellraum. Vermutlich waren hier mal Regale montiert gewesen oder dergleichen, aber jetzt war es nur eine kleine Ecke, gerade mal so tief, dass man sich darin verstecken konnte wenn man sich gegen das bröselige Mauerwerk presste. Solange jemand lediglich von der Tür aus in den Raum blickte, konnte man ungesehen bleiben.
„Ist heute nicht der siebte Stock dran?“, fragte eine der beiden sich rasch nähernden Stimmen.
„Iwo, die nehmen den nie wahr, ich wasche hier meistens Montags“, brabbelte die andere und ihre schrille Stimme hallte durch den Keller.
Michael stand eingekeilt zwischen der kalten, rieselnden Mauer und Lukas' heißem, harten Körper. Zu allem Überfluss drückte Lukas ihm eine Hand auf den Mund, als befürchte er, Michael würde schreien. Seine
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