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Der Landarzt (German Edition)

Der Landarzt (German Edition)

Titel: Der Landarzt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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mir die Beförderung versprochen. Kurz, mein Herr, ich bin also gezwungen gewesen, eine Frau zu unterhalten, ein Kind, das nicht mir gehörte, und hatte drei zerschossene Rippen! Sie verstehen, daß mein Sold nicht Frankreich war. Vater Renard, ein alter zahnloser Menschenhai, wollte von seiner Schwiegertochter nichts wissen; der Judenvater war mittellos geworden. Judith verging vor Kummer. Eines Morgens weinte sie, als sie meinen Verband fertigmachte.
    ›Judith,‹ sagte ich zu ihr, ›Ihr Kind ist verloren ...‹
    ›Und ich auch!‹ erwiderte sie.
    ›Bah,‹ antwortete ich, ›wir wollen die nötigen Papiere kommen lassen, ich werde Sie heiraten und es als das meinige anerkennen, das Kind von ...‹
    Ich habe nicht zu Ende sprechen können ... Ach, mein lieber Herr, alles kann man tun, um den Todesblick zu empfangen, mit dem Judith mir dankte; ich sah, daß ich sie immer lieben würde, und von dem Tage an hatte ihr Kleiner seinen Platz in meinem Herzen. Während die Papiere, Judenvater und -mutter unterwegs waren, starb die arme Frau vollends. Am Abend vor ihrem Tode besaß sie die Kraft, sich anzuziehen, zu schmücken, alle üblichen Zeremonien zu vollziehen und den Haufen Papiere zu unterschreiben, den sie haben; als dann ihr Kind einen Vater und einen Namen hatte, legte sie sich wieder hin, ich küßte sie auf Stirn und Hände, dann starb sie. Das war meine Hochzeit! Nachdem ich einige Fuß Erde gekauft hatte, worin das arme Mädchen begraben wurde, sah ich mich am übernächsten Tage als Vater eines Waisenkindes, das ich während des Feldzuges von 1815 in Pflege gab. Seit der Zeit habe ich, ohne daß jemand meine Geschichte wußte, die nicht schön zu erzählen ist, für den kleinen Schelm gesorgt, wie wenn er mir gehörte. Sein Großvater ist zum Teufel, ist ruiniert und läuft mit seiner Familie zwischen Rußland und Persien hin und her. Er hat Aussichten, zu Vermögen zu kommen, denn er versteht sich, scheint's, auf den Handel mit kostbaren Steinen. Ich habe das Kind ins Gymnasium getan; unlängst aber habe ich ihn so fleißig in seinen mathematischen Fächern manövrieren lassen, um ihn ans Polytechnikum schicken zu können und von dort mit einem guten Examen abgehen zu sehen, daß das arme brave Kerlchen krank geworden ist. Er hat eine schwache Brust. Nach Meinung der Pariser Aerzte würd' es noch Rettung für ihn geben, wenn er schnell in die Berge ginge und ordentlich und in jedem Augenblick von einem gutwilligen Manne gepflegt werden würde. Ich hatte also an Sie gedacht, und war gekommen, um Bekanntschaft mit Ihren Ideen und Ihrer Lebensweise zu machen. Nach dem, was Sie mir gesagt haben, würde ich Ihnen diesen Schmerz nicht antun, obwohl wir bereits gute Freunde sind.«
    »Major,« sagte Benassis nach einem Augenblick des Schweigens, »bringen Sie mir Judiths Kind. Sonder Zweifel will Gott, daß ich diese letzte Prüfung bestehe, und ich werde mich ihr unterziehen. Dies Leiden will ich dem Gotte darbringen, dessen Sohn am Kreuze gestorben ist. Uebrigens ist meine innere Erregung während Ihrer Erzählung süß gewesen, ist das nicht eine gute Vorbedeutung?«
    Genestas drückte Benassis' beide Hände lebhaft, ohne einige Tränen unterdrücken zu können, die seine Augen feuchteten und über seine braunen Backen rannen.
    »Behalten wir das alles für uns,« sagte er.
    »Ja, Major ... Sie haben nicht getrunken?«
    »Ich habe keinen Durst,« antwortete Genestas, »ich bin ganz dumm!«
    »Nun, wann wollen Sie ihn mir bringen?«
    »Morgen schon, wenn Sie wollen. Er ist seit zwei Tagen in Grenoble.«
    »Gut, reiten Sie morgen früh und kommen Sie wieder; ich werde Sie bei der Fosseuse erwarten, wo wir alle vier zusammen frühstücken wollen.«
    »Abgemacht!« sagte Genestas.
    Die beiden Freunde legten sich schlafen, indem sie sich gegenseitig eine gute Nacht wünschten. Als Genestas auf dem Treppenabsatz war, der ihre Zimmer trennte, stellte er sein Licht aufs Fensterbrett und trat auf Benassis zu.
    »Gottsdonner!« rief er mit einer naiven Begeisterung, »ich will Sie heute abend nicht verlassen, ohne Ihnen zu sagen, daß Sie, als dritter unter den Christen, mir begreiflich gemacht haben, daß es da oben etwas gibt!«
    Und er zeigte gen Himmel.
    Der Arzt antwortete mit einem Lächeln voller Melancholie und drückte sehr liebevoll die Hand, die Genestas ihm hinstreckte.
    Am folgenden Morgen brach der Major Genestas vor Tau und Tag nach der Stadt auf, und gegen Mittag des gleichen Tages befand er sich auf

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