Der lange Traum vom Glück
Nick normalerweise bevorzugte, würde sie eben die gemeinsame Liebe zur Musik als die Hintertür benutzen, durch die sie sich in sein Herz schleichen konnte.
Schließlich war das alles ja nur zu seinem Besten. Sie war das Beste, was ihm passieren konnte. Sie musste es ihm nur noch klarmachen.
Und da es nie eine bessere Zeit als das Jetzt gab, erhob sie sich vom Frühstückstisch und eilte in ihr Zimmer, um sich umzuziehen.
Eine knappe Stunde später stieg Freddie vor einer Galerie in Soho aus dem Taxi. Die Chancen standen fünfzig zu fünfzig, dass sie ihren Onkel hier wirklich antreffen würde. Es konnte genauso gut sein, dass er in dem Haus in Connecticut war und an einer Skulptur arbeitete oder mit den Kindern spielte. Oder er war vielleicht mit seinem Vater irgendwo in der Stadt zu irgendeinem Tischlerjob unterwegs.
Freddie schob die schwere Glastür auf. Wenn sie Mikhail nicht antraf, dann würde sie eben bei Sydney im Büro vorbeischauen. Oder Rachel im Gerichtsgebäude besuchen. Oder Bess im Fernsehstudio. Oder Alex auf der Wache. Sie musste lächeln. Egal wohin sie auch ging, überall würde sie über Familie stolpern.
Das Erste, was sie in dem sonnendurchfluteten Raum wahrnahm, war Mikhails neueste Arbeit. Auch wenn sie das Stück noch nicht gesehen hatte, so erkannte sie doch sofort die typische Handschrift ihres Onkels und auch das Thema. Er hatte seine Frau geschnitzt, in Mahagoni. Wie eine Madonna hielt Sydney ihr Neugeborenes im Arm. Die Jüngste, Laurel. Zu Sydneys Füßen saßen drei weitere Kinder. Freddie erkannte ihre Cousins und ihre Cousine, Griff, Adam und Moira. Sie konnte nicht widerstehen und fuhr dem Baby mit dem Zeigefinger über die Wange.
Eines Tages, so dachte sie, werde ich mein eigenes Kind so halten. Nicks und mein Kind.
„Ich warte nicht auf Faxe!“, erscholl da Mikhails erregte Stimme, als er aus dem hinteren Raum in die Galerie kam. „Du wartest auf Faxe! Ich habe zu arbeiten!“
„… aber Mik“, folgte eine vorwurfsvolle Antwort aus dem Zimmer, „Washington hat gesagt …“
„Was interessiert mich, was Washington gesagt hat! Sag ihnen, sie können drei Stücke haben, mehr nicht“.
„Aber …“
„Nicht eines mehr“, betonte er noch einmal und murmelte erbost in Ukrainisch vor sich hin, während er die Galerie durchschritt. Worte, die, wie Freddie mit einer hochgezogenen Augenbraue feststellte, ganz sicher nicht für ihre Ohren bestimmt waren.
„Eine sehr bildhafte Ausdrucksweise, Onkel Mik“.
Er brach mitten in einem weiteren Fluch ab. „Freddie!“ Lachend hob er sie vom Boden hoch und wirbelte sie herum, als wäre sie leicht wie eine Feder. „Immer noch ein Fliegengewicht“. Er küsste sie herzhaft und stellte sie wieder auf den Boden. „Wie geht es unserem hübschen Mädchen?“
„Ich freu mich so, wieder hier zu sein. Und dich zu sehen, natürlich“.
Er war ein unglaublich gut aussehender Mann, ungebändigt, exotisch, voller Energie und Lebenslust, mit den goldbraunen Augen und dem rabenschwarzen Haar der Stanislaskis. Hätte sie Talent zum Malen, so würde sie die Stanislaski-Familie mit schwungvollen Strichen in elektrisierenden Farben malen.
„Ich habe gerade dein neuestes Werk bewundert“, sagte sie lächelnd. „Es ist wunderschön“.
„Es ist leicht, etwas Schönes zu erschaffen, wenn man das passende Material zum Arbeiten hat“. Liebevoll betrachtete er die Skulptur. Er bezog sich nicht nur auf das edle Holz, sondern auch auf das Motiv. „Also“, wandte er sich wieder an Freddie, „du willst den Sprung ins kalte Wasser wagen und die Großstadt erobern, ja?“
„Das habe ich vor“. Sie hakte sich bei ihm ein und ging mit ihm durch die Galerie, blieb hier und da vor den ausgestellten Werken stehen, um sie zu bewundern. „Ich hoffe, ich werde mit Nick an seiner neuen Partitur arbeiten können“.
„So?“ Mikhail hob unmerklich eine Augenbraue. Ein Mann, der von so vielen Frauen umgeben war, begann zu verstehen, wie deren Verstand arbeitete. „Du willst also den Text zu seiner Musik schreiben?“
Sie nickte. „Wir würden ein gutes Team abgeben, meinst du nicht auch?“
„Schon, aber das ist nicht alles, worum es dir geht, oder?“ Er lachte herzhaft, als sie einen entrüsteten Schmollmund zog. „Nick kann ganz schön stur sein, ich weiß. Er hat einen richtigen Dickschädel. Wenn du möchtest, kann ich ihm diesen Dickschädel ein wenig weich klopfen“.
Jetzt musste sie auch lachen. „Ich hoffe, das wird nicht
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